Giornate della statistica

Berna, 07.09.2021 - Discorso del consigliere federale Alain Berset in occasione delle Giornate della statistica in Lugano (in tedesco e francese). Fa stato la versione orale.

Die Corona-Krise hat uns eines gelehrt: Bescheidenheit. Gerade auch in Bezug auf Prognosen. Aber eine Prognose können wir getrost wagen: Die Welt wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch volatiler werden: Vom Klimawandel bis zur Migration. Von geopolitischer Verunsicherung über die wachsende Ungleichheit
bis zu den Kulturkämpfen und gesellschaftlichen Diskussionen, die sich an Themen wie Identität oder momentan an der Frage der Impfung entzünden.

Umso mehr gilt: Wir brauchen verlässliche Daten, um den Zustand der Welt – den realen Zustand, nicht den imaginierten – erfassen zu können. Damit wir weiterhin möglichst rational argumentieren und debattieren können. Gerade in Zeiten des kurzfristigen Denkens, der Polemik und der Polarisierung ist diese seriöse und streng empirische Perspektive unverzichtbar.

Verlässliche Daten können emotionale politische Debatten wieder auf den Boden der Realität zurückholen. Statistiken erlauben es uns, wie unter einem Brennglas zu erkennen, wo unsere kollektiven Anstrengungen Früchte tragen – und wo nicht. Dazu braucht es indes einen langen politischen Atem: Weitere Investitionen in nationale und globale statistische Systeme sind erforderlich, um ein nachhaltiges Monitoring aufzubauen.

Je komplexer die Herausforderungen, desto wichtiger wird die internationale Zusammenarbeit. Das gilt auch für Daten: Sie sind ein gemeinsames strategisches Gut. In ein paar Wochen findet in Bern das UN World Data Forum statt. Es bringt Daten- und Statistikexpertinnen und -experten zusammen mit Datennutzenden, etwa aus Regierungen und der Zivilgesellschaft. Ziel ist es, Dateninnovationen voranzutreiben sowie politische wie auch finanzielle Unterstützung für Daten und Statistiken zu mobilisieren. Damit die Agenda 2030 zur nachhaltigen Entwicklung möglichst gut unterstützt werden kann.

Diese globale Veranstaltung ist aber nicht losgelöst von dem, was wir hier in der Schweiz tun. Unser aller Ziel muss es sein, Datenlücken zu schliessen und bessere Grundlagen für politische Entscheidungen zu erstellen. Das erlaubt es uns, als Staat und Gesellschaft, unsere eigenen Probleme anzugehen und gleichzeitig unseren Beitrag auf globaler Ebene zu leisten.

Statistiken sind ein unverzichtbarer Orientierungspunkt in einer Welt, in der Nachhaltigkeit zur Überlebensfrage geworden ist. Ebenso wichtig ist die Kommunikation: Statistische Informationen können ihre politische Wirkung nur entfalten, wenn sie über Visualisierungen und so genanntes „statistical storytelling“ ihren Weg in die breite Öffentlichkeit finden. So kann die enorme Komplexität reduziert und zu evidenzgestützten Positionen verdichtet werden, natürlich stets nach Einsteins Motto: „Man soll die Dinge so einfach machen wie möglich – aber nicht einfacher.“

Gut vermittelte Statistiken erzählen Geschichten. Aber nicht, indem sie uns Einzelschicksale näherbringen, sondern indem sie ein verlässliches Abbild der Realität schaffen, über die wir dann fundiert debattieren können.

Hier hat uns die Covid-19-Pandemie zwei Dinge deutlich gemacht. Erstens sind wir in der Schweiz in einer ziemlich komfortablen Lage: Wir haben schon viele Daten, wir haben gute Statistiken und ein auch in der Krise stabiles Statistiksystem. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Staatsebenen funktioniert gut. Ebenso die Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft, der Wissenschaft und der öffentlichen Verwaltung – speziell auch im Bereich der öffentlichen Statistik. Das ist in den letzten eineinhalb Jahren deutlich geworden: Denn die Corona-Krise hat die direkte Verbindung zwischen Daten, Politik und Gesellschaft so deutlich gemacht wie selten zuvor.

Zweitens hat diese wohl grösste Herausforderung unseres Landes seit dem Zweiten Weltkrieg uns aber auch gezeigt, dass wichtige Datengrundlagen und statistische Informationen nicht immer rasch genug bereitgestellt werden konnten, dass der Datenaustausch nicht immer funktioniert hat. Teilweise fehlten zudem auch Daten und Statistiken mit höheren Detaillierungsgraden für spezifische Analysen.

Das statistische System der Schweiz hat auf die Krise reagiert. Es hat sichergestellt, dass wir die Daten bereitstellen können, die benötigt werden, um den Verlauf der Pandemie zu verfolgen. Und gleichzeitig die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft und Wirtschaft zu bewerten. Schnellere, relevantere Daten aus einem breiteren Fundus an Quellen haben Tag für Tag wichtige politische Entscheidungen unterstützt. Das sollten wir als Ausgangspunkt nutzen, um die Zukunft unseres statistischen Systems zu gestalten.

