Albisgüetli-Tagung - Gemeinsame Werte: Grundpfeiler der Schweiz, Basis des bisherigen und Schlüssel des zukünftigen Erfolgs

Zurich, 15.01.2010 - Allocution du Conseiller fédéral Didier Burkhalter Embargo: 15.01.2010, 21h00 / Seule la version orale fait foi.

Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrter Herr alt Bundesrat
Sehr geehrte Frau Regierungsrätin
Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Sehr geehrte Nationalrätinnen und Nationalräte
Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Justiz und der militärischen Kreise
Sehr geehrte Damen und Herren,

Seit 2002, als Kaspar Villiger an dieser Stelle zu Ihnen gesprochen hat, ist kein Bundesrat einer anderen Partei der Einladung gefolgt, an Ihrer traditionellen Albisgüetli-Tagung als Redner aufzutreten. Eigentlich wusste ich nicht genau warum. Man hat mich natürlich auch gewarnt, an die Albisgüetli-Tagung zu gehen. Als Bundesrat werde man hier nur „verheizt“ und als Staffage benutzt. Zudem würden die Zuhörer lieber einem Redner zuhören, der das sagt, was sie ohnehin denken. Stimmt das wirklich?

Zu Beginn ein Geständnis: Ein Bundesrat erhält ständig, von allen Seiten und zu allen möglichen Themen gute (und weniger gute) Ratschläge. Wenn es aber darum geht, zu entscheiden, ist ein Bundesrat oft allein. Und ich gestehe, dass ich diese Unabhängigkeit schätze. Was meine Teilnahme an der Albisgüetli-Tagung angeht, habe ich die mir zugetragenen Bedenken nicht geteilt und bin Ihrer Einladung, für die ich mich herzlich bedanke, gerne gefolgt.

Dies aus drei ganz einfachen Gründen: Erstens komme ich sehr gerne nach Zürich, eine Region an die ich gute Jugenderinnerungen habe und mit der ich noch heute familiär verbunden bin. An Zürich schätze ich vor allem die wirtschaftliche und kulturelle Dynamik sowie die Weltoffenheit. Ich bin insbesondere stolz, dass die ETH Zürich zur Weltspitze in ihren Bereichen gehört. Ich versichere Ihnen, dass der Gesamtbundesrat – inklusiv der neue Bundesrat aus dem Neuenburgerland – alles notwendige unternehmen wird, um den Spitzenplatz zu verteidigen.

Der zweite Grund ist, dass zuhören, miteinander reden und debattieren, politische Gemeinsamkeiten identifizieren und Differenzen anerkennen, die direkte Demokratie ausmachen.

Schliesslich bin ich hier, weil ich direkt, als Schweizer Bundesrat, von Angesicht zu Angesicht, zu Ihnen über die Werte sprechen möchte, welche die Schweiz ausmachen, sie erfolgreich gemacht haben und die der Schlüssel für den zukünftigen Erfolg sein werden.
 
Respekt
Sehr geehrte Damen und Herren

Der erste dieser Werte ist der Respekt. Gegenseitiger Respekt ist nicht nur das A und O des menschlichen Zusammenlebens, sondern auch die Basis unseres politischen Systems. Die Schweiz wird bekanntlich nicht von einer Religion, Kultur oder Sprache zusammengehalten, sondern vom politischen Willen. Und weil dem so ist, ist der gegenseitige Respekt von zentraler Bedeutung. Denn ohne Respekt vor anderen Religionen, Kulturen und politischen Meinungen, würde der politische Wille zur Kohäsion rasch Schaden nehmen, dies zum Nachteil unseres Landes. Respekt ist weder im menschlichen Zusammenleben, noch in der Politik eine vorgegebene, unveränderbare Grösse. Respekt muss täglich gelebt, geübt und auch gewonnen werden. Tun wir dies nicht, geraten wir aus der Übung und der Wert geht verloren. Es ist wie im Sport: wenn der Respekt und die Fairness fehlen, dann kann man weder den Sieg noch die Medaille geniessen. Aber die jungen Schweizer Fussballer haben es bewiesen: man kann gleichzeitig den Respekt und den Weltmeistertitel gewinnen!

