Compétitivité de la place financière

Berne, 14.09.2006 - Exposé du conseiller fédéral Hans-Rudolf Merz lors de la journée des banquiers à Berne le 14 septembre 2006.

Seule la parole prononçée fait foi.

 

Ich danke Ihnen für die Einladung zum diesjährigen Bankiertag. Als Finanzminister ist mir der direkte Kontakt mit Ihnen wichtig. Gerade im Wissen darum, dass unsere Gesetzgebung oft nur langwierig revidiert werden kann, Ihre Branche sich jedoch durch Schnelllebigkeit auszeichnet, will ich nahe am Puls bleiben, um alle Entwicklungen rasch aufzunehmen. Wir wissen, dass "Schweiz" für Sie ein Brand von immensem Markenwert ist. Aber es genügt nicht, wenn Sie die Weltspitze der Finanzbranche prägen; auch der Staat als Regulator muss ständig auf der Höhe der Zeit mit marschieren.

Der Finanzsektor ist ein tragender Pfeiler unserer Volkswirtschaft und damit unseres Wohlstandes. Er erwirtschaftet 14,5 Prozent der Wertschöpfung und beschäftigt über 5 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Unsere Banken verwalten 4,4 Billionen Vermögen. Diese eindrücklichen Zahlen sind das Ergebnis einer jahrzehntelangen, beispiellosen Erfolgsgeschichte; geprägt durch markante Persönlichkeiten mit Unternehmergeist und Weitsicht. Der Staat profitiert von dieser Leistungskraft.

Ihre Löhne und Dividenden werden als Einkommen versteuert, gewisse Ihrer Produkte unterliegen der Mehrwertsteuer, Ihre Unternehmen bezahlen beträchtliche Gewinnsteuern. Sie füllen meine Kasse. Dafür gebührt Ihnen der Dank des Finanzministers. Auch aus diesem Grund ist es für mich eine Freude vor Ihnen aufzutreten. Denn ich spreche nicht vor Subventionsempfängern, sondern zu Steuerzahlern.

Mon exposé se concentre sur la question du rôle de l'Etat, de l'individu et des ressources dans notre pays. Ma réponse s'articule autour de trois points:

1) Premièrement, je suis un partisan de l'économie sociale de marché et de la concurrence qui en découle. Concernant le rôle de l'Etat, j'adhère au principe selon lequel l'Etat ordonne et l'économie agit. L'Etat n'est pas tout-puissant. Il doit avoir le courage d'admettre qu'il ne peut pas tout faire. Il n'a pas à soustraire des moyens financiers trop importants au peuple et à l'économie. Il faut donc faire de l'Etat principalement un législateur et un régulateur. Or, pour s'acquitter de ces fonctions, l'Etat doit être svelte, mais fort.

La concurrence n'existe pas seulement dans le secteur économique, mais elle existe aussi entre les Etats. De plus en plus, les pays se positionnent aussi en fonction de leurs conditions cadres juridiques. Celles-ci influencent les structures et le potentiel de l'économie et partant, la prospérité du pays. James Buchanan, prix Nobel d'économie, n'avait pas tout à fait tort lorsqu'il disait: "Good games depend on good rules more than they depend on good players". Je suis d'accord avec lui dans la mesure où une place financière performante requiert une réglementation efficace, fiable et évolutive. Ainsi, je suis favorable aux tendances modernes de la réglementation, qui échelonnent les conditions pour les acteurs du marché soumis à surveillance en fonction du risque. C'est pourquoi, je m'engage pour garantir de "good rules" dans un Etat fort et svelte à la fois.

2) Deuxièmement, je me fonde sur le libéralisme, qui défend la sphère privée de l'individu libre et refuse le contrôle permanent du citoyen. C'est pourquoi je considère le citoyen comme une personne majeure et honnête.  L'Etat est appelé à traiter ses citoyens avec respect, en leur imposant des règles simples et compréhensibles. La priorité va donc à l'autodéclaration et à l'autocontrôle, la violation des règles en la matière entraînant des sanctions.

