Neuer Laser für Computerchips

Villigen, 19.01.2015 - Germanium-Zinn-Halbleiterlaser lässt sich direkt auf Siliziumchips aufbringen Winzige Laser, die in Computerchips aus Silizium eingebaut werden, sollen in Zukunft die Kommunikation innerhalb der Chips und zwischen verschiedenen Bauteilen eines Computers beschleunigen. Lange suchten Experten nach einem dafür geeigneten Lasermaterial, das sich mit dem Fertigungsprozess von Siliziumchips vereinbaren lässt. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und des Paul Scherrer Instituts PSI haben hier nun einen wichtigen Fortschritt erzielt. Gemeinsam mit Partnern aus weiteren Ländern stellen sie in der Fachzeitschrift Nature Photonics einen Germanium-Zinn-Laser vor, der sich unmittelbar auf Silizium aufbringen lässt. Er schafft eine neue Grundlage, um Daten auf Computerchips und Sensoren mit Licht zu übertragen: schneller und mit einem Bruchteil des Energieverbrauchs einer klassischen Kupferleitung.

Der Datentransfer zwischen verschiedenen Prozessorkernen eines einzelnen Chips wie auch zwischen Logik- und Speicherelementen gilt in der sich rasant weiterentwickelnden Computertechnologie als Flaschenhals. Die Kommunikation mit Licht käme wie gerufen, um den Datenfluss auf Computerchips sowie zwischen verschiedenen Komponenten auf dem Board zu beschleunigen und wesentlich energieeffizienter zu gestalten. «Die Signalübertragung über Kupferverbindungen limitiert die Weiterentwicklung von grösseren und schnelleren Rechnern aufgrund der Wärmebelastung sowie der begrenzten Bandbreite von Kupferverbindungen. Allein das Signal zur Synchronisation der Schaltkreise verbraucht bis zu 30 Prozent der Energie – Energie, die sich durch die optische Übertragung einsparen lässt», erläutert Detlev Grützmacher, Direktor am Jülicher Peter Grünberg Institut.

Langstrecken-Telekommunikationsnetze und Rechenzentren setzen teilweise schon seit Jahrzehnten auf optische Verbindungen. Mit ihnen lassen sich auch über grössere Entfernungen noch sehr hohe Bandbreiten erzielen. Über Glasfaserkabel pflanzen sich die Signale praktisch verlustfrei und simultan über verschiedene Wellenlängen fort: ein Geschwindigkeitsvorteil, von dem zunehmend auch die Mikro- und Nanoelektronik profitiert. «In vielen Bereichen ist die Integration optischer Bauteile bereits ziemlich weit fortgeschritten. Was aber trotz intensiver Forschung bislang fehlte, ist eine Laserquelle, die mit der Chip-Herstellung kompatibel ist», so Grützmacher.

Lasermaterial passt auf Siliziumchips

Den Wissenschaftlern vom Jülicher Peter Grünberg Institut ist es nun erstmals gelungen, einen passenden Laser durch die Verbindung von Germanium und Zinn herzustellen. «Entscheidend für die optischen Eigenschaften ist der hohe Zinngehalt. Wir konnten erstmals über zehn Prozent Zinn in das Kristallgitter einbauen, ohne dass es seine optische Güte verliert», berichtet Doktorand Stephan Wirths.

Richard Geiger, Doktorand am Labor für Mikro- und Nanotechnologie des Paul Scherrer Instituts PSI hat die Laser-Strukturen hergestellt und zusammen mit Stephan Wirths am PSI vermessen. «Damit konnten wir nachweisen, dass die Germanium-Zinn-Verbindung optische Signale verstärken kann und darüber hinaus in der Lage ist, Laserlicht zu erzeugen», berichtet Hans Sigg, Forschungsgruppenleiter am PSI-Labor für Mikro- und Nanotechnologie. Siggs Gruppe entwickelt seit Jahren Materialien, die für Laser in Mikrochips geeignet sein könnten und hat die für die Untersuchung dieser Materialien nötigen Methoden entwickelt.

Bei dem Experiment wurde das Material noch durch einen anderen Laser angeregt. Das grosse Ziel wird sein, das Laser-Licht mit Strom zu erzeugen – und das möglichst ohne Kühlung. «Die Funktion des Lasers ist allerdings bisher auf tiefe Temperaturen von bis zu minus 183 Grad Celsius beschränkt, was in erster Linie daran liegt, dass wir mit einem nicht weiter optimierten Testsystem gearbeitet haben», ergänzt Dan Buca vom Forschungszentrum Jülich.