Der Bundesrat hat mit verschiedenen, beispielsweise im statistischen Mehrjahresprogramm zusammengefassten Entscheidungen schon einige wichtige Weichen gestellt. Innovationsgeist ist gefragt, auch, wenn es darum geht, mit anderen zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass wir den Wert der Daten der Schweiz auch wirklich nutzen.

Ein erstes wichtiges Element ist die gemeinsame Ausgestaltung unseres Daten-Ökosystems und die Mehrfachnutzung von Daten. Denn Daten, die «im stillen Kämmerlein» gehortet werden, bewirken wenig. Wir brauchen nicht möglichst viele Daten, sondern die richtigen, die wir richtig analysieren und interpretieren, die wir immer wieder neu kombinieren können. Doch dafür müssen sie zugänglich und umfassend sein. Dabei ist es entscheidend, dass wir niemanden vergessen, «blinde Flecken» in den Daten gezielt identifizieren und Abhilfe schaffen.

Wir müssen also sicherstellen, dass wir weiterhin schnell reagieren und Informationen liefern können, wenn sie benötigt werden. Auch und gerade deswegen dürfen wir aber nicht abweichen von der Priorität der dauerhaften Produktion von verlässlichen, nach wissenschaftlichen Kriterien erarbeiteten Daten und statistischen Informationen. Diese Prozesse und die dazugehörigen Kompetenzen sind eine zentrale Grundlage für das politische und wirtschaftliche Handeln in unserem Land. Wir brauchen eine solide Basis, ein stabiles Daten-Ökosystem, um kurzfristige Analysen rasch bereitzustellen.

Um das alles umzusetzen, brauchen wir nicht zuletzt auch neue Methoden. Ich spreche hier von Datenwissenschaft und künstlicher Intelligenz; dies aber mit einer gewissen Vorsicht. Einerseits sieht sich die Verwaltung mit grossen Datenmengen konfrontiert, die täglich grösser werden. Mit Datenwissenschaft und künstlicher Intelligenz stehen uns mächtige Instrumente zur Verfügung, um diese Datenflut zu nutzen. Andererseits kann es gerade in einem demokratischen Land wie der Schweiz nicht darum gehen, nun unser Leben und unsere Entscheidungen auf «Maschinen» beziehungsweise auf Algorithmen zu übertragen.

Wir müssen darauf beharren, dass die wichtigen Entscheidungen, wohin wir als Gesellschaft gehen wollen, in der demokratischen Debatte ausgehandelt werden. Und dazu müssen wir fähig sein, mit Daten und Statistiken umzugehen. Sie zu hinterfragen und mit ihnen zu argumentieren.

Il y a quelques années, le terme de « post-vérité » avait été élu mot de l’année. Post-vérité? En voilà un curieux concept! Selon le Robert, il s’agit «de l’ère dans laquelle les discours démagogiques et les fausses informations, influencent davantage l’opinion que les faits objectifs.» Ce débat est aujourd’hui dépassé. Parce que, depuis la pandémie de coronavirus, tout le monde reconnaît à nouveau l’importance de la vérité, de faits objectifs et de données fiables.

Nous avons une nouvelle fois réalisé qu’il est indispensable d’écouter les experts. La défiance qui n’avait cessé de croître ces dernières années s’est transformée en intérêt pour les résultats scientifiques. Et en respect pour ceux qui contribuent jour après jour à faire avancer la science, notamment à développer un vaccin contre le virus.

La pandémie de COVID-19 nous a aussi montré que nous sommes sur la bonne voie avec le traitement et l’utilisation – en commun – des données, et l’exploitation de la science des données. Même si nous avons encore des défis considérables à relever. Par exemple, traiter plus vite les données existantes ou renforcer la collaboration de manière ciblée. Au niveau mondial, mais aussi national et local.

Statistique et avènement des sociétés modernes sont étroitement liés. L’endroit est bien choisi, ici au Tessin, pour honorer la mémoire de l’un de mes prédécesseurs : Stefano Franscini. Il a non seulement été le premier chef du Département fédéral de l’intérieur en 1848, mais on le considère aussi comme le « père » de la statistique publique dans notre pays. Pas seulement parce qu’il était responsable de l’office correspondant du fait de sa fonction. Mais surtout parce que Franscini s’est attaché à faire avancer les connaissances scientifiques sur notre pays, convaincu que disposer d’informations précises sur la Suisse est le fondement du progrès.

La statistique, comme base de l’action politique, du progrès social, et donc du bien commun. Quelle modernité! La pandémie nous a fait réaliser, si besoin en était, que le progrès ne se fonde pas sur de vagues impressions, des ouï-dire ou un point de vue, mais bien uniquement sur des données empiriques. Et c’est exactement là que la contribution des statisticiennes et statisticiens est importante. Essentielle.


Indirizzo cui rivolgere domande

Peter Lauener, capo della comunicazione del DFI, tel. +41 79 650 12 34.


Pubblicato da

Dipartimento federale dell'interno
http://www.edi.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/it/pagina-iniziale/documentazione/discorsi/discorsi-dei-consiglieri-federali.msg-id-85012.html