3) Troisièmement, je plaide pour des finances saines. Car elles suscitent la confiance. Elles rendent l'Etat prévisible sur le plan fiscal. Ces dernières années ont prouvé que le frein à l'endettement est un instrument efficace pour juguler les déficits budgétaires. L'abaissement des dépenses de 5 milliards a permis de freiner l'évolution qui avait fait exploser la dette, la faisant passer de 38,5 milliards de francs en 1990 à son niveau actuel de 130 milliards. La situation conjoncturelle favorable contribuera à renouer enfin avec les chiffres noirs. Nous ne devons cependant pas perdre de vue la croissance des dépenses. Si la tendance actuelle devait se poursuivre, les dépenses fédérales devraient croître de 4,3 pour cent par an jusqu'en 2015. Pour le Conseil fédéral, de telles évolutions n'offrent aucune perspective. Il s'est donc fixé comme objectif de laisser les dépenses fédérales croître à hauteur du PIB de manière à stabiliser la quote-part de l'Etat. Il procède actuellement à un examen systématique des tâches assumées par la Confédération. Pour atteindre l'objectif d'une quote-part de l'Etat stable, il faudra faire des économies de l'ordre de 8,5 milliards de francs sur le plan des dépenses jusqu'en 2015. Comme vous pouvez le constater, le ministre des finances a toujours du travail, même s'il est en mesure de présenter des chiffres noirs. Du reste, je suis heureux que la Journée des banquiers se tienne à Berne. En effet, c'est à contrecœur que je quitte mon bureau avant et durant les sessions, de peur que le Parlement puise dans la caisse pendant mon absence.

Nach diesen allgemeinen Ausführungen wende ich mich als nächstes der Steuerpolitik zu.

Die Unternehmenssteuer-Reform I hat unserem Land nachweislich mehr Unternehmen, mehr Arbeitsplätze und mehr Steuereinnahmen gebracht. Entgegen erwarteter Einnahmenausfälle sind die Steuereinnahmen der juristischen Personen seit 1997 stark angestiegen. Die Neuansiedlung von Holdinggesellschaften hat um 60% zugenommen. 88% der Unternehmen bekunden, dass die Steuern bei ihrer Standortwahl das wichtigste Kriterium waren. Der Bundesrat ist mit seiner Steuerstrategie richtig gelegen.

Dasselbe wird man hoffentlich von der Unternehmenssteuerreform II auch sagen können. Nach der Verbesserung des Holdingstandorts Schweiz muss nun nämlich der KMU-Standort Schweiz gestärkt werden. Die KMU sind das Rückgrat unseres Landes. Was dem Grosskonzern recht ist, kann dem Bäcker oder Metzger billig werden. Die KMU sollen ihre unternehmerischen Entscheide möglichst frei von steuerlichen Zwängen treffen können. Und dort, wo kein Geld fliesst, sollen auch keine Steuern erhoben werden. Diese simplen Grundsätze sind heute nicht erfüllt. Deswegen spricht man auch von Ärgernissen im Steuerwesen, die es zu beseitigen gilt.

Im Vordergrund der Massnahmen steht die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung. Die Steuerbelastung auf Ebene der Unternehmen ist nämlich international nur attraktiv, solange man die Steuerbelastung der Anteilseigner nicht berücksichtigt. Die wirtschaftliche Doppelbelastung hat vor allem für KMU negative Auswirkungen. Diese schütten Gewinne nicht aus, sondern parkieren die Gelder in der Firma, wo das Geld oft brach liegt.

Eine zweite Grossbaustelle - noch abgesichert durch eine Bauwand mit spärlichen Gucklöchern - ist die Totalrevision der Mehrwertsteuer. Sie ist ein steuerpolitisches und volkswirtschaftliches Grossprojekt. Aufrichte wird im Dezember sein, wenn wir das neue Gesetz quasi zur Möblierung in die Vernehmlassung schicken.

Ziele sind die Erhöhung der Rechtssicherheit und die Vereinfachung der Verfahren im Umgang mit dieser Steuer.

