Bauprojekt ME der EPFL – Ergebnisse der Untersuchungen und Empfehlungen

Bern/Zürich, 28.04.2016 - Wie die EPFL im März 2015 mitteilte, kam es bei einem ihrer Bauprojekte zu einer Kostenüberschreitung von rund 24 Mio. CHF. Um deren Ursachen abzuklären und dadurch solche Fälle inskünftig zu vermeiden, haben der ETH-Rat und die EPFL umgehend externe Untersuchungen in Auftrag gegeben. Der ETH-Rat hat nun die entsprechenden Berichte veröffentlicht. Die EPFL hat inzwischen bereits mit der Umsetzung von Empfehlungen aus den Untersuchungsberichten begonnen. So hat sie beschlossen, eine CFO-Stelle zu schaffen und die interne Kommunikation im Bereich Immobilienmanagement zu verbessern.

Die Ecole polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) hatte den Präsidenten des ETH-Rats im März 2015 darüber informiert, dass beim Umbau der «Halles de mécanique»(Gebäude ME) auf dem EPFL-Campus in Ecublens Mehrkosten entstanden waren. Der ETH-Rat nahm an seiner Sitzung im Mai 2015 davon Kenntnis, dass sich die Mehrausgaben bei einem Gesamtbudget von 66,25 Mio. CHF auf 23,76 Mio. CHF beliefen. Diese wurden durch das laufende Budget der EPFL (16,8 Mio. CHF) und Drittmittel (7,0 Mio. CHF) aufgefangen. Wie in der Medienmitteilung der EPFL vom Juni 2015 festgehalten wird, waren keine zusätzlichen Bundesgelder erforderlich. Das Gebäude ME ist inzwischen fertiggestellt und wird im Mai 2016 eröffnet.

Gemäss Angaben der EPFL musste der Nutzungszweck des Gebäudes während der Bauphase angepasst werden, um die neuen Möglichkeiten mit einzubeziehen, die sich durch den Bau des Campus Biotech in Genf boten. Zudem konnten aufgrund der Nutzungsänderungen die Gesamtkosten deutlich gesenkt werden, da keine zusätzlichen Gebäude errichtet werden mussten. Darüber hinaus konnte durch die Bereitstellung von Raum für die Lehre, insbesondere für Praktika der Studierenden, ein erheblicher Zeitgewinn erzielt und den laufenden Reformen im Unterrichtsbereich Rechnung getragen werden.

Analyse und Untersuchungsberichte

Der ETH-Rat hat, unmittelbar nachdem er im März 2015 von der EPFL von den Mehrausgaben erfuhr, sein Internes Audit beauftragt, mit einer spezialisierten Firma den Sachverhalt genau zu prüfen (erster Bericht). In ihrem Bericht vom April 2015 hält diese Firma fest, dass die Mehrkosten seit Frühjahr 2013 absehbar waren und dem ETH-Rat bereits zu jenem Zeitpunkt hätten gemeldet werden müssen. Gestützt auf diese Erkenntnis hat der ETH-Rat die EPFL beauftragt, eine interne Administrativuntersuchung zu eröffnen. Die Untersuchung wurde durch eine externe, unabhängige Prüfgesellschaft durchgeführt.

Der zweite Bericht bestätigt, dass der Umfang der Kostenüberschreitung im Zusammenhang mit dem Gebäude ME nachvollziehbar war, wie dies bereits die erste, im April 2015 durchgeführte Prüfung gezeigt hatte. Aus dem zweiten Bericht geht zudem hervor, dass die Hauptursache für die erhöhten Baukosten in der Anpassung der Nutzungszwecke des Gebäudes liegt. Der Bericht führt überdies die verschiedenen Mechanismen auf, die zur verspäteten Meldung der Kostenüberschreitung geführt hatten. Obschon die ersten Anzeichen bereits im Frühling 2013 absehbar waren, waren die Projektverantwortlichen fest entschlossen, die Mehrkosten in den Griff zu bekommen. Der Wechsel im Vize-PräsidiumRessourcen und Infrastrukturenim Jahr 2013 sowie die Tatsache, dass im Immobilienbereich zwei Buchhaltungssysteme zur Anwendung kommen, erschwerten die Budgetkonsolidierung. Schliesslich informierte das für den Immobilienbereich und dessen Berichterstattung zuständige Vize-Präsidium die Leitung der EPFL im Oktober 2014 über die Mehrkosten. Das Vize-Präsidium wollte den Sachverhalt zuerst eingehend analysieren. Es dauerte deshalb einige Monate, bis es sich einen vollständigen Überblick über die Kostenüberschreitung verschaffen und diesen dokumentieren konnte sowie den ETH-Rat informierte.

