La politica estera è anche politica di sicurezza - e viceversa

Berna, 25.08.2021 - Intervento della Consigliera federale Viola Amherd alla Conferenza delle ambasciatrici e degli ambasciatori a Berna, 25 agosto 2021.

Fa fede soltanto la versione orale  

Sehr geehrte Damen und Herren Botschafterinnen und Botschafter

Es freut mich, heute bei Ihnen zu sein. Und schön auch, dass wir uns physisch und ganz real sehen können – dies nach langen Zeiten vorwiegend virtueller Begegnungen.

Vor Kurzem hat mich die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates eingeladen, um über «Aussensicherheitspolitik» zu sprechen.

Die APK ist ja eigentlich die «Stamm-Kommission» des EDA. Das VBS hat dort nur selten Auftritte.

Die APK-N wollte diese Diskussion führen, weil sie unter dem Eindruck steht, dass Aussen- und Sicherheitspolitik zunehmend eng verzahnt sind und es ähnliche, teils gleiche Themen gibt.

Das ist natürlich richtig. Viele internationale Themen und Entwicklungen sind sowohl aussen- und wie auch sicherheitspolitisch bedeutsam: bewaffnete und hybride Konflikte, Rüstungskontrolle und Abrüstung, Cyberbedrohungen usw.
Aujourd'hui est pour moi une nouvelle occasion où la politique étrangère et la politique de sécurité se rejoignent et communiquent.

Je m'en réjouis, car qui dit politique étrangère dit politique de sécurité – et inversement.

En tant qu'ambassadrices et ambassadeurs, vous formez le très large réseau, qui est indispensable à notre politique étrangère mais aussi à notre politique de sécurité.

Comme vous le savez, le Conseil fédéral a récemment mis en consultation un nouveau Rapport sur la politique de sécurité de la Suisse. Le délai est échu la semaine dernière.

Comme il se doit, tous les départements ont été associés à l'élaboration de ce rapport – mais aucun aussi étroitement que le DFAE.

Le rapport contient une analyse détaillée de la situation sécuritaire actuelle et définit l'orientation de la politique de sécurité suisse pour les prochaines années.

Ich beginne mit einigen Ausführungen zur internationalen Lage.
Vieles davon wird Ihnen bekannt vorkommen. Die Lageanalyse in der aktuellen Aussenpolitischen Strategie sieht ähnlich aus.

Es ist offensichtlich: Die internationale Lage ist instabiler und unberechenbarer geworden. Die Entwicklung der letzten Wochen in Afghanistan ist ein weiteres Beispiel, wie rasant sich die Lage ändern kann und wie weitreichend die Konsequenzen sind.

Ein signifikanter globaler Trend ist die verschärfte Konkurrenz zwischen Gross- und Regionalmächten.
Es wird um Einflusssphären gerungen. Dabei geht es neben Machtinteressen auch um unterschiedliche Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle sowie um technologische Vorherrschaft.

Im Vordergrund steht die Rivalität zwischen den USA und China. Aber auch Russland und Regionalmächte wie die Türkei, Saudi-Arabien oder Iran setzen ihre Interessen immer forscher durch.

Ein anderer Trend, der sich akzentuiert hat, ist die «hybride» Art der Konfliktführung.

Staaten operieren zur Verfolgung und Durchsetzung ihrer Interessen zunehmend im Graubereich zwischen bewaffnetem Konflikt und Frieden.

Sie versuchen, solange wie möglich unentdeckt zu bleiben, um die Verantwortung von sich zu weisen und die Schwelle eines bewaffneten Konflikts nicht zu überschreiten.

Dazu eignet sich der Cyberraum besonders. Cyberangriffe und Desinformationskampagnen spielen deshalb eine wichtige Rolle.

Gleichzeitig ist die Lage an den Rändern Europas instabiler geworden. Das Risiko von gewaltsamen Konflikten hat zugenommen. Das haben wir zuletzt beim Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan gesehen.

Dieser Konflikt, aber auch andere haben gezeigt, dass konventionelle militärische Mittel weiterhin eine wichtige Rolle spielen, und die Bereitschaft, solche einzusetzen, gestiegen ist.