Obwohl man Umfragen nicht immer trauen sollte - dies wissen wir seit einigen Monaten noch besser als zuvor - hat mich in diesem Zusammenhang eine aktuelle Umfrage zu den wichtigsten Werten der Schweizerinnen und Schweizer hellhörig gemacht. Gemäss dieser Umfrage werden die gesellschaftlichen Werte Respekt und Toleranz als bedroht angesehen. Dem müssen wir entgegentreten. Ich bin nicht nur als Bundesrat, sondern auch als Familienvater besorgt, denn diese Grundwerte bilden die Basis der Erziehung.

Als Politiker tragen wir hier aber eine besondere Verantwortung. Denn je härter um Positionen gerungen wird, desto wichtiger ist es, sowohl andere Meinungen als auch den politischen Gegner zu respektieren. Voltaire wird in diesem Zusammenhang folgendes Zitat zugesprochen: „ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass Sie diese Meinung äussern dürfen.“ Diesem zentralen, zutiefst demokratischen Gedanken ist nichts hinzuzufügen. Ich weiss – und es trifft vielleicht auch auf heute Abend zu – dass es manchmal schwierig ist, einem Redner zuzuhören, der eine andere Ansicht vertritt, aber in der Hitze der politischen Auseinandersetzungen sollten wir uns an das Zitat erinnern und dessen Inhalt beherzigen!


Freiheit
Voltaire spricht mit seinem Ausspruch einen zweiten, für unser Land zentralen Wert an, die Freiheit. Die Freiheit ist ein hoher Wert, der uns allen, die wir unser Land lieben, am Herzen liegt. Freiheit kann vielerlei bedeuten: die durch verfassungsmässige Rechte geschützte Freiheit des Einzelnen, die kollektive Freiheit des Landes, die Wirtschaftsfreiheit oder die Freiheit der Forschung.

Der amerikanische Präsident Franklin Delano Roosevelt (der selbst so wenig Bewegungsfreiheit hatte weil er im Rollstuhl sass) hat den Begriff der Freiheit, die es mit allen Mitteln zu verteidigen gelte, in seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 1941 sehr treffend umschrieben. Er sagte, und ich zitiere: „Die erste Freiheit, ist die Meinungsäusserungsfreiheit. Die zweite Freiheit, ist die jeder Person, Gott auf ihre Weise zu verehren. Die dritte Freiheit ist die Freiheit vor Not. Die vierte Freiheit ist die von Furcht.“ Und alle vier Freiheiten sollten gemäss Roosevelt überall auf der Welt gelten.

Damals gab es einen Krieg in dieser Welt. Dieser Krieg wurde beendet. Aber der Kampf für die Freiheit geht immer weiter.

Ich bin überzeugt, dass das in politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht freiheitliche System der Schweiz das Schlüsselelement für das Erfolgsmodell Schweiz ist. Ohne freiheitliche Ordnung wäre die Schweiz kaum eines der wirtschaftlich erfolgreichsten und innovativsten Länder der Welt.

Freiheit ist aber nicht gratis zu haben und fällt auch nicht einfach so vom Himmel. Für die Freiheit muss man kämpfen. Herr alt Bundesrat Blocher und ich (damals als Berichterstatter der parlamentarischen Kommission) haben seinerzeit für ein starkes Patentrecht gekämpft, das Innovation schützt, Anreize für die Forschung schafft und so die Forschungsfreiheit stärkt. Meiner Ansicht nach war und ist dieser Einsatz nötig.

Am 7. März 2010 stimmen wir ebenfalls über ein wichtiges Forschungsthema ab. Volk und Stände werden über einen Verfassungsartikel über die Forschung am Menschen befinden. Mit der Vorlage sollen landesweit einheitliche Regeln für die Forschung am Menschen geschaffen werden. Zudem sollen die Chancen der Forschung zum Wohle der Gesundheit des Menschen und der Schutz der menschlichen Würde und Persönlichkeit gewahrt werden. Oder anders formuliert: der Verfassungsartikel verbindet Freiheit mit Verantwortung. Allerdings muss die Freiheit immer von Verantwortung begleitet sein. Das ist vielleicht der Grund, weshalb viele die Freiheit mehr fürchten als lieben.


