Mengenwachstum im Gesundheitswesen eindämmen – zusätzliche Massnahmen nötig

(Letzte Änderung 01.02.2017)

Bern, 02.09.2016 - Aufgrund der demographischen Entwicklung und des medizinisch-technischen Fortschritts nehmen die Kosten im Gesundheitswesen weiter zu. Die Kostenentwicklung der letzten Jahre ist jedoch auch darauf zurückzuführen, dass die Menge an medizinischen Leistungen in einem Masse zunimmt, das sich medizinisch kaum begründen lässt. Das EDI hat bereits Massnahmen eingeleitet, welche die Gesundheitskosten um mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr reduzieren. Zudem prüft das EDI zusätzliche Massnahmen, um das zu starke Mengenwachstum in den Griff zu bekommen und analysiert Modelle anderer europäischer Länder. Ziel ist, die hohe Qualität der medizinischen Versorgung und den Zugang der Bevölkerung zu dieser zu sichern sowie gleichzeitig die finanzielle Belastung durch die Krankenkassenprämien erträglich zu halten.

Im Gesundheitswesen muss auch in Zukunft mit einem steten Kostenwachstum gerechnet werden. Gründe dafür sind die demographische Entwicklung (die Zahl der über 80-jährigen Menschen in der Schweiz wird sich bis 2045 mehr als verdoppeln) und der medizinisch-technische Fortschritt. Darüber hinaus ist die Kostenzunahme aber auch auf ein Mengenwachstum zurückzuführen, das sich medizinisch kaum begründen lässt. Von 1996 bis 2015 musste die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP, Grundversicherung) jedes Jahr pro versicherte Person durchschnittlich vier Prozent mehr für die Vergütung von medizinischen Leistungen und Produkten ausgeben. Auch 2016 steigen diese Kosten zulasten der Prämienzahlenden um über eine Milliarde Franken. Über die Prämienentwicklung in der Grundversicherung wird Ende September informiert.

Gesundheitskosten um mehrere hundert Millionen gesenkt
Der Bundesrat hat im Rahmen seiner Strategie „Gesundheit2020“ eine Reihe von Massnahmen eingeleitet und umgesetzt, welche die Gesundheitskosten bereits um mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr gesenkt haben. Neue Massnahmen sind eingeleitet, die in den kommenden Jahren weitere spürbare Einsparungen bringen werden. So sollen die Preise der kassenpflichtigen Arzneimittel in den Jahren 2017-2019 gesenkt werden. Bei den Generikapreisen sollen ebenfalls bereits ab nächstem Jahr bis zu 80 Millionen Franken eingespart werden. Zudem ist das BAG daran, die Höchstvergütungsbeträge für medizinische Mittel und Gegenstände anzupassen sowie die Vergütung von Analyseleistungen zu überprüfen. Darüber hinaus werden medizinische Behandlungen und Eingriffe künftig vermehrt darauf hin überprüft, ob sie wirksam sind. Wenn nicht, werden sie von der Grundversicherung nicht mehr vergütet.

Massnahmen verstärken und durch zusätzliche ergänzen
Diese Massnahmen reichen jedoch nicht aus, um das Kostenwachstum auf ein Mass zu beschränken, das durch die demographische Entwicklung und den medizinisch-technischen Fortschritt gerechtfertigt ist. Das EDI will die Kosten der Arzneimittel durch die Einführung eines Referenzpreissystems bei den Generika und eine Anpassung der Vertriebsmarge bei allen kassenpflichtigen Medikamenten weiter eindämmen. Es wird auch geprüft, ob vermehrt Vereinbarungen mit der Pharmaindustrie abgeschlossen werden könnten, welche die Zulassung neuer, teurer Arzneimittel auf der Liste der kassenpflichtigen Medikamente zu wirtschaftlich tragbaren Preisen ermöglichen. Zudem sollen die Zusammenarbeit und Kommunikation der Gesundheitsfachleute durch eine Stärkung der koordinierten Versorgung verbessert, nichtübertragbare Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislaufprobleme oder Diabetes durch eine nationale Strategie bekämpft und die Qualität der medizinischen Behandlungen weiter erhöht werden.

Modelle aus Deutschland und den Niederlanden im Fokus
Darüber hinaus wird das EDI Modelle analysieren, die in anderen europäischen Ländern zur Steuerung des Mengenwachstums eingesetzt werden. Dabei stehen Deutschland und die Niederlande im Vordergrund, die ähnliche Gesundheitssysteme haben. Sie wenden im stationären wie auch im ambulanten Bereich Steuerungsinstrumente bei den Budgets oder der Menge der zu erbringenden Leistungen an. Unterstützt wird das EDI bei diesen Arbeiten von einer Expertengruppe, der vor allem Fachleute aus den genannten Ländern angehören werden. Innerhalb eines Jahres soll ein Vorschlag für das weitere Vorgehen vorliegen.

Alle Akteure müssen ihre Verantwortung wahrnehmen
Die Kompetenzen im Gesundheitswesen sind zwischen dem Bund, den Kantonen und weiteren Akteuren aufgeteilt. Um das Kostenwachstum wirksam einzudämmen, müssen alle Akteure ihre Verantwortung wahrnehmen und Massnahmen in ihrem Verantwortungsbereich umsetzen:
• Die Kantone können das Angebot im stationären Bereich über ihre Spitalplanung und im ambulanten Bereich über die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten bestimmen. Zudem haben sie die Möglichkeit, Globalbudgets anzuwenden.
• Die Versicherer sind aufgefordert, Tarifverhandlungen mit den Leistungserbringern konsequent zu führen und zu einem Abschluss zu bringen. Zudem ist es ihre Aufgabe, die Rechnungen für medizinische Leistungen (Kostenkontrolle) genau zu überprüfen.
• Die Leistungserbringer sind aufgerufen, ihren Teil zur Verabschiedung eines neuen Ärztetarifs TARMED zu leisten, angemessene Behandlungen durchzuführen und die Behandlungsqualität zu erhöhen.

Die vier grössten Kostenblöcke
In vier Bereichen der Grundversicherung fallen rund 80 Prozent der Kosten an:
Behandlungen bei Ärztinnen und Ärzten mit eigener Praxis: Hier sind die Kosten pro Kopf zwischen 2009 und 2015 um 28 Prozent gewachsen. Während die Zahl Konsultationen stabil geblieben ist, sind die Kosten pro Konsultation gestiegen. Es werden vermehrt Spezialisten statt Hausärzte aufgesucht und immer teurere Leistungen abgerechnet.
Behandlungen im stationären Bereich: Die Kosten pro Kopf waren 2015 rund 17 Prozent höher als 2009. Hier haben insbesondere die Fallzahlen bei Patientinnen und Patienten zugenommen, die bei der Behandlung über 70 Jahre alt waren. Der Anstieg war also vor allem demographisch bedingt. Die im Jahre 2012 eingeführten Fallpauschalen wirken sich bisher nicht im gewünschten Masse auf die Kostenentwicklung aus.
Behandlungen im spital-ambulanten Bereich: Die Kosten pro Kopf sind zwischen 2009 und 2015 um rund 34 Prozent gestiegen. Vor allem die Zahl der Konsultationen hat stark zugenommen, während die Kosten pro Konsultation ziemlich stabil geblieben sind.
Kassenpflichtige Arzneimittel: Die Pro-Kopf-Kosten sind hier seit 2009 praktisch stabil. In den letzten Jahren konnten zwar die Preise von rund 1500 Medikamenten gesenkt werden. Demgegenüber verschrieben jedoch die Ärztinnen und Ärzte zunehmend neue, teurere Produkte.


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