Sicherheitspolitisch relevante Auswirkungen hat auch der Klimawandel. Wir müssen mit häufigeren und schwereren Naturkatstrophen rechnen – dieser Sommer hat das bereits auf tragische Art bestätigt.

Der Klimawandel wird zudem andere Probleme verschärfen wie die unkontrollierte Migration.

Welch gravierende Folgen eine globale Pandemie hat, haben wir gerade schmerzhaft erfahren. Dieses Risiko wird bleiben.

Wenn wir einen Schritt zurücktreten und das «grosse Bild» anschauen, sehen wir: Die internationalen Spannungen sind gestiegen, das Spektrum von Risiken breiter geworden.

Gleichzeitig wurde die internationale sicherheitspolitische Zusammenarbeit in den letzten Jahren schwieriger.

Internationale Organisationen sind weniger handlungsfähig als auch schon. Gegenteilige Interessen blockieren oft die Lösungsfindung – sei es in der UNO, OSZE, Nato oder der EU.

Bedeutende Abrüstungsverträge wurden beendet oder gekündigt.

Das alles bedeutet, dass unser geografisches Umfeld weniger sicher geworden ist und es uns weniger gut schützt. Auch entfernte Konflikte können uns rasch und direkt treffen.

Welche konkreten Bedrohungen für die Sicherheit der Schweiz stehen für uns im Vordergrund?

Es sind dies:
• Bedrohungen aus dem Cyberraum
• Beeinflussungsaktivitäten und Desinformation
• Terrorismus und gewalttätiger Extremismus
• Bewaffnete Konflikte
• Entwicklung und Weiterverbreitung von Waffensystemen
• Verbotener Nachrichtendienst
• Schwere und organisierte Kriminalität
• Katastrophen und Notlagen
• Sicherheitspolitische Aspekte von Migration

Sie sehen, dass alle diese Bedrohungen einen mehr oder weniger starken internationalen Bezug haben.
Bedrohungen aus dem Cyberraum sind naturgemäss grenzüberschreitend.

Ähnlich ist es bei Beeinflussung und Desinformationen. Staatliche Akteure üben damit illegitime Einflussnahme zur Destabilisierung von Staat und Gesellschaft und der freien Meinungsbildung aus.

Der Terrorismus ist primär ein internationales Phänomen, auch wenn die Radikalisierung von Einzelpersonen im eigenen Land stattfinden kann.

Dasselbe gilt für sicherheitsrelevante Begleiterscheinungen von Migration wie Menschenhandel oder Kriminalität.

Ein bewaffneter Angriff auf die Schweiz selber bleibt auf absehbare Zeit wenig wahrscheinlich. Er hätte potenziell aber so gravierende Folgen, dass er nicht vernachlässigt werden darf.

Ein bewaffneter Angriff auf die Schweiz muss zudem nicht mehr ein Vorstoss militärisch organisierter Streitkräfte sein.

Das Funktionieren des Landes könnte auch mit dem Einsatz anderer Mittel so stark beeinträchtigt werden, dass es einem bewaffneten Angriff auf die Schweiz gleichkäme – beispielsweise mit intensiven Cyberangriffen, Beeinflussungsaktivitäten, wirtschaftlichen Druckmassnahmen oder Sabotage.

Aber auch bewaffnete Konflikte am Rande Europas hätten erhebliche Auswirkungen auf die Schweiz, z.B. durch Versorgungsstörungen, Auseinandersetzungen von betroffenen Bevölkerungsgruppen in der Schweiz, Angriffe auf Schweizer Interessen im Konfliktgebiet, oder Migrationsbewegungen.

Auch könnte die Schweiz gezwungen sein, ihren Neutralitätspflichten nachzukommen und die militärische Verwendung ihres Territoriums oder Luftraums zu verhindern. Das könnte entscheidend sein dafür, dass die Schweiz nicht in einen Konflikt involviert wird.

In den Antworten auf all diese Bedrohungen spielt die Aussenpolitik als Teil der Sicherheitspolitik eine wichtige Rolle.

