Differenzen mit Respekt austragen

Bern, 01.08.2021 - 1. August Brunch in Fohrenhof LU; Bundesrätin Karin Keller-Sutter - es gilt das gesprochene Wort

Lieber Herr Nationalrat Markus Ritter
Liebe Familie Felder
Liebe Mitfeiernde

Ich bedanke mich sehr herzlich für die Einladung an diesen schönen Ort im Kanton Luzern. Ich freue mich, hier auf dem Fohrenhof mit Ihnen zusammen unseren Nationalfeiertag feiern zu dürfen.

Es freut mich speziell, dass wir uns persönlich sehen und begegnen können. Diese Begegnungen, der direkte Austausch, sind wichtig. Nicht nur für das persönliche Wohlbefinden. Sie sind auch zentral für das gesellschaftliche Zusammenleben und für unsere direkte Demokratie.

In persönlichen Begegnungen ist es leichter, einander zuzuhören. Anderen - und gerade auch Andersdenkenden - das Gehör zu schenken, auf sie einzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden.

In den letzten Wochen und Monaten war oft die Rede von Gräben in diesem Land: Gräben zwischen Stadt und Land, Jung und Alt, Mann und Frau, KMU und Konzernen.

Ich halte wenig davon, solche Gräben zu kultivieren und sie tiefer zu reden als sie wirklich sind. Natürlich gibt es in der Schweiz unterschiedliche Lebenswelten, es gibt unterschiedliche Befindlichkeiten, Bedürfnisse und Ansichten.

Aber neu ist das nicht. Es ist Ausdruck der Vielfalt unseres Landes. Diese Vielfalt gehört zu unserer Geschichte. Unsere Bundesverfassung, unsere Institutionen gründen auf ihr. Wir können stolz sein auf diese Vielfalt.

Vielfalt ist natürlich auch anstrengend. Sie bedingt eine ständige Auseinandersetzung und den Ausgleich der Interessen. Das gelingt nur, wenn man Differenzen mit Respekt gegenüber anderen Meinungen austrägt und wenn man bereit ist, dabei nicht nur die andere, sondern auch die eigene Position zu hinterfragen.

Liebe Anwesende,

wir stehen vor einigen Herausforderungen. Ich denke an die Sicherung der Altersvorsorge, des bilateralen Wegs und unserer natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch an die Digitalisierung mit all ihren Chancen und Risiken und natürlich an die weitere Bewältigung der Corona-Pandemie.

Diese Herausforderungen meistern wir nicht, indem wir einen neuen Kulturkampf heraufbeschwören. Wir können sie nur gemeinsam bewältigen. Das wussten bereits unsere Vorfahren. Davon zeugt nicht zuletzt der Bundesbrief von 1291, in dem das Landfriedensbündnis dreier Talschaften in der Innerschweiz belegt ist.

Es mag zwar politisch attraktiv sein, sich vom Gegner abzugrenzen. Und es ist einfacher, sich selber Recht zu geben als dem anderen. Aber Spaltung kann nicht das Ziel sein in diesem Land. Spaltung steht im Widerspruch zu dem, was die Schweiz ist, auf die wir zu Recht stolz sind.

Es gibt das Bonmot des französischen Politikers und Friedensnobelpreisträgers Aristide Briand:

"Ein Kompromiss ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind".

Hierzulande hätte man das wohl ein wenig anders, positiver ausgedrückt. Aber Briands berühmter Satz trifft das Wesen unserer politischen Kultur ganz gut: Es geht darum, Spaltung und Blockaden zu überwinden und gemeinsam neue Wege zu finden.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen feierlichen 1. August und überbringe Ihnen die besten Grüsse des Bundesrats.

 


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