Laserbaustein für neue Anwendungen

Sehen kann man den Laserstrahl mit blossem Auge übrigens nicht, die Wellenlänge liegt im Infrarotbereich, was den Vorteil hat, dass man damit viele Kohlenstoffverbindungen nachweisen kann. Von dem neuen Lasermaterial könnten daher neben Computerchips auch völlig neue Anwendungen profitieren, die aus Kostengründen bisher kaum verfolgt wurden: Gas-Sensoren und implantierbare Chips für medizinische Anwendungen etwa, die mithilfe spektroskopischer Analyse Informationen über den Blutzuckerspiegel und andere Parameter ermitteln. Kostengünstige und tragbare Sensorik, zum Beispiel in ein Smartphone integriert, könnte in Zukunft Echtzeitdaten von Stoffverteilungen in der Luft und im Boden liefern und damit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Wetter- und Klimaentwicklung liefern.

Text: Text auf Grundlage einer Medienmitteilung des Forschungszentrums Jülich

 

Hintergrund

Auf die Hauptgruppe kommt es an
Typische Halbleiterlaser für Telekommunikationssysteme, etwa aus Galliumarsenid, sind teuer und bestehen aus Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe. Das wirkt sich grundlegend auf die Kristalleigenschaften aus. Entsprechende Laserbauelemente lassen sich daher nicht direkt auf Silizium aufbringen. Sie müssen aufwendig extern produziert und beispielsweise nachträglich mit dem Wafer verklebt werden. Dass sich die thermischen Ausdehnungskoeffizienten deutlich von Silizium unterscheiden, schränkt die Lebensdauer derartiger Elemente stark ein.

Halbleiter der vierten Hauptgruppe – dazu gehört neben Silizium auch Germanium – lassen sich dagegen ohne grundlegende Schwierigkeiten in den Herstellungsprozess integrieren. Doch beide Elemente sind als Lichtquelle nicht besonders effizient. Sie zählen zu den sogenannten indirekten Halbleitern. Im Gegensatz zu einem direkten Halbleiter geben sie im angeregten Zustand in erster Linie Wärme und nur wenig Licht ab. Forschergruppen auf der ganzen Welt verfolgen daher intensiv das Ziel, die Materialeigenschaften von Germanium so zu manipulieren, dass es sich zur Verstärkung optischer Signale und damit als Laserquelle nutzen lässt.

 

Über das PSI

Das Paul Scherrer Institut PSI entwickelt, baut und betreibt grosse und komplexe Forschungsanlagen und stellt sie der nationalen und internationalen Forschungsgemeinde zur Verfügung. Eigene Forschungsschwerpunkte sind Materie und Material, Energie und Umwelt sowie Mensch und Gesundheit. Die Ausbildung von jungen Menschen ist ein zentrales Anliegen des PSI. Deshalb sind etwa ein Viertel unserer Mitarbeitenden Postdoktorierende, Doktorierende oder Lernende. Insgesamt beschäftigt das PSI 1900 Mitarbeitende, das damit das grösste Forschungsinstitut der Schweiz ist. Das Jahresbudget beträgt rund CHF 350 Mio.

Förderung

Teile der Arbeit wurden durch den Schweizerischen Nationalfonds SNF, sowie aus Mitteln des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms und des Projekts UltraLowPow des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert.

Weiterführende Informationen
Labor für Mikro- und Nanotechnologie, Bereich Nanospektroskopie, des Paul Scherrer Instituts:
http://www.psi.ch/lmn/nanospectroscopy

Forschung am Peter Grünberg Institut, Halbleiter-Nanoelektronik (PGI-9):
http://www.fz-juelich.de/pgi/pgi-9/DE/Home/home_node.html

Originalveröffentlichung
Lasing in direct bandgap GeSn alloy grown on Si (001)
S. Wirths, R. Geiger, N. von den Driesch, G. Mussler, T. Stoica, S. Mantl, Z. Ikonic, M. Luysberg, S. Chiussi, J.M. Hartmann, H. Sigg, J.Faist, D. Buca and D. Grützmacher
Nature Photonics (published online 19 January 2015),
DOI: 10.1038/nphoton.2014.321  

 

 


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