1983 - Neujahrsansprache von Bundespräsident Pierre Aubert

1. Januar 1983 - Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Mitbürger in der Schweiz und im Ausland,

Liebe Ausländer in der Schweiz,

Beim Jahreswechsel haben wir oft das Gefühl, die Zeit halte für eine Weile den Atem an. In diesem ganz besonderen Augenblick halten auch wir inne und besinnen uns auf uns selbst. Aus dieser inneren Ruhe heraus ist ein neuer Anfang möglich, ein Aufbruch zu einem erfüllteren Leben, zu etwas mehr Glück. Dies wünsche ich ihnen allen von Herzen. lch denke hier besonders an die am meisten Benachteiligten unter uns: An die Kranken, die Invaliden und an die Betagten, aber auch an die zahlreichen Jugendlichen, die mit Angst in eine Zukunft blicken, in der es keine Hoffnung zu geben scheint. Ich denke vor allem auch an all jene, die ihren Arbeitsplatz verloren haben und die oft ohne Erfolg nach Arbeit suchen. Ich denke an alle, die im vergangenen Jahr einen lieben Menschen verloren haben, und an all jene, die am Arbeitsplatz oder sonst im täglichen Leben mit oft nicht überwindbaren Schwierigkeiten kämpfen müssen.

Ich hoffe, dass uns das Jahr 1983 nicht allzu viele Probleme bringt. Die internationale Wirtschaftslage steht nicht zum besten: Eine ganze Reihe von Ländern sind am Rande des Bankrotts. Viele andere - ich denke vor allem an Länder der Dritten Welt- haben noch immer nicht die Mittel, um ihre Bevölkerung zu ernähren, ihr auch nur die notwendigste medizinische Hilfe zu geben und ihre Jugend auszubilden. In den meisten westlichen Ländern hat die Arbeitslosigkeit ein bisher nicht erreichtes Ausmass angenommen, und es scheint, dass ganze Wirtschaftszweige verschwinden werden. Unserem Land ist es bei diesen grossen Erschütterungen im ganzen gesehen noch verhältnismässig gut gegangen. Aber einige unserer Regionen haben sie voll zu spüren bekommen und haben mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Viele unserer Mitbürger wissen nicht, wie es für sie weitergehen soll; zahlreiche ausländische Arbeitnehmer haben unser Land verlassen müssen und befinden sich heute in einer besonders schwierigen Lage.

Ich hoffe von ganzem Herzen, dass diese Entwicklung sich im neuen Jahr verbessern wird. Wir alle müssen dazu beitragen durch unsere Arbeit und die Behörden dadurch, dass sie die geeigneten Massnahmen treffen. Wir lassen unsere Mitbürger, die sich in Schwierigkeiten befinden, nicht im Stich. lch bin sicher, dass die Behörden der Gemeinden und Kantone sowie des Bundes ihnen die nötige Unterstützung geben werden.

Wir durchleben zwar schwere Zeiten, aber wir sind uns bewusst, dass unser Land im Laufe seiner Geschichte schon schwerere durchgemacht hat und dass unser Volk immer wieder die Kraft gefunden hat, sie zu überwinden. Noch nie hat es den Aufruf zur Solidarität mit den Bedürftigen in den Wind geschlagen, und ich hoffe, dass wir auch jetzt wieder bereit sind zu helfen, wo Hilfe not tut.

Möge das neue Jahr ein Jahr des Friedens werden. Sie hören und lesen jeden Tag, dass die gegenwärtige Lage der internationalen Politik nicht sehr ermutigend ist. Die Beziehungen zwischen 0st und West haben sich weiterhin verschlechtert, und mehrere internationale Konflikte dauern noch immer an. Wir haben das Glück, im Frieden zu leben. Unsere Beziehungen mit den anderen Staaten, den nahen und den entfernteren, sind gut. Möge sich der Friede, in welchem wir leben, auf den ganzen Erdkreis erstrecken. Wir unsererseits werden uns, soweit es in unserer Macht steht, auch in Zukunft für dieses Ziel einsetzen. Wir werden auch, wo immer wir können, für mehr Gerechtigkeit in der Welt kämpfen, für die Achtung der Menschenrechte und für das Recht jedes Menschen, in einer gerechten Welt leben zu können.

Mehr Solidarität in und ausserhalb unseres Landes, Frieden und gegenseitiges Verständnis unter allen Völkern, das sind meine persönlichen Wünsche und die Wünsche des Bundesrates heute, am ersten Tage des Neuen Jahres 1983.

Letzte Änderung 01.12.2015

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