«Le fédéralisme et la dynamique de la crise du COVID-19»

Berne, 27.05.2021 - Discours du conseiller fédéral Alain Berset à l’occasion de la Conférence nationale sur le fédéralisme 2021 à Bâle. Seules les paroles prononcées font foi.

Steckt der Föderalismus in der Krise? Muss er fundamental überdacht werden? Das suggerierten Schlagzeilen der letzten Monate. Die Antwort auf diese aufgeregten Fragen gibt uns die Geschichte.

Der vor ziemlich genau 200 Jahren verstorbene Napoleon sagte einst den aufschlussreichen Satz: „Ich wäre ausserstande, die Schweiz zu regieren. Je mehr ich über das Land nachdenke, umso überzeugter bin ich, dass die Verschiedenartigkeit seiner Teile es unmöglich macht, eine gemeinsame Struktur überzustülpen.“ Ein bemerkenswerter Befund von einem, der bekanntlich kein Verächter des Zentralismus war…

In der Tat: Die Schweiz ist föderalistisch – oder sie ist nicht.Wieso also hören wir trotzdem diese pauschale Kritik am Föderalismus? Ich glaube, die Kritik zeigt zweierlei: Erstens, dass diese Pandemie eine Jahrhundertkrise war und noch immer ist, auch wenn ein Ende jetzt – hoffentlich! – endlichabsehbar wird. Unsicherheit sind wir uns in der traditionell stabilen Schweiz kaum gewohnt – und schon gar nicht eine so grosseUnsicherheit, wie sie die Corona-Krise bedeutet – gesundheitlich, gesellschaftlich, wirtschaftlich. So fällt die Kritik manchmal wohl schärfer und grundsätzlicher aus, als die Faktenlage sie eigentlich rechtfertigt.

Und zweitens stellt eine Pandemie unser föderalistisches System natürlich auf die Probe, denn das Virus foutiert sich bekanntlich um den staatspolitischen Aufbau der Schweiz. Das Virus überwindet Ozeane – da können Kantonsgrenzen nicht mithalten. Folglich müssen wir unsere Einschätzungen über die Leistungsfähigkeit unseres Systems auch objektiv an der enormen Schwierigkeit der Aufgabe messen. Gefragt ist also eine differenzierte Analyse. Und keine aufgeregte staatspolitische Diskussion.

Durant la situation extraordinaire, le Conseil fédéral atout fait pour maintenir un lien étroit avec les cantons. En plus des contacts directs fréquents que nous avons entretenus avecles cantons, nous les avons aussi consultés sur les mesures lesplus lourdes de conséquences, ou avons sollicité l’avis des présidents des différentes conférences intercantonales. Durant la première vague, nous nous sommes efforcés d’associer les cantons à toutes les étapes, ce qui n’était pas une mince affaire vu l’évolution rapide et imprévisible de la situation. Lorsque la situation extraordinaire au sens de la loi sur les épidémies a été levée le 19 juin 2020, et avec elle le régime du droit d’urgence,les cantons ont repris les rênes et exercé à nouveau leurs compétences.

Le Conseil fédéral le savait dès le départ : la situation extraordinaire et l’ensemble des mesures de droit d’urgence ne pouvaient et ne devaient pas durer trop longtemps. Sinon, les tensions politiques et sociales seraient devenues trop fortes. Les cantons voulaient, à juste titre, reprendre la main et être ànouveau aux commandes. Ils ont ensuite été fortement sollicitéspar le traçage des contacts, et maintenant par la campagne de vaccination.

Cette crise nous a appris quelque chose: le fédéralisme ressemble à un fleuve qui cherche son cours. La collaboration entre les cantons et la Confédération n’est pas strictement canalisée. Tout n’est pas réglé sur le plan juridique, en particulier en situation de crise. C’est pourquoi il faut beaucoup de pragmatisme et de volonté politique pour trouver ensemble des solutions. C’est un processus où les personnes et les émotions jouent également un grand rôle.

Pendant cette crise, le Conseil fédéral a opté pour le compromis. Il a toujours essayé de trouver unéquilibre entre la santé de la population, d’une part, et la vie sociale et économique, d’autre part.

Il a essayé d’éviter le plus de souffrances possibles. Des souffrances dues à la maladie.Mais aussi des souffrances engendrées par la crise économique et par les mesures adoptées, qui ont été la cause d’isolement, dedépression, de violences domestiques et de ruptures de formation. Sans oublier les souffrances causées par les répercussions négatives de la crise sur l’ensemble de l’économie. Des secteurs entiers ont menacé de s’effondrer, ce que le Conseil fédéral a puempêcher grâce à la réduction de l’horaire de travail et à d’autres instruments.