Der zweite Bericht ortet überdies Mängel bei der externen Berichterstattung der EPFL bezüglich Inhalt und Korrektheit. Dazu kamen tatsachenwidrig ausgewiesene Verbindlichkeiten und Zahlungen für die Jahre 2013 und 2014 im Zusammenhang mit dem Bauprojekt. Diese entstanden, weil gewisse Kosten im Bauprojekt ME fälschlicherweise über einen internen Fonds der EPFL und nicht über den Investitionskredit des Bundes verrechnet wurden. Sowohl diese falschen Angaben als auch die verspätete Meldung sind nicht akzeptierbar, weshalb es Massnahmen braucht, um einen solchen Fall künftig zu vermeiden. Die EPFL hat bereits verschiedene Massnahmen in dieser Hinsicht ergriffen.

Dienstrechtliche Verantwortlichkeiten

Die beiden ersten Berichte nehmen nicht Stellung zu allfälligen personal- oder dienstrechtlichen Verantwortlichkeiten der involvierten Personen an der EPFL. Der Auditausschuss des ETH-Rats beauftragte deshalb Ende 2015 eine dritte Firma, diese rechtlichen Fragen zu klären. Der Bericht vom Januar 2016 kommt zum Schluss, dass aufgrund der tatsachenwidrig ausgewiesenen Verbindlichkeiten und Zahlungen davon ausgegangen werden kann, dass alle objektiven Tatbestandselemente der Urkundenfälschung (Falschbeurkundung) im Amt erfüllt seien (Art. 317 StGB). Eine daraufhin vom Präsidenten des ETH-Rats eingeholte Zweitmeinung eines Rechtsanwalts stützt diese Einschätzung. Der ETH-Rat meldete dies dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) entsprechend und entschied, auf eine vorgängige Disziplinaruntersuchung zu verzichten und den Schwerpunkt des weiteren Verfahrens auf Verwaltungsmassnahmen zu legen. Der ETH-Rat, das WBF und die EFK kommen zum Schluss, dass ein Strafverfahren weder zielführend noch angemessen wäre. Sie setzen indessen auf eine nachhaltige Verbesserung der Finanzprozesse und der Reportingkultur im Immobilienbereich. Damit sollen bestehende Lücken geschlossen und auch diese Verfahren auf einen der Exzellenz von Forschung und Lehre der EPFL entsprechenden Stand gebracht werden.

EPFL verbessert Prozesse im Immobilienmanagement

Unmittelbar nachdem die Probleme erkannt worden waren, leitete die EPFL Sofortmassnahmen ein, um die festgestellten Mängel zu beheben. Der zweite Bericht gibt zwei Empfehlungen ab, zu deren Umsetzung sich die EPFL verpflichtet. Die erste Massnahme betrifft die Schaffung einer CFO-Stelle, welche die Gesamtverantwortung für die Finanzen trägt. Die zweite Massnahme betrifft die Verbesserung der internen Kommunikation im Immobilienmanagement. Der ETH-Rat setzte im März 2016 eine Arbeitsgruppe aus den Reihen seiner Mitglieder ein, die ihre Arbeit bereits aufgenommen hat. Gemeinsam mit der EPFL und in Ergänzung zu den innerhalb der EPFL bereits ergriffenen Massnahmen wird die Arbeitsgruppe Vorschläge für Verbesserungsmassnahmen beim Management von Immobilienprojekten unterbreiten. Die EPFL berichtet dem ETH-Rat an dessen nächster Sitzung Ende Mai 2016 über erste Ergebnisse.

Aus Transparenzgründen haben der ETH-Rat, das WBF und die EFK inzwischen gemeinsam entschieden, alle Berichte zu den Abklärungen betreffend Mehrausgaben beim Bauprojekt ME der EPFL auf der Website des ETH-Rats zu veröffentlichen.

Die Berichte stehen unter www.ethrat.ch > Medien > Medienmitteilungen als Download zur Verfügung.


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Christoph Leuenberger
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