Verantwortung
Sehr geehrte Damen und Herren
Verantwortung ist denn auch der dritte Wert, den ich an dieser Stelle hervorheben möchte. Wir leben in einer Welt, die von vielen Unsicherheiten geprägt ist. Die Menschen fühlen sich vom Terrorismus in ihrer Sicherheit, von der Globalisierung in ihrem Job und von der Finanzkrise in ihrer Existenz bedroht. In solch schwierigen Zeiten, ist die Politik noch mehr in der Pflicht, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen, ohne Angst und ohne Rücksicht auf die eigene Popularität.

Politische Verantwortung übernehmen bedeutet für mich insbesondere, tragfähige Lösungen anstreben; kurz: eine lösungsorientierte Politik betreiben. Politiker stehen den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber in der Pflicht, ernsthaft nach Lösungen zum Wohle der Gemeinschaft zu suchen. Das bedeutet nicht, dass nicht um politische Positionen gestritten werden soll. Im Gegenteil! Kontroverse Dispute können fruchtbar sein und aus dem Widerstreit unterschiedlicher Meinungen entstehen oft neue Ideen und Lösungsansätze.

Lösungsorientierte Politik setzt allerdings voraus, dass die Kontrahenten nicht um jeden Preis auf ihren Positionen beharren und bereit sind, das Allgemeinwohl höher zu gewichten als das Einzelwohl und die Interessen der „res publica“ über die Parteiinteressen zu stellen: Mehr Fortschritt für alle, weniger Profil für einige.

Hierzu ein Beispiel aus der Gesundheitspolitik. Die notwendigen Reformen werden nur gelingen, wenn die Politik Verantwortung übernimmt und die Marschrichtung vorgibt. Um die Blockaden zu überwinden, braucht es eine politische Linie, (Mehrheits)Entscheide und Standfestigkeit, an diesen Entscheiden festzuhalten. Aus meiner Sicht, sieht die Marschrichtung hierbei wie folgt aus: In Bezug auf die Qualität effiziente und die Kosten selbstverantwortliche Gesundheitsnetzwerke, ein vollständiger Risikoausgleich, der einen tatsächlichen Wettbewerb unter den Kassen erlaubt sowie echte Transparenz in der Finanzierung, nicht nur im Spitalbereich, sondern im gesamten Gesundheitswesen.


Meine Damen und Herren
Charles de Gaulle hat die Regierungsverantwortung folgendermassen umschrieben: „Regieren heisst, zwischen mehreren Nachteilen auswählen.“ Dieses Zitat illustriert, dass die Politik zumeist kein Wunschkonzert ist, sondern dass es darum geht, schwierige und zuweilen unangenehme Entscheide zu fällen.

Schwierige Entscheide stehen vor der Tür, insbesondere in der Sozialpolitik. Am kommenden 7. März stimmt der Souverän über den Mindestumwandlungssatz in der zweiten Säule ab. Sie können mir glauben, dass ich es auch sympathischer fände, wenn ich wie der Samichlaus Geschenke verteilen könnte. Aber das ist leider nicht möglich. Wir müssen die Realitäten akzeptieren wie sie sind. Bei der zweiten Säule bedeutet dies, dass wir jetzt handeln müssen, wenn wir echte soziale Sicherheit wollen. Ein Nein zur Anpassung des Umwandlungssatzes würde dagegen die Unsicherheit erhöhen und die Stabilität der zweiten Säule gefährden.

Ich bin froh, bei dieser Abstimmung auf die Zustimmung und Unterstützung Ihrer Partei zählen zu können. Die SVP übernimmt damit ihre Verantwortung als Regierungspartei. Hierfür danke ich Ihnen im Namen des Bundesrates und bitte Sie, Ihre Anstrengungen im Rahmen dieser schwierigen Abstimmungskampagne mit aller Kraft fortzusetzen. Nur mit vollem und verantwortungsvollem Einsatz aller bürgerlichen Parteien kann diese wichtige Abstimmung gewonnen werden.


Sicherheit
Mit der Abstimmung vom 7. März ist der Kampf für die soziale Sicherheit nicht beendet. Vielmehr wird die Sicherung der Sozialwerke eine Priorität der nächsten Jahre bleiben. Sicherheit ist aber nicht nur eine Priorität der Politik, sondern ein weiterer wichtiger Wert für die Bürgerinnen und Bürger.
 