Jusqu’à présent, le choix du compromis a fait ses preuves. Ce compromis n’est rien d’autre que le fruit des discussions et des tractations menées en continu avec les cantons.Les cantons ont beaucoup de pouvoir et de compétences – davantage que dans d’autres systèmes fédéralistes. Ils sont plus proches du quotidien de la population, ils sont indispensables pour faire appliquer les règles, en particulier celles liées au coronavirus, et pour soutenir financièrement les personnes et les entreprises qui, bien malgré elles, ont été victimes d’une crise aux conséquences parfois très graves.

Le partage du pouvoir est l’une des principales forces de la Suisse. Et c’est vrai, la pandémie a représenté – et représente encore – un défi pour le fédéralisme helvétique. Un défi qui a nécessité énormément de coordination et de communication, et qui a malgré tout contraint la Confédération à endosser temporairement davantage de compétences. Et le fait que la Confédération a dû décevoir à plusieurs reprises certaines aspirations régionales ou cantonales s’inscrit dans la logique même de la lutte contre la pandémie.

Die Corona-Krise lässt uns vieles wie unter dem Brennglas sehen: scharf konturiert,deutlich in seinen Schwächen und seinen Stärken – deutlicher, als wir das in ruhigen Phasen je hätten wahrnehmen können. Jeden Tag haben wir etwas über das Virus gelernt – und jeden Tag etwasüber unsere Gesellschaft. Über unsere politische Kultur. Und eben auch über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen.

Es war für den Bundesrat wichtig nicht einfach allein durchzuregieren, sondern stets im engen Gespräch zu bleiben mit den Kantonen,mit den einzelnen Branchen, nicht zuletzt auch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Das hat die Entscheide des Bundesrats vielleicht etwas verlangsamt, aber dafür hat es sie verbessert.

Wie die Schweiz hat auch jedes andere Land der Welt die Krise aufgrund seiner Werte und seiner politischen Kultur zu bewältigen versucht.Das haben wir getan – und insofern haben wir unsere politische Kultur sogar gestärkt. Und nicht zuletzt wurde der Föderalismus auch gestärkt, weil er uns in Erinnerung gerufen hat, dass jederKanton auch eine Verantwortung für alle anderen Kantone trägt.  

Für eine Bilanz ist es noch zu früh. Trotzdem die Frage: Haben es zentralistische Staaten besser gemacht? Nicht unbedingt. Und das könnte man durchaus als Erfolg verbuchen für unser komplexes System, auch wenn man diesen Erfolg nicht auf den ersten Blick erkennt. 

Es lief aber nicht alles reibungslos. Es kam zu Verzögerungen, zu Missverständnissen, zu Koordinations-problemen. Zwischen Bund und Kantonen. Manchmal auch zwischen einzelnen Departementen. Aber auch, und das ist aus Sicht des Bundesrates fastein kleiner Trost, zwischenden Kantonen.

Alle diese Schnittstellen müssen wir im Rahmen einer Bilanz analysieren und die entsprechenden Schlüsse ziehen. Ähnlich, wie es 2014 in der Sicherheits-Verbunds-Übung geschehen ist, aus der ja 16 Empfehlungen fürdie Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen resultierten.

Man kann die Corona-Krise auch als Hauptprobe begreifen. Es werden neue, andere Krisen auf uns zukommen. Die Welt des 21. Jahrhunderts ist ohne Zweifel volatil. Und angesichts der volatilen Zeiten, in denen wir leben, brauchen eine bescheidenere Grundhaltung, auch was unsere politischen Prozesse betrifft.

Ja, wir haben viel voneinander gelernt in den letzten Monaten.Und wir werden auch weiterhin viel lernen müssen. Dass unser Selbstbild als perfektes Land in dieser Krise etwas gelitten hat, wird uns dabei helfen. Wenn wir das mit der nötigen Bescheidenheit, Neugier und – wieso nicht? – Freude angehen, dann werden wirden Föderalismus stärken und krisenfester machen. Und klar ist:Wir werden das zusammen machen. Und nur schon darin liegt ein grosses Potenzial der Vertrauensbildung und der Verbesserung bei den Prozessen.

Hier in Basel liegt der Vergleich des Föderalismus mit einer Tinguely-Maschine doch recht nahe. Kompliziert mit ihren vielen Einzelteilen, unübersichtlich in ihren Verstrebungen, scheinbar zwecklos vor sich hin ratternd.

Aber man sollte nicht vergessen: Die erste Skulptur, die Tinguely für die öffentliche Hand geschaffen hat, genauer für die Landesausstellung in Lausanne 1964 – diese Skulptur hiess «Heureka!» - «Ich habe es gefunden!». Das war natürlich ironisch gemeint von Tinguely – aber vielleicht liegt eine tiefere Ironie darin, dass die komplizierte, föderalistische Schweiz am Ende eben tatsächlichimmer gute Lösungen findet.

Wenn wir unsere föderalistische Maschine Schweizetwas ölen und ein paar Schrauben fester anziehen – dann bin ich überzeugt: Dem Föderalismus gehört nicht nur die Vergangenheitund die Gegenwart, sondern auch die Zukunft.


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