Neutralitätspraxis der Schweiz im Irak-Konflikt

Bern, 05.12.2005 - Die Auslösung einer militärischen Operation gegen den Irak ohne ausdrückliche Ermächtigung des UNO-Sicherheitsrats stellte einen internationalen bewaffneten Konflikt dar. Die Schweiz als dauernd neutraler Staat hatte somit keine andere Wahl, als das Neutralitätsrecht anzuwenden. Der Bundesrat trug dafür Sorge, dass die Schweiz die Pflichten, die ihr als neutralem Staat obliegen, mit grösster Sorgfalt erfüllte. Zudem unternahm die Schweiz während des Konflikts alles in ihren Kräften Stehende, um die kriegführenden Staaten zu veranlassen, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Unser Land setzte sich auch für die Zivilbevölkerung, die Kriegsopfer und die Gefangenen ein.

Der Bundesrat hat am Freitag, 2. Dezember 2005, in Erfüllung des Postulats von Ständerat Maximilian Reimann vom 19. März 2003 und der Motion der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei vom 12. März 2003 eine Zusammenfassung der Neutralitätspraxis der Schweiz während des Irak-Konflikts verabschiedet.

Der Bundesrat erinnert in seinem Bericht an die Rechte und Pflichten der neutralen Staaten, die in den beiden Haager Abkommen von 1907 festgelegt sind und durch das Völkergewohnheitsrecht ergänzt werden. Insbesondere darf sich der neutrale Staat nicht militärisch an Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligen. Zudem ist es ihm untersagt, kriegführende Staaten mit Kriegsmaterial oder Truppen zu unterstützen. Ferner darf er den kriegführenden Staaten weder sein Hoheitsgebiet noch seinen Luftraum für militärische Zwecke zur Verfügung stellen.

Hingegen ist das Neutralitätsrecht nicht anwendbar auf militärische Massnahmen, die der Sicherheitsrat der UNO unter Berufung auf Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen beschliesst. Am 20. März 2003, als die USA und Grossbritannien eine militärische Operation gegen den Irak auslösten, stellte sich deshalb die Frage, ob diese Operation mit Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen vereinbar war.

Der Bundesrat stellt fest, dass keine Resolution des UNO-Sicherheitsrats vorlag, die die Anwendung von militärischer Gewalt gegen den Irak legitimiert hätte. Der Bundesrat war deshalb der Auffassung, dass die Schweiz im Irak-Krieg neutral bleiben musste. Am 21. Februar 2003 beschloss der Bundesrat daher, US-amerikanischen Luftfahrzeugen den Überflug des schweizerischen Hoheitsgebiets für militärische Zwecke zu untersagen mit der Begründung, dass diese Überflüge offensichtlich der Vorbereitung einer militärischen Operation im Irak dienten. Überflüge über schweizerisches Hoheitsgebiet für humanitäre Zwecke blieben aber zulässig. Der Bundesrat traf auch Massnahmen in der Frage der Kontrolle der Kriegsmaterialausfuhr und der Bereitstellung von Dienstleistungen militärischer Natur.

Der Bundesrat bekräftigt, dass Neutralität nicht mit Gleichgültigkeit gleichzusetzen ist. Während und nach dem Konflikt setzte sich die Schweiz für die Anliegen der Zivilbevölkerung, der Kriegsopfer und der Gefangenen ein. Sie bemüht sich auch heute noch, zur Achtung der Menschenrechte und zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts beizutragen. Der Bundesrat ist überzeugt, dass die Berechenbarkeit und Kohärenz der schweizerischen Aussenpolitik unserem Land Achtung, Respekt und Anerkennung bei der internationalen Gemeinschaft einbringt.

Der Bericht «Die Neutralität auf dem Prüfstand im Irak-Konflikt» kann unter

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