Gemäss Schätzungen liegt der administrative Aufwand der Unternehmen für die Entrichtung sämtlicher Steuern im Durchschnitt bei 5'000 Franken. Zusammen genommen dürften die Kosten also die Milliarden-Grenze überschreiten. Die Mehrwertsteuer nimmt davon einen Grossteil in Anspruch.

Als nächstes - Sie werden sagen: endlich! - nun einige Hinweise zum Finanzplatz.

Ich äussere mich nicht zum jüngsten sogenannten 'Fall' an der Schnittstelle von Banken und Pensionskassen, welcher mit grösster Wahrscheinlichkeit durch die Anwendung von bestehenden Gesetzen und Corporate-Governance-Regeln gelöst wird - abgesehen von der Insider-Bestimmung, die einer Revision bedarf. Die Öffentlichkeit reagiert sensibel und gelegentlich argwöhnisch auf alles, was auch nur entfernt den Anschein des Unregelmässigen erweckt. Man übersieht zu leicht, dass der Finanzplatz längst eine komplexe und grosse Veranstaltung geworden ist. Deren Exponenten werden einmal vergöttert und handkehrum verteufelt. Dabei verdanken wir den besonnenen und verantwortungsbewussten Kräften unter Ihnen die Stärke und die Solidität gerade dieses Finanzplatzes.

Vielmehr beschäftigt mich die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz.

Allein vom beeindruckenden Erfolg der Vergangenheit lässt sich nicht ewig gut leben. Kapital ist schon heute hoch mobil. Der härtere Wettbewerb, Innovationen in der Finanzindustrie sowie der Abbau staatlicher Kapitalverkehrsschranken werden die Geschwindigkeit von Finanzströmen immer weiter erhöhen. Diese werden immer weniger vor Landesgrenzen halt machen. Ihr Business ist ständigen Änderungen unterworfen. Aus der kameralistischen Sparkassen-Verwaltung ist modernstes, globales Risk- und Money-Management geworden.

Welches ist die Rolle des Staates an Ihrer Seite?

Wir haben zunächst einmal ein vitales Interesse an internationaler Finanzstabilität. Denn Staaten, Investoren und Kunden wollen Berechenbarkeit. Ich setze mich daher stark für diese Stabilität in den internationalen Organisationen ein wie dem Internationalen Währungsfonds, der G10 und hoffentlich bald auch dem Financial Stability Forum. Morgen reise ich zur Tagung des IWF nach Singapur und werde dort einen weiteren Schritt zu dieser Mitgliedschaft tun. Vorsichtshalber packe ich einmal trittfeste Timberland-Schuhe ein.

Gerade das Bedürfnis nach Stabilität führt uns vor Augen, dass viele mit der Internationalisierung verbundene Probleme nur grenzüberschreitend lösbar sind. Demgegenüber sind Regulierung und Aufsicht aber weiterhin national ausgerichtet. Gleichzeitig wird der nationale Gestaltungsspielraum durch internationale Entwicklungen eingeschränkt. Daraus entsteht eine Notwendigkeit nach Koordination, umso mehr als sich eine Anzahl von Risiken erhöht, ja vervielfacht haben, wie beispielsweise die Möglichkeiten, Risiken über die Kapitalmärkte auf andere Akteure zu übertragen. Auch die technologische Basis des heutigen Finanzgeschäftes, namentlich der Einsatz von IT-Systemen, ist eine Quelle neuer, sogenannter operationeller Risiken.

Umso wichtiger ist es, dass die Schweiz in den massgeblichen Gremien präsent ist. Sie muss ihren Standpunkt in solchen Standard-Setting Bodies einbringen. Weil - dies als Beispiel - auf der internationalen Ebene Kosten-Nutzen-Überlegungen oft unterzugehen drohen, bringen wir dieses "cave" jeweils in die Diskussionen ein.

