Bericht über rassistische und diskriminierende Tendenzen in der Schweiz

Bern, 12.02.2015 - Unter der Leitung der Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) hat das Forschungsinstitut gfs.bern von 2010 bis 2014 ein Monitoring-Instrument zum Zusammenleben in der Schweiz entwickelt. Dazu wurden rassistische und diskriminierende Einstellungen in drei repräsentativen Befragungen erhoben.

Die Umfragen fanden in den Jahren 2010, 2012 und 2014 in Form von rund einstündigen persönlichen Interviews (face to face) mit je 1000 Schweizerinnen und Schweizern sowie 700 Ausländerinnen und Ausländern statt. Erhoben wurden Verbreitung und Entwicklung von rassistischen, fremdenfeindlichen, muslimfeindlichen und judenfeindlichen Einstellungen.. Die Aussagen wurden in Indexwerten zusammengefasst. Dabei wurden Einstellungen nicht aufgrund einer einzigen Antwort, sondern anhand von Antwortgruppen bestimmt. Eine Einstellung wurde nur dann als rassistisch oder antisemitisch eingestuft, wenn jemand mehrmals und systematisch entsprechende
Einzelaussagen macht.

Rassistische Einstellungen

Zu rassistischen Einstellungen wurden zwei Index-Werte erhoben. Der eine bezieht sich auf das Gefühl, durch die Anwesenheit von Personen
wegen Hautfarbe, Sprache, Religion oder Nationalität gestört zu werden. Er betrug 5 Prozent (2012) bzw. 6 Prozent (2014). Der zweite Wert misst die Ablehnung bestimmter Menschengruppen als potentiellen Nachbarn. Er sank von 17 Prozent (2010) auf 13 Prozent (2014), 2012 betrug er 8 Prozent.

Antisemitische Einstellungen

Antisemitische Einstellungen haben von 15 Prozent (2010, 2012) auf 11 Prozent (2014) abgenommen. Der Wert hat sich auch nach der Zunahme antisemitischer Äusserungen im Internet im Sommer 2014 nicht verändert. Das hat eine zusätzliche Telefonumfrage ergeben,
mit der die Methode getestet wurde.

Muslimfeindliche Einstellungen

Muslimfeindliche Einstellungen nahmen in der Beobachtungsperiode markant ab: sie lag 2010 bei 45 Prozent, 2014 bei 19 Prozent. Skepsis gegenüber dem Islam hat von 45 Prozent auf 33 Prozent abgenommen. Eine mögliche Erklärung für die Veränderungen sind die Diskussionen rund um die Minarettinitiative vom November 2009.

24 Prozent der Befragten zeigen 2014 eine systematisch fremdenfeindliche Haltung, 2010 waren es 30 Prozent. Die Bedeutung der Nationalität bei potentiellen Arbeitskolleginnen und -kollegen hat von 18 Prozent (2010) auf 27 Prozent (2014) zugenommen. Bei Nachfrage zeigt sich, dass eher Menschen von ausserhalb der EU abgelehnt werden.

Die Wahrnehmung von Rassismus als gesellschaftliches Problem

Eine Mehrheit der Befragten sieht Rassismus als sehr ernstes oder eher ernstes gesellschaftliches Problem an. Dieser Wert ist von 71 Prozent im Jahr 2010 auf 56 Prozent im Jahr 2014 gesunken. Gleichzeitig ist die Zustimmung zum Umfang der gesellschaftspolitischen Massnahmen der
Gemeinden, Kantone und des Bundes gegen Rassismus und Diskriminierung zwischen 2010 und 2014 von 50 auf 63 Prozent gestiegen.

Vermittlungsleistung der Schweiz

46 Prozent der Befragten (2010: 52 Prozent) finden derzeit, man tue zu wenig, um die Ausländerinnen und Ausländer über die Anliegen der Schweizerinnen und Schweizer aufzuklären. Auf der anderen Seite finden 29 Prozent es werde zu wenig gemacht, um die Schweizerinnen und Schweizer über die Anliegen der Ausländerinnen und Ausländer aufzuklären. Eine Mehrheit der Befragten findet, die Schweiz mache gerade das Richtige für die Integration der Ausländer/innen und nur Minderheiten geben an, sie mache zu viel (19 Prozent) oder zu wenig (22 Prozent). Diese Einschätzungen variieren kaum über die Zeit.

Entwicklung des Umfrageinstruments

Das Umfrageinstrument wurde 2007 vom Bundesrat bei der Fachstelle für Rassismusbekämpfung (FRB) in Auftrag gegeben und in einem Pilotprojekt vom Forschungsinstitut gfs.bern in den letzten sechs Jahren entwickelt. Eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und
Vertreter aus 5 Departementen begleitete das Projekt. Ebenfalls dabei waren die extraparlamentarischen Kommissionen für Migrationsfragen EKM und gegen Rassismus EKR.

Der Bundesrat hat am Mittwoch, 11. Februar 2015 beschlossen, ein Monitoring zum Zusammenleben in der Schweiz einzuführen.
Das Bundesamt für Statistik BFS wird dies ab 2016 im Rahmen der Volkszählung alle zwei Jahre durchführen.  


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