Publikation amtlicher geheimer Verhandlungen: Stellungnahme des Bundesrats

Bern, 23.09.2016 - Der Bundesrat hat in seiner am Freitag veröffentlichten Stellungnahme vom Vorschlag der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) zur Änderung von Artikel 293 des Strafgesetzbuches (StGB) Kenntnis genommen. Er stellt den Entwurf nicht in Frage. Mit der Änderung dieser Bestimmung, welche die Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen unter Strafe stellt, soll klargestellt werden, dass die Gerichte zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem öffentlichen Interesse zur Veröffentlichung abwägen müssen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts.

Mit dem aufgrund einer parlamentarischen Initiative erarbeiteten Entwurf will die RK-N den Text des Artikels 293 StGB, der insbesondere die Meinungsbildung der Behörden schützt, mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Einklang bringen. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung sieht eine gerichtliche Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem Veröffentlichungsinteresse vor. Für den Fall, dass das Interesse an einer Veröffentlichung stärker wiegt als das Interesse an einer Geheimhaltung, sieht der Kommissionsentwurf Straflosigkeit, d. h. einen Freispruch, und nicht wie bisher bloss Strafbefreiung vor.

Der Bundesrat hält in seiner Stellungnahme zum Entwurf der RK-N fest, dass die revidierte Bestimmung weiterhin die Meinungsbildung von Legislativ-, Exekutiv- und Justizbehörden schützen und somit sicherstellen soll, dass diese effizient und unabhängig arbeiten können. Auch Privatpersonen, die als Angeklagte, Opfer oder Zeugen an einem Straf-, Zivil- oder Verwaltungsverfahren beteiligt sind, werden weiterhin vor der Verbreitung von Informationen geschützt, die ihnen schaden könnte. Deswegen sollen auch Journalisten weiterhin in die Verantwortung genommen werden. Diese müssen nach wie vor abwägen, ob die Veröffentlichung einer sensiblen Information angebracht ist.

Wenn kein zwingendes Geheimhaltungsinteresse vorliegt, soll die Veröffentlichung von Geheimnissen gemäss Kommissionsentwurf konsequenterweise aber nicht strafbar sein. Wenn bei der gerichtlichen Beurteilung das Veröffentlichungsinteresse also stärker wiegt als das Geheimhaltungsinteresse, dann soll neu ausdrücklich Straflosigkeit gelten und nicht wie heute bloss eine fakultative Strafbefreiung vorgesehen sein.

Für den Bundesrat sind die vorgeschlagenen Änderungen unproblematisch. Sie entsprechen nämlich der Rechtsprechung des Bundesgerichts, welche im Übrigen mit der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in Übereinstimmung steht. Entscheidend ist für den Bundesrat vielmehr, dass sich die RK-N im Grundsatz für die Beibehaltung des Artikels 293 StGB ausgesprochen hat.


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