Überprüfung von regionalen Bahnlinien mit Augenmass und weitere Massnahmen der Bahnreform 2.2

Bern, 29.05.2013 - Der Bundesrat will den grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr vereinfachen und sicherstellen, dass der regionale Personenverkehr effizient funktioniert und langfristig gut finanziert ist. Dazu hat er heute im Rahmen des zweiten Schritts der Bahnreform 2 (Bahnreform 2.2) verschiedene Verordnungsänderungen verabschiedet. Bei regionalen Bahnlinien mit einer Kostendeckung von weniger als 30 Prozent will er vor der Beschaffung von neuem Rollmaterial jeweils klären, ob eine Umstellung auf Busbetrieb eine effiziente, kundenfreundliche Alternative wäre. Dabei wird neben der Wirtschaftlichkeit auch die Qualität der Erschliessung berücksichtigt. Eine Überprüfung bedeutet somit nicht, dass automatisch auf Busbetrieb umgestellt wird.

Der Bundesrat hat das Bundesamt für Verkehr (BAV) im Rahmen der Aufgabenüberprüfung 2010 beauftragt, bei regionalen Bahnlinien mit einem tiefen Kostendeckungsgrad eine Umstellung auf Busbetrieb zu prüfen. Es handelt sich um eine von mehreren Massnahmen für eine langfristig tragbare Finanzpolitik . Die Massnahme wurde in den zweiten Schritt der Bahnreform 2 integriert. Aufgrund der Kritik zum Vorschlag, der im Herbst in der Vernehmlassung war, hat der Bundesrat heute beschlossen, diesen anzupassen. Er hat entschieden, nur noch bei Linien mit einem Kostendeckungsgrad von weniger als 30 Prozent eine Überprüfung durchzuführen – statt wie ursprünglich vorgeschlagen bei Linien mit einem Kostendeckungsgrad von weniger als 50 Prozent.

Die Überprüfung erfolgt jeweils vor der Genehmigung von neuem Rollmaterial und dem Entscheid über grössere Infrastrukturinvestitionen und wird nach zehn Jahren wiederholt. Sie basiert nicht auf einem strikten Automatismus: Eine Umstellung ist nur sinnvoll, wenn der Busbetrieb eine effiziente, kundenfreundliche Alternative ist. Bei der Überprüfung sollen neben der Wirtschaftlichkeit daher auch die Auslastung der Linie während den Hauptverkehrszeiten sowie die Auswirkung einer allfälligen Umstellung auf die Qualität der Erschliessung als Kriterien berücksichtigt werden. Der Bundesrat verankert damit eine Praxis im Bundesrecht, die sich in vielen Kantonen bereits bewährt hat. 

Der Bund unterstützt den regionalen Personenverkehr jährlich mit rund 870 Millionen Franken. Es ist Aufgabe des Bundesrats, für eine effiziente Verwendung der eingesetzten Steuergelder zu sorgen und die Finanzierung des öffentlichen Verkehrs langfristig zu gewährleisten. Der Bundesrat ist überzeugt, dass eine massvolle Umsetzung des Prüfauftrags Bahn/Bus sowohl im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung des öffentlichen Verkehrs als auch der Finanzpolitik und damit der Steuerzahlenden ist.

Technische Voraussetzungen für grenzüberschreitenden Bahnverkehr

Der Bundesrat hat zur Umsetzung der Bahnreform 2.2 zudem Verordnungsänderungen gutheissen, mit denen die Schweiz wichtige Elemente der Interoperabilitäts- und Sicherheits-Richtlinie der EU übernimmt. Damit wird der grenzüberschreitende Bahnverkehr vereinfacht. Die neuen Bestimmungen tragen den Eigenheiten des schweizerischen Bahnsystems Rechnung: Die technischen Anforderungen und Verfahren der Interoperabilitäts-Richtlinie werden nur auf denjenigen Bahnstrecken vollständig umgesetzt, welche die Endpunkte des transeuropäischen Netzes (TEN) an den Schweizer Grenzen miteinander verbinden. Die Anpassungen erfolgen zudem nur im Rahmen ohnehin anfallender Erneuerungen und Erweiterungen. Sie betreffen z.B. die Ausgestaltung der Perrons. Für den grössten Teil des restlichen Normalspurnetzes sollen nur diejenigen Vorschriften angepasst werden, welche erforderlich sind, damit Fahrzeuge, die als interoperabel zugelassen sind, dort verkehren können. Schmalspurbahnen und Normalspur-Zahnradbahnen bleiben von den Neuerungen der Interoperabilitäts-Richtlinie unberührt.

Von der Umsetzung der EU-Sicherheitsrichtlinie sind die Organisation und das Sicherheitsmanagement sämtlicher schweizerischer Eisenbahnunternehmen betroffen. Prüfungen, die gestützt auf nationale technische Vorschriften erfolgen, sollen neu durch unabhängige Prüfstellen vorgenommen werden.

Die Angleichung an die Bestimmungen der EU bringt verschiedene Vorteile: Unter anderem können die Bahnen künftig auf einem harmonisierten europäischen Markt Komponenten der Bahninfrastruktur in grösserer Auswahl und zu Marktpreisen beschaffen. Für die schweizerische Bahnindustrie eröffnet sich gleichzeitig der Zugang zu einem grossen Absatzmarkt, da deren Produkte mit einer Bewilligung in der Schweiz künftig auch einfacher in der EU eingesetzt werden dürfen. 

Im Rahmen der Umsetzung der Bahnreform 2.2 hat der Bundesrat ausserdem weitere Anpassungen gutgeheissen. Diese betreffen Detail-Regelungen für die Ausschreibungen von Busangeboten im regionalen Personenverkehr, redaktionelle Änderungen in der Verordnung über die sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Eisenbahnbereich und Änderungen der Gebührenordnung des Bundesamts für Verkehr (BAV). Diese regelt, welche Gebühren das BAV für Dienstleistungen gegenüber der Branche in Rechnung stellt.

Zudem hat der Bundesrat die Gesetzesänderungen in Kraft gesetzt, die im Rahmen der Bahnreform 2.2 vom Parlament beschlossen worden waren. Diese und alle oben erwähnten Verordnungsänderungen treten per 1. Juli 2013 in Kraft.

Per 1. Dezember 2012 hatte der Bundesrat bereits ein erstes Paket der Bahnreform 2.2 in Kraft gesetzt. Dieses enthielt unter anderem Bestimmungen gegen das Schwarzfahren. Die Umsetzung weiterer Elemente der Bahnreform 2.2, welche die Schiedskommission für den Eisenbahnverkehr und die Binnenschifffahrt betreffen, ist für die nächsten Monate geplant.


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