Sie leistet wesentliche Beiträge zur Verhinderung oder Verminderung der Bedrohungen.
Das enge Verhältnis zeigt sich z.B. in den Prinzipien und Interessen, wie wir sie im Sicherheitspolitischen Bericht definiert haben. Es sind dies unter anderem:
• Kooperation und Neutralität;
• Demokratie, Völkerrecht und Rechtsstaat;
• Gewaltverzicht und regelbasierte internationale Ordnung;
• Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit.

Dies sind genauso Kernelemente unserer Aussenpolitik.

Auf der Basis der Bedrohungslage, der Prinzipien und Interessen definiert der Sicherheitspolitische Bericht neun konkrete Ziele.

Die Aussenpolitik trägt zur Erreichung dieser Ziele in vieler Hinsicht massgeblich bei.

Eines der Ziele ist die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit, Stabilität und Sicherheit.

Damit will der Bundesrat unter anderem, dass sich die Schweiz
• für eine regelbasierte Ordnung sowie bi- und multilaterale Zusammenarbeit einsetzt (u.a. mit der angestrebten Einsitznahme UN-Sicherheitsrat);
• zivile und militärische Beiträge für Sicherheit und Stabilität leistet (u.a. durch die Weiterentwicklung der militärischen Friedensförderung);
• sich für eine Weiterentwicklung von Rüstungskontrolle und Abrüstung einsetzt (inklusive der Regelung neuer Technologien und Waffensysteme).

Ein anderes Ziel ist, die Früherkennung von Bedrohungen und Krisen weiter zu verbessern.

In einem schnell ändernden Umfeld ist dies umso wichtiger, zumal auch entfernte Krisen und Konflikte rasch Auswirkungen auf die Schweiz haben können – auch hier sei noch einmal das aktuelle Beispiel Afghanistan erwähnt.

In der Früherkennung von solchen Entwicklungen und ihrer Einschätzung sind unsere Aussenvertretungen – also Sie alle – von grosser Bedeutung.

Die Stärkung des Schutzes vor Cyberbedrohungen ist ebenfalls ein Ziel. Dazu wollen wir u.a. die internationale Zusammenarbeit noch besser nutzen.

Es muss z.B. geklärt werden, wie das Völkerrecht auf Cyber-Konflikte, wo es Graubereiche gibt, angewendet werden soll.

Es geht z.B. um die Frage, ab welcher Schwelle ein Cyberangriff als bewaffneter Konflikt einzustufen ist. Dazu braucht es internationale Normen und Grundsätze. Ihr Departement ist hier ja bereits aktiv und spielt eine wichtige Rolle.

Weiter wollen wir die Resilienz und Versorgungssicherheit stärken – eine wichtige Lehre aus der aktuellen Pandemie.

Wir müssen besser vorbereitet sein auf Versorgungsstörungen, die sich aus internationalen Krisen ergeben können.

Bei der Bewältigung der Pandemie leisteten die Aussenpolitik und das Aussennetz wichtige Beiträge, z.B. bei der Repatriierung von Schweizer Staatsangehörigen, der Koordination der internationalen Zusammenarbeit und bei der Suche nach zuverlässigen Lieferanten für dringend benötigte Güter.

Das alles zeigt: Eine enge Abstimmung zwischen Aussen- und Sicherheitspolitik ist unabdingbar. Es kann keine wirksame Sicherheitspolitik geben ohne den Beitrag der Aussenpolitik – und umgekehrt auch nicht.

Für die Sicherheit und Stabilität jenseits unserer Grenzen müssen wir alle verfügbaren Instrumente einsetzen.

Zum Schluss komme ich noch auf ein anderes aktuelles Thema zu sprechen: die Beschaffung des neuen Kampfflugzeugs.

Sie alle haben das natürlich mitbekommen. Der Bundesrat hat entschieden, 36 Flugzeuge des Typs F-35 zu beschaffen.

Der Entscheid für ein amerikanisches Flugzeug hat zu reden gegeben. Es gab teilweise Kritik und Unverständnis.

