Die Zukunft der Milchgewinnung – smart is beautiful

Tänikon, 16.03.2017 - Neue Technologien bieten viele Möglichkeiten für Entwicklungen in der Milchviehhaltung. Wie können damit Arbeits- und Haltungsbedingungen optimiert sowie Verbesserungen bei der Produktequalität und bei der Wettbewerbsfähigkeit erzielt werden? An der sechsten Tänikoner Melktechniktagung von Agroscope standen solche Fragestellungen rund um die Milchgewinnung inklusive Lösungsmöglichkeiten im Fokus.

Professionelles Melken bedeutet ein ständiges und anspruchsvolles Wechselspiel zwischen Melkerin oder Melker, Milchkuh und Melktechnik. Die melkende Person muss dabei durch eine sorgfältige und routinierte Arbeitserledigung die Kuh zur vollständigen Milchabgabe stimulieren. Die Milchkuh muss sich beim Melken wohlfühlen und darf nicht unter Stress stehen. Die Melktechnik unterstützt Mensch und Tier mit einem richtig eingestellten Vakuum und einer geeigneten Pulsation. Verfahrenstechnische, elektronische und organisatorische Hilfsmittel dienen der Unterstützung. So kann zum Beispiel mit automatisierten Melkverfahren die menschliche Arbeit nahezu vollständig ersetzt werden. Der Mensch kann sich somit vollumfänglich auf die Betriebsführung, die Prozesskontrolle und die Optimierung der Abläufe konzentrieren.

«Die sorgfältige Arbeitserledigung beim Melkvorgang ist besonders wichtig», sagt Pascal Savary, Projektleiter Milchgewinnung bei Agroscope. «Schliesslich handelt es sich hier, an der direkten Schnittstelle zwischen Mensch, Kuh und Technik, um die Erzeugung des qualitativ hochwertigen Lebensmittels Milch.»

Die Arbeitserledigung durch die Melkerin oder den Melker sollte sorgfältig und routiniert erfolgen. Jeder zusätzliche Stress beim Melken wirkt negativ auf Mensch und Tier und führt zu einem schlechteren Ausmelkgrad bis hin zu Euterentzündungen. Der ruhige Umgang mit den Tieren wird als einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren beim Melken angesehen. Für einen zügigen Milchfluss ist neben der gut angerüsteten Kuh auch eine korrekt eingestellte Melkmaschine notwendig. Hierbei ist auf ein richtig eingestelltes Vakuum, ausreichend dimensionierte Leitungsquerschnitte, die ordnungsgemäss durchgeführte Montage und eine regelmässige Wartung zu achten.

Wie die technische Überprüfung der Melkanlage stattfindet und wie es genau um die Eutergesundheit in der Schweiz bestellt ist, wurde an der Tagung von verschiedenen nationalen und internationalen Fachpersonen aufgezeigt. «Der Erhalt einer guten Eutergesundheit und die gleichzeitige Reduktion des Antibiotikaeinsatzes stellen Herausforderungen für die Zukunft dar», folgerte Michèle Bodmer vom Departement für klinische Veterinärmedizin der Universität Bern in ihrem Vortrag.

Wo liegt das grösste Optimierungspotenzial?

Die Arbeitsabläufe beim Melken setzen sich zusammen aus Routinezeiten, Rüst- und Reinigungszeiten, Weg- und Wartezeiten. Insbesondere bei den Routinezeiten kann durch den gezielten Einsatz von verfahrenstechnischen Hilfsmitteln Arbeitszeit eingespart werden. Die Automatisierung von häufig wiederkehrenden Arbeitsvorgängen ist hierbei besonders zeitsparend und reduziert Fehlerquellen.

Arbeitszeiteinsparungen können aber auch durch eine regelmässige Boxenpflege und Einstreu, korrekt eingestellte Steuerungseinrichtungen und häufig gereinigte Laufgänge erfolgen. Durch diese Massnahmen lässt sich die Arbeitszeit bei der Euterreinigung auf ein Minimum reduzieren. Ein gut geplanter Warteraum kann die Arbeitsorganisation ebenfalls deutlich verbessern. Bei der Melkstandgestaltung sollte auf einen zügigen Ablauf beim Einlassen, aber auch beim Auslass der Tiere geachtet werden. Dies kann zudem durch regelmässige Klauenpflege, rutschfeste Böden, gute Melkstandbeleuchtung, optimierte Melkplatzeinstellungen und frisches Futter direkt nach dem Melken unterstützt werden. Idealerweise kann die Kuh den Melkstand ebenerdig betreten und muss keine Absätze oder Stufen überwinden. Eine Tränke im Nachwartebereich ist ebenfalls vorteilhaft, da Kühe nach dem Melkvorgang grundsätzlich einen hohen Wasserbedarf haben. Eine sehr effiziente Möglichkeit zur Steigerung der Melkleistung ist der Einsatz von mechanischen und elektronischen Melkhilfen. Kann zum Beispiel durch den Einsatz einer Anrüstautomatik auf das manuelle Anrüsten verzichtet werden, lassen sich annähernd zwanzig Prozent der Routinezeiten einsparen.

Grundlagen für gute Melkarbeit

Die Grundlage für jede gute Melkarbeit liegt in einer fundierten Ausbildung und einer hohen Motivation. Die ständige Lernbereitschaft und das Hinterfragen der eigenen Arbeitsroutine sind ebenfalls vorteilhaft. Die schriftliche Planung der anfallenden Arbeiten ist für Melkerinnen und Melker arbeitserleichternd und wirkt stressmindernd. Der Kopf wird dadurch für Wesentliches freigehalten. Durch den Einsatz von Checklisten zur Unterstützung von Routinetätigkeiten und zur Qualitätssicherung kann der Betriebserfolg nachhaltig verbessert werden.

Der gezielte Einsatz von verfahrenstechnischen Hilfsmitteln bis hin zum Melkroboter bietet ebenfalls ein grosses Rationalisierungspotenzial. Dies ist aber meist mit hohen Kostenfolgen verbunden. Deshalb sind die kostengünstigen arbeitsorganisatorischen Optimierungsmassnahmen immer zuerst in Betracht zu ziehen.

Weitere Informationen zur 6. Tänikoner Melktechniktagung: Link


Adresse für Rückfragen

Matthias Schick, Leiter Forschungsgruppe Arbeit, Bau und Systembewertung
Agroscope
Tänikon, 8356 Ettenhausen, Schweiz
matthias.schick@agroscope.admin.ch
+41 (0)58 480 32 52

Pascal Savary, Projektleiter Milchgewinnung
Agroscope
Tänikon, 8356 Ettenhausen, Schweiz
pascal.savary@agroscope.admin.ch
+41 (0)58 480 33 14

Ania Biasio, Mediendienst
Agroscope
Reckenholzstrasse 191, 8046 Zürich, Schweiz
ania.biasio@agroscope.admin.ch
+41 (0)58 468 72 74



Herausgeber

AGROSCOPE
http://www.agroscope.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-67469.html