Bundesrat regelt Einbezug der Wissenschaft in Krisen
Bern, 08.12.2023 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 8. Dezember 2023 einen Umsetzungsvorschlag für den Einbezug wissenschaftlicher Ad hoc-Beratungsgremien in Krisen gutgeheissen. Expertinnen und Experten werden von den grossen Wissenschaftsorganisationen der Schweiz gemeinsam vorgeschlagen. Wissenschaft und Bund haben zudem einen Kodex für die wissenschaftliche Politikberatung in Krisen erarbeitet.
Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, wissenschaftliche Expertise in das Krisenmanagement des Bundes frühzeitig einzubeziehen. Im Rahmen der Beantwortung der Postulate 20.3280 Michel und 20.3542 De Quattro hat der Bundesrat am 23. November 2022 entschieden, die Wissenschaft über Ad hoc-Gremien in Krisen einzubeziehen. An seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat einen entsprechenden Umsetzungsvorschlag gutgeheissen.
Enge Zusammenarbeit mit Wissenschaftsorganisationen
Der Umsetzungsvorschlag sieht vor, dass bei der Aktivierung einer überdepartementalen Krisenorganisation durch den Bundesrat geprüft wird, ob der Einbezug eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums sinnvoll ist. Falls dies zutrifft, schlagen die sechs grossen Wissenschaftsorganisationen der Schweiz – die Konferenz der Rektorinnen und Rektoren der schweizerischen Hochschulen (swissuniversities), der ETH-Rat, der Schweizerische Nationalfonds, die Akademien der Wissenschaften Schweiz, der Schweizerische Wissenschaftsrat und die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung Innosuisse – Expertinnen und Experten vor für die Mitwirkung in einem wissenschaftlichen Beratungsgremium. Dabei fungiert swissuniversities als Kontaktstelle zum Bund. Die vorgeschlagenen Expertinnen und Experten werden vor ihrer Teilnahme im Beratungsgremium durch den Bund bestätigt. Die Bundeskanzlei (BK) und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) unterzeichnen mit den sechs Wissenschaftsorganisationen eine Rahmenvereinbarung. Diese Vereinbarung wird heute unterschrieben. Die breite Abstützung durch die zentralen Wissenschaftsorganisationen der Schweiz ist entscheidend für die Effektivität, Glaubwürdigkeit und Legitimität eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums in einer Krise.
Kodex für Expertinnen und Experten des Beratungsgremiums
Die Wissenschaftsorganisationen haben gemeinsam mit dem Bund einen Kodex erarbeitet, der die Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Expertinnen und Experten festlegt. Gemäss diesem Kodex besteht deren Aufgabe darin, die politischen Entscheidungsträger über den aktuellen Wissensstand und die Unsicherheiten in ihrem Fachgebiet zu informieren. Zudem sollen sie Szenarien entwerfen, Handlungsoptionen skizzieren und die damit verbundenen Risiken und Chancen erläutern. Der Kodex hält auch fest, dass wissenschaftliche Erkenntnisse allein nicht ausreichen, um politische Entscheidungen zu treffen und zu begründen, da auch andere Aspekte, wie gesellschaftliche Werte und Interessen, berücksichtigt werden müssen. Gleichzeitig schreibt der Kodex vor, dass die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Beratung jederzeit gewährleistet ist.
In Bezug auf die öffentliche Kommunikation eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums legt der Kodex fest, dass grundsätzlich die Richtlinien der «Information und Kommunikation von Bundesrat und Bundesverwaltung - Leitbild der Konferenz der Informationsdienste (KID)» gelten. Die öffentliche Kommunikation des Beratungsgremiums erfolgt durch das Präsidium des Beratungsgremiums in Abstimmung mit der BK und dem federführenden Departement. Um Missverständnisse zu vermeiden, kommunizieren die Expertinnen und Experten in einer Krise in Absprache mit dem Präsidium des Beratungsgremiums.
Thematische Cluster zur Vorbereitung auf Krisen
Bereits im Vorfeld einer Krise bilden die Wissenschaftsorganisationen für gewisse krisenrelevante Themen sogenannte Cluster, damit Expertinnen und Experten schneller rekrutiert werden können. Diese thematischen Cluster bieten zudem die Chance, in normalen Zeiten den Austausch mit dem Bundesrat, der Bundesverwaltung und gegebenenfalls auch dem Parlament und den Kantonen in einzelnen Themenbereichen zu stärken. Für das Jahr 2024 hat der Bundesrat die Themen «Cybersicherheit», «öffentliche Gesundheit» und «Internationale Herausforderungen» für den Aufbau von Cluster vorgeschlagen.
Es ist zudem vorgesehen, dass das Bundesamt für Statistik (BFS) das wissenschaftliche Beratungsgremium in Krisenzeiten bei der Datenbeschaffung unterstützt. Vor der Einsetzung eines wissenschaftlichen Beratungsgremiums unterstützt die BK das federführende Departement bei einer allfälligen Koordination mit ausserparlamentarischen Kommissionen, welche in einer Krise ebenfalls eine Beratungsrolle einnehmen könnten. So sollen Doppelspurigkeiten vermieden werden.
Die vorliegende Umsetzung hat keine unmittelbaren finanziellen oder personellen Konsequenzen für den Bund. Im Krisenfall können jedoch die Arbeitgeber der Expertinnen und Experten für die Abberufung ihrer Expertinnen und Experten entschädigt werden.
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