Der Bundesrat verbessert den Zugang zur Psychotherapie

Bern, 19.03.2021 - In seiner Sitzung vom 19. März 2021 hat der Bundesrat entschieden, dass psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) selbständig tätig sein können. Voraussetzung ist eine ärztliche Anordnung. Dadurch erhalten Menschen mit psychischen Problemen einfacher und schneller Zugang zur Psychotherapie. Der Bundesrat hat heute die entsprechenden Änderungen der Verordnung beschlossen.

Um den Zugang zu psychotherapeutischen Leistungen zu vereinfachen und eine angemessene Versorgung sicherzustellen, beschliesst der Bundesrat einen Systemwechsel vom heutigen sogenannten Delegationsmodell – bei dem die Therapeuten unter ärztlicher Aufsicht arbeiten - zum Anordnungsmodell. Dabei können psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Leistungen auf Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes selbständig im Rahmen der OKP erbringen. Voraussetzung ist eine entsprechende Qualifikation und eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons.

Langzeittherapien und Chronifzierungen verhindern

Durch die Umstellung auf das Anordnungsmodell können Versorgungsengpässe bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen in Krisen- und Notfallsituationen reduziert werden. Die Anordnung durch eine Hausärztin oder einen Hausarzt ermöglicht einen einfacheren und früheren Zugang zur Psychotherapie als die bisherige Konsultation bei einer Fachärztin oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und die anschliessende ärztliche oder delegierte Psychotherapie. Langzeittherapien und Chronifizierungen können dadurch vermindert werden.

Psychische Störungen zählen zu den häufigsten und am meisten einschränkenden Krankheiten. Erhebungen und Schätzungen belegen, dass im Laufe eines Jahres bei bis zu einem Drittel der Schweizer Bevölkerung eine psychische Krankheit eintritt, die in den meisten Fällen behandelt werden sollte. Am häufigsten sind Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen.

Massnahmen gegen ungerechtfertigte Mengenausweitungen

Der Bundesrat beschliesst auch Massnahmen, um ungerechtfertigte Mengenausweitungen zu vermeiden und die Koordination zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu fördern. Zur Anordnung sind nur Ärztinnen und Ärzte der Grundversorgung sowie Fachärztinnen und Fachärzte der Psychiatrie und Psychotherapie berechtigt. Pro ärztliche Anordnung sind maximal 15 Sitzungen möglich. Nach 30 Sitzungen muss mit dem Versicherer Rücksprache genommen werden, um die Therapie zu verlängern. Zur Krisenintervention oder für Kurztherapien bei Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen können alle Ärztinnen und Ärzte einmalig maximal 10 Sitzungen anordnen.

Finanzielle Auswirkungen

Der Bundesrat geht aufgrund von Schätzungen davon aus, dass heute privat bezahlte Leistungen im Umfang von rund 100 Millionen Franken pro Jahr künftig über die OKP abgerechnet werden. Langfristig wird die erwartete Mengenzunahme gegenüber heute zu jährlichen Mehrkosten von rund CHF 170 Mio. führen. Um die Auswirkungen der Neuregelung auf die Kosten und die Versorgung zu überwachen und falls nötig eine Anpassung der Regelung vorzunehmen, wird ein Monitoring über die nächsten Jahre sowie eine Evaluation durchgeführt werden. Die Anpassung der Verordnung tritt auf den 1. Juli 2022 in Kraft.


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