Neben der Stabilität des Währungssystems gilt unser Augenmerk der Ausgestaltung der Finanzmarkt-regulierung. Diese hat sich nach Prinzipien auszurichten. Drei Punkte sind meines Erachtens zentral:

Erstens muss die Regulierung markt- und praxisnah sein und sie darf die Betroffenen so wenig wie möglich belasten. Was das bedeutet, zeigte 'Basel II', anfänglich ein schnitzelbank-verdächtiges Thema, heute eine gelungene Synthese.

Zweitens muss der Regulierungsprozess transparent und gut koordiniert sein. Erforderlich ist der Dialog mit den Betroffenen, was Akzeptanz und Legitimität erhöht und die Umsetzung beschleunigt.

Und drittens braucht ein prosperierender Finanzplatz eine starke, effiziente und international anerkannte Aufsicht. Eine gute Reputation und das Vertrauen der Märkte sind gewissermassen der Lohn dafür. Währenddem der Vertrauensverlust bekanntlich rasch eintritt, ist der Aufbau von Vertrauenskapital eine langwierige und kostspielige Aufgabe. Eine gute Aufsicht wirkt als Gütesiegel und schützt die Marktteilnehmer vor Reputationsrisiken.

Diese drei Prinzipien leiten uns bei der Frage, wie viel Regulierung nötig ist, damit wir die Kernziele der Finanz­marktregulierung und -aufsicht wie Systemstabilität, Solvenzschutz, Gläubigerschutz, Anlegerschutz, Funktions­schutz sowie die Sicherstellung der Marktintegrität jeweils auch erfüllen.

Doch auch die Finanzmarktregulierung wird wesentlich durch die internationale Entwicklung geprägt. Wir sind deshalb immer häufiger damit konfrontiert, dass wir sowohl Tempo als auch Inhalt der Regulierung nicht allein bestimmen können. Nun mögen neu geschaffene und weiterentwickelte internationale Mindeststandards im Aufsichtsbereich zwar rechtlich nicht bindend sein. In der Realität sind diese Vorgaben schwerlich zu umgehen. Im Auge zu behalten ist jeweils der mögliche Reputationsschaden bei einem Ausscheren. Störend daran ist, dass dieses "soft law" mit quasi-rechtssetzender Wirkung zunehmend dem politischen Diskurs - und damit den Checks und Balances - entzogen ist. Hier gibt es heute leider erst wenige Kräfte, die Gegensteuer geben.

Bei der Ausgestaltung der Finanzmarktpolitik stellt sich generell und immer häufiger die Frage nach den Freiräumen der Schweiz. Das Stichwort heisst "Swiss Finish". Damit darf nicht gemeint sein, dass unser Land als Musterschüler immer als erstes alles umsetzt, sondern Swiss Finish heisst für mich, vorhandene Spielräume bestmöglich und mit Augenmass zu nutzen. Dort, wo Harmonisierungsbemühungen unsere Wettbewerbsvorteile tangieren, ohne dass deren Angleichung systemnotwendig ist, müssen wir unseren eigenen Weg gehen.

Deshalb ein paar Worte zu diesem autonomen regulatorischen Bereich. Wir haben in letzter Zeit verschiedene Meilensteine gesetzt, mit denen wir die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz absichern und weiter ausbauen. Zwei davon sind erwähnenswert:

1) Die FINMA (Finanzmarktaufsicht): Die Zusammenführung der heute getrennten Aufsichtsbehörden EBK, BPV und die Geldwäscherei-Kontrollstelle unter das gemeinsame Dach der FINMA bewirkt eine klare institutionelle Stärkung vor allem in drei Bereichen:

Zunächst stellt die Bündelung des Aufsichts-Know-hows willkommene Synergien her.

Sodann hat eine integrierte Aufsichtsbehörde mit Blick auf die künftige internationale Zusammenarbeit mehr Gewicht. Sie kann so unsere Landesinteressen besser vertreten.

Und schliesslich trägt sie positiv zur Reputation des Schweizer Finanzplatzes bei.

Die Bedeutung des FINMA-Projekts geht daher weit über das rein Organisatorische hinaus. Ich bin überzeugt, dass die FINMA ein Gütesiegel wird. Sie schafft Vertrauen seitens der Anleger in die Integrität unseres Finanzplatzes und sie erhöht die Akzeptanz unseres Aufsichtssystems im Ausland.