Sehr geehrte Damen und Herren,
„Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit.“ Ich nehme an, dass Sie diesem Satz ohne wenn und aber zustimmen können. Es ist dies – und das wird sie vielleicht erstaunen – der Artikel 5 der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK), die im Unterschied zur Bundesverfassung die persönliche Sicherheit explizit garantiert.

Ein für die Menschen in unserem Land wichtiger Aspekt der Sicherheit ist die soziale Sicherheit. In diesem Bereich stehen wir, wie Sie bestens wissen, vor grossen Herausforderungen. Wir werden immer älter. Unsere Gesellschaft entwickelt sich von einer Drei-Generationen- zu einer Vier-Generationen-Gesellschaft. Die heutige Jugend studiert länger und die arbeitende Generation wird immer kleiner. Die Gesellschaft ändert und wir müssen diesen Wandel in den Griff bekommen. Der Status Quo ist die Gefahr.

Diese Tatsachen zwingen uns, die Sozialwerke zu reformieren. Das gilt nicht nur für die zweite, sondern auch für die erste Säule, die AHV. Obwohl die 11. AHV-Revision noch nicht abgeschlossen ist, steht bereits die 12. AHV-Revision an. Diese hat zum Ziel, dieses zentrale Sozialwerk nachhaltig zu sichern. Wenn wir wollen, dass auch unsere Kinder und Kindeskinder noch in den Genuss einer Alterversicherung kommen, dann müssen wir Reformen jetzt anpacken, auch wenn diese schmerzhaft sind.
Ich frage Sie, sind Sie hierzu bereit? Sind Sie bereit, das Sozialsystem nicht nur zu kritisieren, sondern an echten Reformen mitzuarbeiten?

Die meisten Menschen mögen keine Veränderungen, denn Veränderung wird als Verunsicherung wahrgenommen. Aber Sicherheit im Allgemeinen und soziale Sicherheit im Speziellen lässt sich nicht mit Festhalten am Status Quo herstellen, sondern erfordert Anpassung und Veränderung. Das gilt nicht nur für die AHV, sondern auch für die Invalidenversicherung (IV). In diesem Bereich wird der Bundesrat demnächst dem Parlament die Botschaft zur Revision 6a zuleiten und im Sommer wird die Revision 6b in die Vernehmlassung geschickt. Wenn diese Revisionen nicht angenommen werden, dann können wir die IV nicht dauerhaft sanieren.

Meine Damen und Herren
Sie sehen, das Reformprogramm ist happig und erfordert viel Arbeit und viel Kraft. Und weil wichtige oder umstrittene Gesetzesreformen in der direkten Demokratie von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern genehmigt werden, muss die Politik vor allem Überzeugungsarbeit leisten.

Als wählerstärkste Partei und als Regierungspartei hat die SVP eine entsprechend grosse Mitverantwortung, den Menschen die Notwendigkeit von Reformen zu erklären und Vertrauen zu schaffen.

Vertrauen
Vertrauen ist denn auch der fünfte politische Wert, über den ich heute zu Ihnen sprechen möchte. Das Grundvertrauen zwischen den Menschen, zwischen Bundesrat und Parlament und besonders zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den politischen Institutionen ist meines Erachtens der zentrale Garant des Erfolgsmodells Schweiz. Der Dialog zwischen Bundesrat und Bevölkerung ist einfach matchentscheidend.

Keine Frage, dieses Grundvertrauen hat in den letzten Jahren gelitten und das Misstrauen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik hat zugenommen. Wer insbesondere in der Politik auf Vertrauen baut, wird als naiv und unzeitgemäss angesehen. Insofern bin ich ein sehr naiver und unzeitgemässer – aber glücklicher -Politiker, denn ich glaube und baue auf Vertrauen in der Politik. Ich rufe Sie dazu auf, dasselbe zu tun: betreiben Sie diese echte Politik, die auf der Basis von Vertrauen, statt auf Misstrauen, aufgebaut ist.

