Bundesrat genehmigt den ersten Teil des Berichts zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz

Bern, 30.06.2021 - An seiner Sitzung vom 30. Juni 2021 hat der Bundesrat den ersten Teil des Berichts zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz genehmigt, der vom VBS in Zusammenarbeit mit dem WBF und den Kantonen erarbeitet wurde. Der Bericht analysiert die Entwicklung der Bestände von Zivilschutz und Armee und zeigt auf, dass der Zivilschutz bereits heute strukturell unteralimentiert ist. Die Armee wird es Ende dieses Jahrzehnts ebenfalls sein. Beim Zivilschutz will der Bundesrat rasch Massnahmen ergreifen und hat das VBS und das WBF beauftragt, die nötigen Gesetzesrevisionen zu erarbeiten. Massnahmen für die Armee sollen 2023 unterbreitet werden, wenn die Armeereform «Weiterentwicklung der Armee» umgesetzt ist.

Der Bericht geht auf einen Auftrag des Bundesrates zurück, die langfristige Entwicklung der Alimentierung von Armee und Zivilschutz mit qualifizierten Dienstpflichtigen näher zu untersuchen. Diese Arbeiten bestehen aus zwei Teilen. Der nun genehmigte erste Teil des Berichtes enthält kurz- und mittelfristige Massnahmen zur Verbesserung schwergewichtig der Zivilschutzbestände. Überlegungen zu einer längerfristigen Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems werden in einem zweiten Teil des Berichtes voraussichtlich bis Ende 2021 vorliegen.

Armee: ohne Massnahmen Unterbestände Ende des Jahrzehntes

Der erste Teil des Berichts zeigt auf, dass die Armee für den Einsatz derzeit genügend Armeeangehörige hat. Ende dieses Jahrzehnts wird ihr Effektivbestand jedoch von 140'000 auf 120'000 Armeeangehörige sinken. Der Grund dafür ist, dass mit dem Ende der Übergangsfrist der Weiterentwicklung der Armee (WEA) die Dienstpflicht von 12 auf 10 Jahre reduziert wird; 2028 und 2029 werden deshalb jeweils zwei Jahrgänge aus der Armee entlassen. Diese Entlassungen waren in der Konzeption der WEA vorgesehen. Weil die vorzeitigen Abgänge aus der Armee aber fast dreimal höher als prognostiziert sind, wird es Ende dieses Jahrzehnts ohne Massnahmen zu erheblichen Unterbeständen kommen.

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Bestände in den Wiederholungskursen zu tief sind, um angemessen trainieren zu können. Grund dafür ist die hohe Zahl an Armeeangehörigen der früheren Jahrgänge, die zwar noch dienstpflichtig sind, ihre Ausbildungsdienstpflicht aber bereits absolviert haben. Sie können nur noch für Einsätze aufgeboten werden. Zudem bedeutet die Änderung des Ausbildungsmodells (sechs Wiederholungskurse in 10 Jahren, kürzere Rekrutenschule, weniger Diensttage), dass die Armeeangehörigen nicht jedes Jahr in die Wiederholungskurse einrücken.

Massnahmen für die Armee nach Umsetzung der laufenden Reform

Die WEA befindet sich noch in Umsetzung, weshalb es nicht sinnvoll wäre, strukturelle Anpassungen einzuleiten. Zudem fehlt es während der Umsetzungsphase an soliden Erfahrungswerten, um solche Anpassungen zu begründen. Es machen zum Beispiel rund ein Fünftel der Stellungspflichtigen von der neuen Möglichkeit Gebrauch, die Rekrutenschule zu verschieben. Heute weiss man noch nicht, zu welchem Zeitpunkt und wie viele davon tatsächlich einrücken werden. 2023 wird die Ausgangslage klarer sein. Der Bundesrat verzichtet deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt darauf, Massnahmen zu ergreifen, die über bereits laufende Optimierungen der Armee hinausgehen. Er wird strukturelle Anpassungen mit dem Abschlussbericht zur Umsetzung der WEA im Jahr 2023 vorschlagen.

