IV: Verbesserungen für Kinder, Jugendliche und Menschen mit psychischen Problemen

Bern, 15.02.2017 - Der Invalidisierung vorbeugen und die Eingliederung verstärken – diese Ziele verfolgt der Bundesrat mit der «Weiterentwicklung der Invalidenversicherung» für Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Er hat an seiner Sitzung vom 15. Februar 2017 die Botschaft für die Gesetzesrevision verabschiedet. Im Zentrum steht eine intensivere Begleitung der Betroffenen. Die Vorlage ersetzt zudem das heutige Rentenmodell mit Schwellen durch ein stufenloses System.

Die IV hat sich erfolgreich von einer Renten- zu einer Eingliederungsversicherung gewandelt. Dies zeigen die Evaluationen der IV-Revisionen der letzten zwölf Jahre. Der Rentenbestand ist rascher als erwartet gesunken. Die Evaluationen zeigen aber auch: Bei den Kindern, den Jugendlichen sowie den Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sind weitere Massnahmen nötig, um die Invalidität zu vermeiden und die Eingliederung zu fördern.

Kinder mit Geburtsgebrechen: engere Begleitung und gezieltere Steuerung

Kindern und Jugendlichen finanziert die IV die medizinischen Behandlungen von bestimmten Geburtsgebrechen. Künftig will die IV die Kinder und ihre Familien enger begleiten. Die medizinischen Behandlungen werden zur Unterstützung der späteren Eingliederung verstärkt mit anderen Leistungen der IV koordiniert, und die Kosten werden intensiver kontrolliert. Die Liste der Geburtsgebrechen wird überarbeitet. Dabei ist vorgesehen, gewisse seltene Krankheiten aufzunehmen. Die Behandlung einzelner weniger schwerer Krankheiten dagegen soll künftig von der Krankenversicherung statt der IV übernommen werden.

Jugendliche: Übergang ins Erwerbsleben gezielt unterstützen

Junge Menschen sollen nicht als Rentner oder Rentnerin ins Erwachsenenleben starten. Im Gesetz wird verankert, dass eine Rente erst zugesprochen wird, wenn alle Massnahmen zur Eingliederung ausgeschöpft worden sind. Die IV schafft Instrumente, um Jugendliche mit psychischen oder anderen Beeinträchtigungen im Übergang von der Volksschule zur ersten beruflichen Ausbildung zu unterstützen. Die Beratung und Begleitung von jungen Versicherten wie auch von Fachpersonen aus Schule und Ausbildung wird ausgebaut und verstärkt. Die bei Erwachsenen bewährten Instrumente der Früherfassung und der sozialberuflichen Integrationsmassnahmen werden künftig auf Jugendliche ausgeweitet.

Die IV kann zudem die kantonalen Brückenangebote zur Vorbereitung auf die erste Berufsausbildung sowie das kantonale Case-Management Berufsbildung mitfinanzieren. Die erstmaligen beruflichen Ausbildungen sollen wenn immer möglich im ersten Arbeitsmarkt stattfinden. Neu erhalten die Lernenden statt eines Taggelds der IV einen Lohn von den Arbeitgebenden, der jenem von Lernenden ohne Gesundheitseinschränkungen entspricht. Der Anreiz zur Erwerbstätigkeit wird dadurch gesteigert, der Anreiz zum Leben mit Rente vermindert. Junge Menschen in der beruflichen Eingliederung haben zudem fünf Jahre länger, bis zum 25. Altersjahr, Anspruch auf medizinische Massnahmen.

Psychisch Beeinträchtigte: Beratung und Begleitung ausbauen

Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen brauchen spezifische Unterstützung, damit sie im Arbeitsleben verbleiben oder Eingliederungsmassnahmen erfolgreich abschliessen können. Daher werden sie noch früher erfasst sowie frühzeitig und über die Eingliederung hinaus von der IV begleitet und beraten. Neu wird ein Personalverleih eingeführt. Arbeitgebende können damit ohne finanzielles Risiko potenzielle Angestellte kennenlernen. Die sozialberuflichen Integrationsmassnahmen werden zeitlich ausgedehnt und können den individuellen Bedürfnissen besser angepasst werden. Um die Vermittlungschancen nach Wegfall der Invalidenrente zu erhöhen, wird die mögliche Bezugsdauer für Taggelder der Arbeitslosenversicherung auf 180 Tage verdoppelt.

IV arbeitet verstärkt mit Arbeitgebenden und Ärzten zusammen

Unterstützt werden diese Massnahmen durch eine bessere Zusammenarbeit. Arbeitgebende werden von der IV länger beraten und begleitet, und ihr Risiko bei Unfällen und Schäden wird mit klar geregeltem Versicherungsschutz gesenkt. Ärztinnen und Ärzte werden von der IV besser über die Schritte informiert, die für ihre Patienten und Patientinnen vorgesehen sind.

Stufenloses Rentensystem ist gerechter und erhöht Anreiz zur Erwerbstätigkeit

Damit der Anreiz besteht, die Erwerbstätigkeit zu erhöhen, soll für Neurenten ein stufenloses System eingeführt werden. Im heutigen Rentensystem mit vier Stufen ist es für viele IV-Rentnerinnen und -Rentner nicht attraktiv, mehr zu arbeiten, weil sich wegen Schwelleneffekten ihr verfügbares Einkommen nicht erhöht. Wie schon heute wird ab einem IV-Grad von 70 Prozent eine ganze Rente zugesprochen. Bereits laufende Renten werden dann nach dem neuen System berechnet, wenn sich bei einer Revision der Invaliditätsgrad um mindestens 5 Prozentpunkte ändert, und wenn die versicherte Person bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung noch nicht 60 Jahre alt ist. Rentnerinnen und Rentner unter 30 Jahren werden innerhalb von 10 Jahren ins stufenlose System überführt.

In der Vernehmlassung hat die Mehrheit die Vorlage vollumfänglich oder eher unterstützt, die vorgesehenen Verbesserungen sind grösstenteils unverändert in die Botschaft übernommen worden. Eine Mehrheit der Kantone, der Parteien und der Wirtschaftsverbände haben zusätzliche Kosteneinsparungen verlangt. Der Bundesrat will die Weiterentwicklung der IV kostenneutral ausgestalten, da die IV bis ungefähr 2030 schuldenfrei sein dürfte. Mit der Weiterentwicklung investiert die IV zielgerichtet in die Eingliederung. Die Mehrkosten werden durch Einsparungen insbesondere beim Taggeld kompensiert. Längerfristig wird durch die verstärkte Eingliederung eine Entlastung des IV-Finanzhaushalts erwartet.


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