Ein Beispiel hierzu: ist es mit Blick auf das Gemeinwohl der Schweiz Ziel führend und notwendig, zwischen dem Volk und der so genannten „classe politique“ zu unterscheiden und zwischen beide einen Keil des Misstrauens zu treiben? Meines Erachtens ist dies zur Erreichung politischer Ziele unnötig und dem Gemeinwohl abträglich.

Ich bin zwar mehr als 25 Jahre in der Politik aktiv. Aber ich muss Ihnen gestehen, dass ich es dennoch nicht verstanden habe, was oder wer die „classe politique“ tatsächlich sein soll. Wir leben glücklicherweise in einer direkten Demokratie. Unsere Verfassung bestimmt, dass die wichtigen politischen Fragen dem Volk zur Entscheidung unterbreitet werden. Somit gibt es in unserer Demokratie keine Herrschenden und Beherrschten. Wir alle können abstimmen, wählen und gewählt werden. Die Klasse der Schweiz ist, dass sie keine politischen Klassen hat!

Ich habe grosses Vertrauen in die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und deren gesunden Menschenverstand. Und ich glaube, dass der viel zitierte Mann von der Strasse den politischen Institutionen durchaus Vertrauen entgegen bringt.

Die Politik muss sich dieses Vertrauen aber erarbeiten! Dies geschieht nicht, indem Misstrauen geschürt und Ängste gepflegt werden. Die Menschen haben ein Recht, dass sich die Politik für Lösungen einsetzt. Entsprechend stehen die Politikerinnen und Politiker – wie es Ihre Partei übrigens in ihrem „Vertrag mit dem Volk“ schreibt – in der Pflicht, Lösungen zu suchen und sich für die Bürgerinnen und Bürger einzusetzen. Der Bundesrat, als dessen Mitglied ich hier heute Abend zu Ihnen spreche, stellt sich dieser Pflicht und versucht, Lösungen zu suchen und zu finden, zum Wohle der Schweiz und ihrer Bevölkerung.

Natürlich sind nicht immer alle einverstanden mit den Lösungen, die der Bundesrat vorschlägt. Das gehört zum Wesen der Demokratie. Aber der Bundesrat trifft seine Entscheidungen immer mit Blick auf das Allgemeinwohl. So setzt sich die Regierung für ein Ja zur Reduktion des Mindestumwandlungssatzes ein, um die Renten für alle Versicherten zu sichern und nicht, wie das die Gegner der Vorlage behaupten, um die Versicherungen zu begünstigen. In einer Demokratie steht allen das Recht zu, die Regierung zu kritisieren. Aber so, wie wir alle dem gesunden Menschenverstand der Stimmberechtigten vertrauen, sollte auch der Regierung Vertrauen entgegen gebracht werden. Denn das ist die Voraussetzung für das gute Funktionieren unseres Staatswesens.


Gemeinsame Werte nicht aus den Augen verlieren
Nochmals: Das soeben gesagte bedeutet nicht, dass man in der Politik nicht streiten soll. Im Gegenteil, die Demokratie lebt vom Widerstreit der Ideen und aus dem Dissens können zukunftsweisende Lösungen entstehen. Ich bin in meiner politischen Laufbahn dem politischen Streit nie ausgewichen, sondern habe mit offenem Visier für meine Überzeugungen gekämpft. Ich werde es als Mitglied der Landesregierung weiter so tun und mich für die Anliegen des Bundesrates und des Landes einsetzen.

Es ist somit nichts dagegen einzuwenden, wenn sich die Regierungspartei SVP in manchen politischen Fragen, wie etwa der Personenfreizügigkeit, der IV-Zusatzfinanzierung oder der Sicherheitspolitik, gegen die Regierung stellt. Wichtig scheint mir aber, dass man bei allen politischen Differenzen die Gemeinsamkeiten nicht aus den Augen verliert.

Die vorangehend beschriebenen Werte wie der gegenseitige Respekt, die Freiheit, die Verantwortung, die Sicherheit und das Vertrauen bilden meines Erachtens die gemeinsame Basis unseres politischen Systems und unseres politischen Zusammenlebens. Tragen wir gemeinsam Sorge zu diesen Werten, denn das Erfolgsmodell Schweiz basiert auf diesen! Falls die Basis brüchig wird und die politische Akzeptanz unserer Grundwerte leidet, gefährden wir die Zukunftsfähigkeit des Erfolgsmodells Schweiz.