Zivilschutz: zu wenig Rekrutierungen

Die Analyse zu den Beständen beim Zivilschutz zeigt, dass tiefe Rekrutierungszahlen für die Alimentierungslücken verantwortlich sind. Die Ursache liegt teilweise in der Einführung der differenzierten Zuweisung (Tauglichkeit) in der Armee. Dadurch bleiben heute mehr Stellungspflichtige in der Armee, die früher in den Zivilschutz eingeteilt wurden.

Dazu kommt, dass mit der Revision des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (BZG) die bisherige Reserve durch einen interkantonalen Personalpool ersetzt und die Einteilungsdauer von 20 auf 14 Jahre gesenkt wurde. Als Folge davon wurden per 2021 mehrere Jahrgänge entlassen. Diese Anpassung wurde in der Annahme vorgenommen, dass jährlich neu 6000 Zivilschutzpflichtige rekrutiert werden, um die nationale Zielgrösse von 72'000 Angehörigen des Zivilschutzes zu erreichen. Seit 2012 sinken jedoch die Rekrutierungszahlen; sie erreichten 2017 nur noch 3800 neue Schutzdienstpflichtige. Damit kann die angestrebte Alimentierung bald nicht mehr erreicht werden: Ohne Gegenmassnamen kann der Bestand bis 2030 auf rund 51'000 Angehörige des Zivilschutzes fallen. Während einer Übergangszeit können die Kantone die Dauer der Schutzdienstplicht zwar verlängern, aber das löst das Problem der geringen Rekrutierungszahlen langfristig nicht.

Massnahmen, um Potenzial von Schutzdienstpflichten besser auszuschöpfen

Den Kantonen stehen einige gesetzlichen Möglichkeiten zur Verfügung, um ihre Bestände zumindest vorübergehend leicht zu verbessern. Sie können dank einer Übergangsbestimmung des BZG Schutzdienstpflichtige bis 2025 bis zum 40. Altersjahr einteilen sowie zum neu geschaffenen interkantonalen Personalpool zugreifen, um Bestände auszugleichen. Da diese Massnahmen die Bestände nicht substanziell oder nachhaltig verbessern, hat der Bundesrat weitere Massnahmen beschlossen, um der Tendenz der sinkenden Bestände beim Zivilschutz entgegenzuwirken:

Damit das Potenzial von Schutzdienstpflichtigen besser ausgeschöpft werden kann, soll eine Zuteilung in Abweichung vom Wohnortsprinzip geprüft werden. Ebenfalls soll eine differenzierte Tauglichkeit von Schutzdienstpflichtigen geprüft werden, um mehr Schutzdiensttaugliche zu gewinnen.

Zudem sollen künftig Zivildienstleistende verpflichtet werden können, einen Teil ihrer Zivildienstpflicht in einer Zivilschutzorganisation mit dauerndem Unterbestand zu absolvieren. Dadurch wird der Zivildienst dem Zivilschutz angenähert, wie dies auch von der Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF) gefordert wurde. Auf diese Weise kann das Rekrutierungs- und Alimentierungsproblem des Zivilschutzes stark entschärft werden. Weil Zivildienstpflichtige nur bei Bedarf in Zivilschutzorganisationen mit dauerndem Unterbestand eingeteilt werden sollen, entstehen keine Überbestände.

Der Bundesrat sieht zudem vor, dass Militärdiensttaugliche, die die Rekrutenschule nach dem 25. Altersjahr noch nicht absolviert haben, künftig schutzdienstpflichtig werden. Zudem sollen Militärdienstpflichtige, die nach vollständig absolvierter Rekrutenschule militärdienstuntauglich werden, für den Zivilschutz verpflichtet werden.

Der Bundesrat hat das VBS und das WBF mit der Erarbeitung einer entsprechenden Vernehmlassungsvorlage des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung (MG), des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (BZG) und des Bundesgesetzes über den zivilen Ersatzdienst (ZDG) bis Sommer 2022 beauftragt.


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