"Alle rechtsstaatlichen Garantien werden eingehalten"

Bern, 17.05.2021 - Besuch bei SoKo Master der Kantonspolizei Zürich; Bundesrätin Karin Keller-Sutter - es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrter Herr Kommandant,
Sehr geehrte Damen und Herren

Ich danke Ihnen, Regierungsrat Mario Fehr, für die Einladung und die wertvollen Einblicke in die Praxis der Terrorismusbekämpfung. Terrorismus war schon ein Thema, als ich vor 20 Jahren Sicherheits- und Justizdirektorin des Kantons St. Gallen war. 9/11 fiel in mein zweites Amtsjahr als Regierungsrätin. Und heute ist Terrorismus noch immer ein Thema. Die letzten Jahre haben Europa verändert. Wir haben 2015 die Angriffe auf die Redaktion von Charlie Hebdo und im gleichen Jahr auf das Konzertlokal Bataclan erlebt. Seither gab es Dutzende weitere dschihadistisch motivierte Anschläge mit viel zu vielen Todesopfern.

Auch für die Schweiz geht der Nachrichtendienst des Bundes seither von einer erhöhten terroristischen Bedrohung aus. Im vergangenen Jahr hatten wir zwei Vorfälle - einer in Morges und ein weiterer in Lugano. Beide haben möglicherweise einen terroristischen Hintergrund, das wird noch abgeklärt. Ein Mann ist dabei getötet worden, zwei Frauen wurden verletzt. Das sind die beiden Fälle, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit sind - die Fälle, über die die Medien berichten. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs, was terroristische Umtriebe in der Schweiz angeht.

Heute habe ich bei der SoKo Master einen Einblick erhalten, womit die Polizei im Kanton Zürich täglich konfrontiert ist. Terrorismus ist eine reale Bedrohung - auch in der Schweiz. Es gibt Menschen, die bereit sind, mit Gewalt gegen unsere Demokratie, unsere Rechtsordnung, gegen unsere Gesellschaft als Ganze vorzugehen.

Seit den Anschlägen von Paris haben Bund und Kantone viel unternommen, um die Bevölkerung besser vor Terrorismus zu schützen. Ich nenne nur einige Beispiele: Das Nachrichtendienstgesetz erlaubt dem Nachrichtendienst des Bundes, terroristische Gefährdungen frühzeitig zu erkennen. Dank der Weiterentwicklung des Schengen-Systems kann die Polizei wertvolle Informationen mit ausländischen Behörden austauschen. Und im letzten Herbst hat das Parlament einen neuen Terrorismus-Artikel ins Strafgesetzbuch eingefügt. Damit werden zum Beispiel das Rekrutieren für eine Terrororganisation oder Dschihad-Reisen unter Strafe gestellt.

Das sind wichtige Bausteine bei der Terrorismusbekämpfung. Im präventiven Bereich haben wir aber immer noch eine Lücke. Wir können heute präventiv gegen gewalttägige Ehemänner oder gegen Hooligans vorgehen. Aber beim Terrorismus sind der Polizei oft die Hände gebunden - selbst dann, wenn eine terroristische Gefahr klar erkennbar ist, wenn es aber noch keine strafbaren Handlungen gibt.

Dieses Dilemma ist heute in der Diskussion mit den Polizistinnen und Polizisten der SoKo Master klar herausgekommen. Das Strafrecht greift erst dann, wenn bereits eine Straftat begangen wurde. Den Kantonen stehen auch präventive oder soziale Massnahmen zur Verfügung. Diese genügen nicht in allen Fällen, um einer terroristischen Gefahr zu begegnen. Ich gebe ihnen ein Beispiel:

Regelmässiger Kontakt und Gespräche mit einer radikalisierten Person können für die Polizei wichtig sein. So lässt sich laufend die Gefährdung abschätzen, die von der Person ausgeht. Heute kann die Polizei einen terroristischen Gefährder aber nicht verpflichten, an einem Gespräch teilzunehmen. Die Polizisten an der Front sagen, das sei ein Problem. Sie müssen frühzeitig in Kontakt kommen mit Gefährdern, gerade mit Jungen.

Mit der PMT-Vorlage, über die wir am 13. Juni abstimmen, schliessen wir solche Lücken. Wenn es konkrete Hinweise für eine bevorstehende terroristische Aktivität gibt, soll die Polizei präventiv einschreiten können - also bevor etwas passiert.

Vielleicht genüget im Einzelfall eine einfache Meldeauflage oder eine Gesprächsteilnahmepflicht, um jemanden von einer terroristischen Straftat abzuhalten. Manchmal braucht es dafür vielleicht auch ein Kontaktverbot, zum Beispiel zu einem radikal-islamischen Vorbeter oder zu einer extremistischen Kampfsportgruppe. Es kann auch sein, dass sich die terroristische Gefahr nur mit einem Rayonverbot eindämmen lässt. Oder dass im äussersten Fall ein Hausarrest angeordnet werden muss.

All diese Massnahmen sind befristet, sie müssen verhältnismässig sein und sie können vor Gericht angefochten werden. Im Fall des Hausarrests braucht es sogar die Genehmigung eines Gerichts. Alle rechtsstaatlichen Garantien werden also eingehalten, auch die Vereinbarkeit mit der EMRK ist gewährleistet.

Etwas darf man nicht vergessen: Die präventiv-polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus entsprechen einem ausdrücklichen Wunsch der Kantone. Es sind die Praktiker an der Front - die Praktiker der SoKo Master - die den Handlungsbedarf erkannt haben und die unsere Unterstützung brauchen.

Diese Unterstützung bekommen sie mit der PMT-Vorlage. Wir wollen damit die Sicherheit der Menschen in der Schweiz erhöhen und ihre Freiheit besser schützen. Darum empfehlen Bundesart und Parlament ein Ja zum PMT-Gesetz am 13. Juni.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

 


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