Vereinigte Bundesversammlung
Bern, 07.12.2016 - Bundespräsidentin Doris Leuthard, 7. Dezember 2016
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident
Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident
Cher monsieur le viceprésident du Conseil Fédéral
Onorevoli membri dell’Assemblea federale
Stimadas commembras e stimads commembers dal Cussegl dals chantuns
Ich bedanke mich für das Vertrauen, das Sie mir mit der heutigen Wahl zur Bundespräsidentin 2017 entgegenbringen. Es ist eine grosse Ehre für mich, meine Familie, meine Wohngemeinde Merenschwand und den Kanton Aargau.
Ich verspreche Ihnen, ich werde mich mit aller Kraft für die Schweiz und unsere Bevölkerung einsetzen.
Dazu brauche ich, braucht der gesamte Bundesrat, die Zusammenarbeit mit Ihnen.
Deshalb will ich Ihnen und der Bevölkerung auch in diesem Jahr sehr gut zuhören.
Denn keiner allein, weder hier im Saal noch irgendwo sonst, kann die grossen Herausforderungen alleine stemmen.
Global stehen wir 2017 vor grossen Herausforderungen.
Viele Menschen stellen die Globalisierung in Frage. Nüchtern betrachtet haben offene Handelsbeziehungen viel Gutes bewirkt. Die Zahl der Armen ist weltweit zurückgegangen. Die Wirtschaftskraft und damit auch die Beschäftigung hat in den letzten 10 Jahren zugenommen – auch bei uns. Noch nie war es so einfach und für viele Menschen möglich mobil zu sein – sich weltweit auszutauschen.
Doch es gibt nicht nur Gewinner. Fakt ist auch, dass viele Staaten vor einem gewaltigen Schuldenberg stehen. Der grosse Konkurrenzdruck belastet die Unternehmen, führt zu Verlagerungen von Arbeit und zu Kosten- und Lohndruck. Menschen, vor allem Junge finden keine Arbeit und suchen ihr Glück anderswo – auch bei uns. In vielen Ländern hat sich die Schere zwischen arm und reich geöffnet.
Und die Veränderungen gehen weiter.
- Was heisst: Make America great again? Wer füllt ein Vakuum, sollte sich das globale Gleichgewicht der Macht verschieben?
- Wohin entwickelt sich Europa nach Brexit?
- Wie bewältigen wir die Digitalisierung?
Ja, das kann verunsichern. Das beschäftigt unsere Bevölkerung. Deshalb muss sich die Schweiz positionieren.
Denn wir sind keine Insel der Sicherheit.
Wir sind von allem betroffen, was in der Welt vor sich geht.
Aber: Das haben wir bis anhin gut gemacht. Wir sind ein starkes, stabiles und sicheres Land wo Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Freiheit gelebt und geachtet werden. Wir sind ein Land mit klugen Köpfen, guten Ideen und guten Lösungen. Wir haben eine intakte Umwelt, Lebensqualität und eine leistungsfähige und professionelle Bundesverwaltung, die uns bei unseren Entscheidfindungen unterstützt.
Wir müssen und dürfen daher selbstbewusster auftreten.
Dazu müssen wir 2017 die Weichen bei uns richtig stellen:
- Die Finanzen müssen im Lot sein. Dafür braucht es Budgetdisziplin.
- Der Wirtschaftsstandort muss stark bleiben. Dafür brauchen wir die bilateralen Verträge, Rechtssicherheit für die Unternehmen in Sachen Steuern und eine funktionierende Sozialpartnerschaft.
- Unser Bildungs- und Forschungsplatz muss Spitze bleiben. Dafür brauchen wir genügend Talente, Offenheit und ein kreatives Umfeld.
- Die Infrastrukturen müssen top sein. Dafür braucht es Investitionen – vom Staat und von der Privatwirtschaft.
- Die soziale Sicherheit muss stabilisiert und finanziert sein. Wir können die Kosten nicht weiter ansteigen lassen zulasten der nächsten Generationen. Dafür brauchen wir die Altersreform.
- Dem Klimawandel als grossem Kostenrisiko muss entgegengetreten werden. Dafür müssen wir den Verbrauch der fossilen Energien und unseren generellen Energieverbrauch senken.
Auf Bundesrat und Parlament warten somit wichtige Entscheidungen, wichtige Weichenstellungen. Niemand hat dabei die Weisheit für sich gepachtet. Hören wir einander zu, reden wir über Parteigrenzen miteinander. Übernehmen wir Verantwortung, um unsere Schweiz für die Zukunft zu positionieren und eine Vorstellung zu erarbeiten wohin wir wollen, was gut ist für unser Land.
Ein Land, in dem mit einer verlässlichen Grundversorgung keine Region abgehängt wird und föderale Strukturen geachtet werden.
Ein Land, in dem die Bürgerinnen und Bürger ihre demokratischen Rechte unabhängig und informiert wahrnehmen können.
Ein Land, wo wir keine Aufteilung in Elite und Volk kennen – weil wir alle das Volk sind.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne will ich meinen Beitrag dazu leisten, freue mich auf die Zusammenarbeit und danke nochmals für die Wahl und das Vertrauen.
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