Bundesrat lehnt Bundesbeitrag für tiefere Kinderbetreuungskosten der Eltern grundsätzlich ab

Bern, 15.02.2023 - Der Bundesrat will die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie fördern. Er lehnt aber einen Bundesbeitrag, mit dem die Kosten der Eltern für die familienergänzende Kinderbetreuung gesenkt werden sollen, grundsätzlich ab. Zum einen ist die familienergänzende Kinderbetreuung in der Kompetenz der Kantone und auch in der Verantwortlichkeit der Arbeitgeber, zum anderen erlaubt die angespannte finanzielle Situation des Bundes kein weiteres Engagement. Zudem würde dieser Bundesbeitrag bei anderen wichtigen Aufgaben des Bundes zu Einsparungen führen. Wenn das Parlament auf die Vorlage eintritt, müssen für den Bundesrat gewisse Bedingungen erfüllt sein, insbesondere eine stärkere finanzielle Beteiligung der Kantone. Finanzhilfen des Bundes an die Kantone für die Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der frühen Förderung von Kindern lehnt der Bundesrat klar ab. Die zuständige Kommission des Nationalrats hatte eine Gesetzesvorlage mit den genannten Förderinstrumenten ausgearbeitet, zu welcher der Bundesrat in seiner Sitzung vom 15. Februar 2023 seine Stellungnahme abgegeben hat. Das neue Gesetz soll das Impulsprogramm zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung ablösen, das Ende 2024 nach rund 22 Jahren ausläuft.

Die parlamentarische Initiative «Überführung der Anstossfinanzierung in eine zeitgemässe Lösung» (21.403) der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) verlangt, dass das bis Ende 2024 befristete Impulsprogramm des Bundes zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung durch eine neue, dauerhafte Form der Unterstützung abgelöst wird. Die WBK-N hat die Gesetzesvorlage im Dezember 2022 verabschiedet.

Kommissionsvorschläge für familienergänzende Kinderbetreuung und frühe Förderung von Kindern

Das Ziel der Vorlage ist es, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder Ausbildung zu fördern und für Kinder im Vorschulalter die Chancengerechtigkeit zu verbessern. Gemäss Kommissionsentwurf soll sich der Bund künftig dauerhaft an den Kosten der Eltern für die institutionelle familienergänzende Kinderbetreuung beteiligen. Für jedes Kind soll von der Geburt bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit ein Rechtsanspruch auf einen Bundesbeitrag bestehen, sofern es institutionell familienergänzend betreut wird. Der Bundesbeitrag würde sich während der ersten vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes auf 20 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines familienergänzenden Betreuungsplatzes belaufen. Danach würde der Bundesrat als Anreiz den Bundesbeitrag pro Kanton in Abhängigkeit von dessen finanziellem Engagement für die familienergänzende Kinderbetreuung festlegen. Gemäss Vorlage würden sich die Kosten des Bundes im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes auf rund 710 Millionen Franken belaufen. Zum anderen könnte der Bund, ebenfalls als Förderanreiz, den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Finanzhilfen zur Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung und für die Weiterentwicklung ihrer Politik der frühen Förderung von Kindern gewähren. Für die erste vierjährige Vertragsperiode beantragt die WBK-N dafür einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 224 Millionen Franken.

Für ein reduziertes, vereinfachtes System mit tieferen Kosten

Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass die familienergänzende Kinderbetreuung weiterhin gefördert werden müsse und dass die öffentliche Hand die Eltern finanziell stärker entlasten soll. Er lehnt aber einen Bundesbeitrag, mit dem die Kosten der Eltern für die familienergänzende Kinderbetreuung gesenkt werden sollen, grundsätzlich ab. Zum einen ist die familienergänzende Kinderbetreuung in der Kompetenz der Kantone und auch in der Verantwortlichkeit der Arbeitgeber, zum anderen erlaubt die angespannte finanzielle Situation des Bundes kein weiteres Engagement. Zudem würde dieser Bundesbeitrag bei anderen wichtigen Aufgaben des Bundes zu Einsparungen führen. Wenn das Parlament auf die Vorlage eintritt, müssen für den Bundesrat gewisse Bedingungen erfüllt sein, insbesondere eine stärkere finanzielle Beteiligung der Kantone.

Der Bundesrat würde sich in diesem Fall für einen Bundesbeitrag in der Höhe von maximal 10 statt 20 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines familienergänzenden Betreuungsplatzes aussprechen. Ein Bundesbeitrag in der Höhe von 10 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines familienergänzenden Betreuungsplatzes würde zu Kosten von rund 360 Millionen Franken im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes führen. Da in erster Linie die Kantone und Gemeinden für die familienergänzende Kinderbetreuung zuständig sind, erachtet der Bundesrat eine namhafte finanzielle Beteiligung der Kantone an der Finanzierung des Bundesbeitrags als angezeigt. Er schlägt eine Gegenfinanzierung mittels einer Senkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer um 0.7 Prozentpunkte vor. Dies würde zu Mehreinnahmen des Bundes von rund 200 Millionen Franken jährlich führen, wodurch sich die Nettobelastung des Bundes im Einführungsjahr noch auf 160 Millionen Franken belaufen würde. Steigt die Nettobelastung des Bundes auf über 200 Millionen, soll die Gegenfinanzierung durch die Kantone durch eine weitere Senkung des Kantonalanteils einmalig angepasst werden. Diese Form der Gegenfinanzierung ist nach Auffassung des Bundesrates auch deshalb gerechtfertigt, weil die Kantone mit einem bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangebot von Standortvorteilen profitieren.

Der Bundesrat befürwortet einen gleichbleibenden Prozentsatz und einen einheitlichen Bundesbeitrag in der ganzen Schweiz, damit alle Eltern unabhängig von ihrem Wohnkanton gleichbehandelt werden. Zudem hegt er Zweifel an der Wirksamkeit des für die Kantone vorgesehenen Anreiz-Systems. Der Bundesrat vertritt im Weiteren die Ansicht, dass der Bundesbeitrag nur jenen Eltern gewährt werden soll, die einer Erwerbstätigkeit ausüben oder eine Ausbildung absolvieren, und die ihre Kinder aus diesen Gründen nicht selber betreuen können. Diese Anspruchsvoraussetzung entspricht den Zielsetzungen der Vorlage: Sie soll zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels beitragen. Schliesslich beantragt der Bundesrat, den Bundesbeitrag nur bis zum Ende der Primarstufe (8P Harmos) auszurichten, so dass die Eltern gezielt in der Phase entlastet werden, in der sie besonders hohe Betreuungskosten tragen.

Gegen Programmvereinbarungen

Der Bundesrat ruft in Erinnerung, dass in erster Linie die Kantone und Gemeinden für die familienergänzende Kinderbetreuung und die frühe Förderung von Kindern verantwortlich sind. Deshalb lehnt er es ab, dass sich der Bund zur Hälfte an den kantonalen Kosten für die Weiterentwicklung der familienergänzenden Kinderbetreuung und der frühen Förderung von Kindern beteiligt, so wie es die WBK-N mit den Programmvereinbarungen vorsah. Er fordert die Kantone und Gemeinden auf, ihre Verantwortung ebenfalls wahrzunehmen, und so rasch als möglich ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot bereitzustellen.

Der Bund hat die Kantone in den vergangenen Jahrzehnten über das Impulsprogramm zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung und mit Beiträgen an die kantonalen Programme zum Aufbau und zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik unterstützt. Das 2003 geschaffene Impulsprogramm läuft Ende 2024 aus.


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