2) Das neue KAG: Das neue Bundesgesetz über kollektive Kapitalanlagen ist vom Parlament verabschiedet. Referendum ist keines in Sicht. Das KAG lässt neue Gesellschaftsformen  für kollektive Kapitalanlagen zu und führt einen differenzierteren Anlegerschutz ein. Es unterscheidet zwischen institutionellen Investoren und vermögenden Privatpersonen einerseits sowie gewöhnlichen privaten Anlegern anderseits. Der Gedanke dahinter ist, dass erstere sich selber schützen können. Hier soll der Staat deshalb nicht bevormundend eingreifen. Ich bin überzeugt, dass das KAG positive Impulse zur Steigerung der Attraktivität sowie zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes setzt.

Es gibt nun einen Bereich, in dem ich trotz internationalen Richtlinien eine eigenständige Lösung und damit eine bewusste regulatorische Massschneiderung will. Ich spreche vom GAFI und damit von der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung.

Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse zur Umsetzung der revidierten FATF-Empfehlungen in der Schweiz ist mir bewusst geworden, dass diese Empfehlungen Chancen und Notwendiges beinhalten, aber auch Übertriebenes und Unwirksames. Ich habe darum vor einem Jahr einen Marschhalt verordnet. Inzwischen sind wir in die Verästelungen dieses dornenvollen Dossiers gestiegen. Zudem haben wir Vergleiche mit den Regelungen im Ausland vorgenommen; wir haben Kosten-Nutzen-Überlegungen angestellt; und wir haben schliesslich die Resultate des Länderexamens der FATF abgewartet, das uns über den Stand der Umsetzung der geltenden internationalen Standards Aufschluss gibt. Damit stehen mir nun alle wesentlichen Grundlagen zur Verfügung. Der Marschhalt ist somit beendet. Die Socken sind gestrafft, der Rucksack ist wieder geschultert. Ich werde demnächst die Eckpunkte einer revidierten Vorlage vorstellen. Diese wird wirtschaftlich verträglich sein und gleichzeitig die Konformität mit den internationalen Standards verbessern.

Die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung bleiben ein wichtiges Thema. Gerade in diesem Bereich hat der Bankensektor bereits viel getan und braucht keinen Vergleich zu scheuen. Ich danke Ihnen für diesen Effort.

Internationale Finanzströme werden immer wichtiger und gleichzeitig auch immer transparenter. Aus Stabilitätssicht ist dies sicherlich positiv zu werten. Auf der anderen Seite gilt es dabei auch, die Privatsphäre der einzelnen Bürger angemessen zu schützen. Diesem legitimen Ziel dient das Schweizer Bankgeheimnis. Es verschafft den Bürgern eine Stellung gegenüber dem Staat, die eigenverantwortliches Handeln ermöglicht. Wer den "gläsernen Bürger" installieren will, der schafft geradezu die Eigenverantwortung ab. Wohlverstanden, das Bankgeheimnis schützt weder Kriminelle noch Terroristen. Es liegt im Interesse einer liberalen Ordnung, Missbräuche konsequent zu bekämpfen.

Wir müssen uns allerdings bewusst sein, dass wir unsere Vorstellungen von Freiheit und vom Umgang mit Bürgern nicht einfach auf andere Staaten übertragen können. Die Landesgrenzen stellen auch die Grenzen der rechtlichen Durchsetzbarkeit dar. Das schweizerische Bankgeheimnis ist aufgrund des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips auf das Staatsgebiet der Schweiz beschränkt. Die Schweiz kann deshalb grundsätzlich nicht verhindern, dass ausländische Behörden auf Daten im Ausland zugreifen, die in der Schweiz unter das Bankgeheimnis fallen würden. Genau darum ging es bei der sommerlichen Aufregung um das Telekommunikationsnetz SWIFT. Ich will es hier nochmals in aller Klarheit sagen: Der in den USA erfolgte Zugriff auf Daten des internationalen Zahlungsverkehrs zum Zwecke der Terrorismusermittlung und -bekämpfung hat die Schweizerische Souveränität nicht verletzt.

