Tessiner Gewerbegesetz: WEKO erhebt Beschwerden

Bern, 22.11.2016 - Die Wettbewerbskommission (WEKO) erhebt Beschwerde gegen zwei Verfügungen, die gestützt auf das Tessiner Gesetz über die Gewerbebetriebe (Legge sulle imprese artigianali, LIA) erlassen wurden. Nach Auffassung der WEKO beschränkt das LIA den Marktzugang für ausserkantonale Handwerksbetriebe und verstösst damit gegen das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM).


Das Tessiner Gesetz über die Gewerbebetriebe ist seit dem 1. Februar 2016 in Kraft und verlangt von allen im Kanton Tessin tätigen Handwerksbetrieben, sich bis spätestens am 1. Oktober 2016 in einem Register einzutragen (http://www.albo-lia.ch).

Die Eintragung im Register ist an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. Der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin muss über bestimmte fachliche Qualifikationen und Berufserfahrungen verfügen, mindestens im 50 % Pensum tätig sein und es dürfen keine mit der Berufswürde unvereinbaren Verurteilungen vorliegen. Ferner wird die Eintragung nur gewährt, wenn in den letzten fünf Jahren kein Konkurs eingetreten ist und keine Verlustscheine vorliegen. Für die Eintragung in das Register werden eine Ersteintragungsgebühr sowie jährlich wiederkehrende Gebühren erhoben. 

Die WEKO ist zuständig für die Überwachung der Einhaltung des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt (BGBM) und kann Beschwerde führen, um feststellen zu lassen, ob eine Verfügung den interkantonalen Marktzugang unzulässig beschränkt. Das BGBM gewährleistet den freien interkantonalen Wirtschaftsverkehr und verlangt, dass Zulassungsgesuche von ausserkantonalen Unternehmen in einem einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren beurteilt werden.

Die zuständigen Tessiner Behörden haben erst im Oktober 2016 über die Zulassungsgesuche von ausserkantonalen Handwerksbetrieben entschieden und dabei das BGBM nicht angewendet. Nach Auffassung der WEKO sind die Registerpflicht, die Eintragungsvoraussetzungen sowie die Gebühren nicht mit dem BGBM vereinbar. Zudem erfolgt der Marktzugang gemäss LIA nicht in einem einfachen und raschen Verfahren. Aus diesem Grund hat die WEKO entschieden, gegen zwei dieser Verfügungen Beschwerde einzulegen und die Frage gerichtlich beurteilen zu lassen. Die Beschwerde der WEKO wird durch das Verwaltungsgericht des Kantons Tessin beurteilt. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts steht eine Beschwerde an das Bundesgericht offen.

Das LIA soll unter anderem Lohndumping und Schwarzarbeit durch Unternehmen mit Sitz im grenznahen Italien unterbinden. Gemäss dem geltenden Entsenderecht sind die italienischen Unternehmen, die im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens Arbeiten im Kanton Tessin ausführen, verpflichtet, schweizerische Arbeits- und Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Die WEKO anerkennt die legitimen Interessen des Kantons Tessin, diese Vorschriften gegenüber italienischen Unternehmen durchzusetzen. Unternehmen mit Sitz in der EU sind aber bereits unter den geltenden flankierenden Massnahmen verpflichtet, die Entsendung von Arbeitnehmenden in die Schweiz vorgängig anzumelden. Die Kantone haben die Möglichkeit, in- und ausländische Unternehmen auf die Einhaltung der geltenden Vorschriften zu kontrollieren.


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