Mit Mut und Zuversicht in die Zukunft
Sehr geehrte Damen und Herren
Zum Jahreswechsel sind die Zeitungen gefüllt mit Jahresrückblicken und Jahresvorschauen. Ein letztes Geständnis: ich habe sie bei weitem nicht alle gelesen! Ich weiss dennoch, dass die pessimistischen Stimmen, die ein düsteres Bild unseres Landes zeichnen, dominieren. Es gibt zwar nichts zu beschönigen, das Jahr 2009 war für die Schweiz ein schwieriges Jahr und es gibt auch im neuen Jahr grosse politische und wirtschaftliche Herausforderungen zu meistern. Aber ich bin zuversichtlich, dass unser Land gut gerüstet ist für die Zukunft.

Dies aus folgenden Gründen: Erstens bin ich grundsätzlich ein optimistischer Mensch. Zweitens ist die Schweiz trotz Finanzkrise, steigender Arbeitslosigkeit und zunehmendem internationalen politischen und wirtschaftlichen Druck ein intaktes Land. Drittens, und das ist der wichtigste Grund, hat die Schweiz bzw. haben ihre Bewohnerinnen und Bewohner die wertvolle Fähigkeit oft bewiesen, sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen und offen zu sein für Neues.

Die Schweiz fusst, wie eingangs erwähnt, nicht auf einer gemeinsamen Kultur oder Sprache, sondern auf dem Willen der Menschen. Die Schaffenskraft unserer Vorfahren, der Glaube an gemeinsame Werte, der politische Mut, die Offenheit gegenüber Neuem und der Glaube an den Fortschritt machen die Schweiz aus. Ich habe den Eindruck, dass die Schweizerinnen und Schweizer den Glauben an die eigenen Fähigkeiten und Stärken etwas verloren haben. Es gilt, diese vorhandenen, aber schlummernden Fähigkeiten und Stärken wieder bewusst zu machen und sie zu nutzen. Die Schweiz ist stärker als sie es selbst denkt!

Die Politik muss eine Leaderrolle übernehmen. Zum einen dadurch, dass Probleme benannt und Realitäten thematisiert werden. Zum Beispiel: Wir können unseren Sozialstaat nicht immer weiter ausbauen, sondern müssen ihn vorerst konsolidieren. Ansonsten fallen wir unweigerlich in eine Schuldenfalle und schränken dadurch die Zukunftschancen unserer Nachkommen in unverantwortlicher Weise ein. Ein anderes Beispiel: Die Schweiz wird ihre internationalen Beziehungen weiter intensivieren und vertiefen müssen, wenn sie im Wettbewerb bestehen und ihre Spitzenstellung in verschiedenen Bereichen, wie etwa in der Forschung, in der Exportindustrie, bei den Finanzdienstleistungen oder im Bereich der neuen Technologien behaupten will.

Solche Tatsachen sind für manche unbequem. Aber verantwortungsvolle Politiker müssen solche Wahrheiten trotzdem aussprechen. Der Bundesrat wird es tun. Kann er auf Sie zählen?

Politik erschöpft sich allerdings nicht darin. Sie muss auch Hoffnung vermitteln können. Meine Hoffnung für die Schweiz ist einfach: ich glaube an den Fortschritt und daran, dass die morgige Realität besser sein kann als die heutige und dies für alle Bewohnerinnen und Bewohner unseres Landes. Hierfür kämpfe ich täglich zusammen mit meinen Bundesratskolleginnen und -kollegen, mit den Partnern in der Politik und mit dem Volk. Das Schicksal unseres Landes liegt in unseren eigenen Händen.

Meine Damen und Herren
Die Schweiz liegt Ihnen und mir am Herzen. Kämpfen wir gemeinsam für eine zukunftsfähige und lebenswerte Schweiz. Kämpfen wir für diese Werte, welche die Schweiz erfolgreich gemacht haben und die für unsere Zukunft eine zentrale – und wieder erfolgreiche - Rolle spielen werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.


Auteur

Secrétariat général DFI
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