Es ist umso wichtiger, dort, wo es in unserer Macht steht, sich für den Schutz des Einzelnen einzusetzen. Dies gerade auch in Zeiten, in welchen individuelle Freiheiten immer mehr eingeschränkt werden und in Folge von Bedrohungen wie dem Terrorismus ein gewisses Streben nach umfassender Überwachung unbescholtener Bürger festzustellen ist.

Aus verfassungspolitischen, realpolitischen und rechtlichen Gründen halten wir eine Konstitualnorm zum Schutz des Bankgeheimnisses für nicht erforderlich. Wir halten jedoch ausdrücklich an unserer Überzeugung fest, dass das schweizerische Bankgeheimnis auch bei einer künftigen Entwicklung der Bilateralen nicht verhandelbar ist.

Damit komme ich zu unseren Beziehungen zur Europäischen Union. Die Schweiz liegt mitten in Europa. Sie kann als geografischer Teil des Kontinents, vor allem aber als Exportland nicht abseits stehen. Die Frage ist nicht: mit oder ohne die EU zu leben, sondern sie lautet: wie mit der EU leben? - In Abwägung zu anderen Optionen stellt sich der Weg des Bilateralismus als gangbar und pragmatisch heraus. Er meidet jene staatspolitischen Territorien, die unvereinbar sind, aber er öffnet jene Tore, welche unser Export als wichtigster Pfeiler der Volkswirtschaft benötigt. Mit den Bilateralen Verträgen kann die Schweiz in Europa die Schweiz bleiben. Bei einem 'Nein' zur Kohäsions-Vorlage würde unser Land verlieren. Das ganze Gebäude der guten Beziehungen mit den Ländern der EU würde belastet. Somit geht es bei der Abstimmung im November um eine aussenpolitische Weichenstellung und nicht um einen innenpolitischen finanziellen Verteilkampf. Aus der Sicht des Finanzministers lässt sich sagen, dass der Beitrag an die neuen EU-Staaten budgetneutral finanziert wird. Das heisst: Keine zusätzlichen Steuern für Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler - keine zusätzlichen Schulden für den Bundeshaushalt.

Da in 10 Tagen die KOSA-Abstimmung stattfindet, erlaube ich mir heute noch einen "Last Call": Nur mit einem Nein bewahren wir die Unabhängigkeit der Nationalbank und schützen damit den Schweizer Franken. Nur mit einem Nein verhindern wir Löcher in den Kassen von Bund und Kantone. Und nur mit einem Nein kommt der Gegenvorschlag zum Zuge, durch den das Bundesdrittel am Golderlös von 7 Mia Franken dem AHV-Fonds zugeleitet wird. 

Ich komme zum Schluss. Ich habe drei Wünsche:

  • Erstens an Ihre Adresse: Ich bin zuversichtlich, dass sich unser Land auch in Zukunft im globalen Standortwettbewerb der Finanzmärkte behauptet. Der Finanzplatz Schweiz kann auf seinen traditionellen Erfolgsfaktoren aufbauen. Er muss aber unermüdlich nach ausserordentlichem Know-how, erstklassiger Technologie und Servicequalität sowie nach einer kompetitiven Preispolitik streben. Der Wunsch lautet daher: Keep running!
  • Zweitens an die Adresse der Politik: Der internationale Druck auf die Schweiz wird auch in den kommenden Jahren anhalten und eher zunehmen. Die Schweiz muss deshalb weiterhin mit den zuständigen internationalen Organisationen zusammenarbeiten. So können wir unsere legitimen Interessen und Wertvorstellungen besser verteidigen als mit einer Politik des Abseitsstehens. Der Wunsch wäre: Keep ruling!  
  • Drittens an uns alle: Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, zu einer liberalen Wirtschaftsordnung als Grundlage für einen prosperierenden Schweizer Finanzplatz Sorge zu tragen. Der Wunsch: Let's keep freedom!


Auteur

Département fédéral des finances
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