Dem Bundesrat wurde vorgeworfen, politische Überlegungen zu wenig berücksichtigt zu haben, insbesondere mit Blick auf die Beziehungen zu unseren europäischen Partnern.

Dem Vernehmen nach gab es auch aus Ihren Reihen kritische Stimmen. Es ist mir deshalb ein Anliegen, diesen Entscheid hier kurz zu erläutern – schliesslich vertreten Sie die Schweiz, ihre Regierung und damit auch ihre Entscheide nach aussen.

Natürlich hat der Bundesrat die Diskussion über diese Beschaffung auf einer breiten Grundlage, in Kenntnis aller relevanten Informationen und Überlegungen geführt.

Das Geschäft wurde auch gründlich und umfassend vorbereitet.

Dabei wurden auch Möglichkeiten abgeklärt, die Beziehungen mit den drei Ländern über die sicherheitspolitische Zusammenarbeit hinaus zu stärken, und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem EDA und anderen Departementen.

Es wurde gegenüber der Öffentlichkeit und den drei Anbieterstaaten von Anfang an konsequent und transparent kommuniziert, dass politische Überlegungen durchaus eine Rolle beim Typenentscheid spielen können.

Dabei wurde klar gemacht, dass solche Aspekte dann den Ausschlag geben könnten, wenn mehrere Ergebnisse aus der Kosten-Nutzen-Analyse in einer gewissen Nähe zueinander sind.

Der Evaluationsbericht mit der Kosten-Nutzen-Analyse bildete somit die Basis für den Typenentscheid bildet, was ebenfalls bekannt war.

Alles andere wäre unseriös gewesen und hätte Glaubwürdigkeit und Nutzen der mehrjährigen Evaluation in Frage gestellt.
Das Resultat der Kosten-Nutzen-Analyse war nun aber so, dass es sehr deutlich zugunsten des F-35A ausfiel, mit beträchtlichem Abstand zu den Konkurrenten.

Damit war nicht unbedingt zu rechnen, aber das sind die Fakten. Manche mögen das bedauern, aber auch das ändert nichts.

Der Bundesrat konnte dieses eindeutige Ergebnis nicht einfach ignorieren und aus politischen Gründen umstossen. Er hat deshalb nach intensiver Diskussion und auf Basis der vorliegenden Fakten entschieden.

Wichtig ist – und man kann das nicht genug betonen –, es ist auf keinen Fall ein Entscheid gegen Frankreich oder Deutschland.

Beide Staaten sind erstrangige Kooperationspartner der Schweiz, in der Sicherheitspolitik und darüber hinaus. Wir wollen die Zusammenarbeit mit diesen beiden Staaten weiter pflegen und ausbauen, dort, wo es im gegenseitigem Interesse liegt.

Es handelt sich auch nicht um einen Entscheid gegen Europa. Die Schweiz ist eng mit ihrem europäischen Umfeld verflochten; dies gilt auch für die Sicherheitspolitik.

Wir wollen diese Kooperation weiterentwickeln; das entspricht auch einem der Ziele im neuen Sicherheitspolitischen Bericht.

Zudem ist zu bedenken, dass immerhin sieben europäische Länder den F-35 betreiben, was ebenfalls Möglichkeiten zur Zusammenarbeit eröffnet.

Ein wichtiger Entscheid ist nun gefallen. Das Projekt ist aber noch nicht am Ziel. Es gibt weitere Hürden, die wir nehmen müssen.

Es wird eine Volksinitiative gegen die Beschaffung des F-35 geben. Auch die parlamentarische Beratung im Rahmen der ordentlichen Rüstungsbeschaffung steht noch aus.

Es wird also noch einiges zu tun geben. Nicht nur hier, sondern in der ganzen Sicherheitspolitik. Genauso wie in der Aussenpolitik.

Wir werden alle gefordert sein, ob hier an der Zentrale oder draussen an der Front.

Umso wichtiger ist, dass wir eng und gut zusammenarbeiten – in der Aussen- und in der Sicherheitspolitik.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und stehe gerne für Fragen zur Verfügung.


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CH - 3003 Berna


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