Versorgung sichern – Wo stehen wir?

Bern, 18.01.2024 - Rede von Bundesrat Albert Rösti am VSE Stromkongress vom 18. Januar 2024 in Bern

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren,

Mesdames et Messieurs,

Vielen Dank für die Einladung. Ich bin gerne gekommen.

Vor einem Jahr war ich auch schon bei Ihnen am Stromkongress, es war einer meiner ersten Auftritte als Bundesrat. Ich habe damals gesagt, es sei müssig, darüber zu diskutieren, wer verantwortlich sei für unsere Energieversorgung. Vor einem Jahr habe ich an Ihrem Anlass gesagt: Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft. Und ich sage das auch heute. Meine Erwartungen sind, meine Damen und Herren, dass Sie vor allem investieren in eine höhere Stromproduktion.

Ich masse mir nicht an, Ihnen zu sagen, wie es funktionieren soll. Aber ich möchte Ihnen sagen, was die nächsten politischen Schritte sein werden, was wir im vergangenen Jahr alles gemacht haben und welche wichtigen Geschäfte unterwegs sind. Und ich möchte Ihnen darlegen, wie der Bund die Lage einschätzt.

Les défis dans le domaine de l’énergie sont immenses. Pour les maîtriser, nous devons joindre nos forces, travailler ensemble. Nous ne résoudrons pas tout du jour au lendemain. C’est pourquoi la Confédération a pris des mesures à court, à moyen et à long terme.

Die gute Nachricht ist: Dank verschiedenen Massnahmen ist die Lage bezüglich Stromversorgung etwas entspannter als auch schon.

Wir müssen uns aber bewusst sein, dass die Situation nach wie vor unsicher werden kann. Ich will niemandem Angst machen, aber Entspannung wäre die falsche Reaktion. Die Auswirkungen des Ukrainekriegs spüren wir weiterhin.

Ich hatte diese Woche am WEF in Davos einen guten Austausch mit dem deutschen Vizebundeskanzler Robert Habeck. Wir sind auf gutem Weg für ein trilaterales Gassolidaritätsabkommen. Das ist eine positive Botschaft für uns. Zu einer noch besseren Flexibilität würde ein Stromabkommen beitragen. Wie lange die Verhandlungen zu diesem Abkommen dauern, ist schwer abschätzbar.

Der Bund hat deshalb kurzfristige Massnahmen ergriffen, um eine Gas- oder Strommangellage zu verhindern.

Seit Winter 2022/2023 bildet die Schweiz eine Wasserreserve. Für die letzten zwei Winter wurde sie ausgeschrieben. Ab 2025 wird es ein Pflichtlagermodell geben. Das heisst, die grossen Stauseen müssen einen Anteil ihres Wassers als Reserve zurückhalten und werden dafür entschädigt. So hat es das Parlament im Mantelerlass beschlossen.

Mit Birr, Cornaux und Monthey haben wir Reservekraftwerke mit einer Leistung von 336 Megawatt. Diese sind bis Ende Winter 2025/2026 unter Vertrag. Deshalb wird der Bundesrat im Frühjahr 2024 dem Parlament die Vorlage Stromreserve unterbreiten, um neue Reservekraftwerke ausschreiben und unter Vertrag nehmen zu können.

Zusätzlich haben wir 136 Megawatt gepoolte Notstromgruppen unter Vertrag. Für über 50 Megawatt sind die Verträge aufgesetzt. Zu weiteren 86 Megawatt sind wir in intensiven Gesprächen. Gesamthaft kämen wir damit auf gut über 200 Megawatt gepoolte Notstromgruppen.

Um die Versorgungssicherheit im Gasbereich sicherzustellen, hat der Bund die Branche beauftragt, Gasreserven in europäischen Speicher zu kaufen oder entsprechende Optionen zu zeichnen. Mit der Deklaration mit Italien hat der Bund diese Optionen abgesichert. Zudem steht das Solidaritätsabkommen Gas zwischen Deutschland und Italien vor dem Abschluss. Die Schweiz wird Teil dieses Abkommens sein.

Im 2022 haben Bundesrat und Parlament den Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmen aufgespannt. Es geht darum zu verhindern, dass diesen Stromunternehmen der Konkurs droht und damit die Versorgungssicherheit der Schweiz gefährdet wird, falls sie einen Liquiditätsengpass haben. Es war richtig, sich darauf vorzubereiten: Der Axpo musste der Bund im September 2022 mit einem Kreditrahmen unter die Arme greifen. Die Axpo hat das Darlehen nicht beansprucht und der Bund hat den Kreditrahmen im Dezember 2023 auf Antrag der Axpo aufgehoben.

Der Rettungsschirm ist befristet bis 2026. Damit der Bund in Zukunft nicht mehr einspringen muss, haben wir drei Vorlagen geplant.

Mit dem Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten (BATE) schaffen wir mehr Transparenz und verbessern die Aufsicht, um für die Versorgungssicherheit kritische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Zudem soll die Ausnützung und Weitergabe von Insiderinformationen sowie Marktmanipulationen verhindert werden.

Mit einer Revision des Stromversorgungsgesetz wollen wir sicherstellen, dass die systemkritischen Unternehmen über angemessene Organisationsstrukturen sowie genügend Eigenkapital und Liquidität verfügen, damit der Staat in Zukunft nicht mehr einspringen muss.

Mit einer dritten Botschaft nehmen wir uns dem Business Continuity Management (BCM) an. Es geht darum sicherzustellen, dass die Energieversorgung der Schweiz auch dann sichergestellt ist, wenn eine Betreiberin systemkritischer Kraftwerke Konkurs geht.

Auch mittelfristig ergreift der Bund Massnahmen, um die Stromversorgung zu stärken. Wir möchten künftig verstärkt auf die inländische Stromversorgung setzen und haben dazu eine Vorlage zur sicheren Stromversorgung erarbeitet. Ihnen hier im Saal danke ich für die Unterstützung. Das Parlament hat den Mantelerlass fast einstimmig angenommen.

Ein Referendum gegen diesen Erlass wurde eingereicht. Wir werden in der Kampagne zeigen, dass es um die Sicherung unserer Stromversorgung geht. Der Mantelerlass erlaubt es, die Landschaft zu schützen und gleichzeitig unsere Stromversorgung zu sichern. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es am Ende aber die Bevölkerung vor Ort ist, die über solche Projekte entscheidet und diese auch mittragen muss.

Mit dem Mantelerlass orientieren wir uns an den mittelfristigen Zielen. Bis 2035 wollen wir 35 Terawatt aus erneuerbaren Energien produzieren. Bis 2050 sollen es 45 Terawatt sein.

Der Löwenanteil davon wird durch Photovoltaikanlagen auf Dächern und an Fassaden sowie an Infrastrukturbauten realisiert werden. Deshalb wird die Förderung dafür weitergeführt. Hier besteht ein sehr grosses Potential, das rasch realisiert werden kann. Zudem sind Photovoltaikanlagen auf Dächern in der Bevölkerung kaum umstritten.

Weiter enthält der Mantelerlass 16 Wasserkraftprojekte. Damit sollen 2 Terawattstunden zusätzlicher Winterstrom realisiert werden.

Die Kantone werden im Richtplan geeignete Gebiete bestimmen. Dort haben Solar- und Windanlagen grundsätzlich Vorrang. Die Energieproduktion wird sich also auf diese geeigneten Gebiete konzentrieren. Und damit wird Natur und Landschaft im restlichen Gebiet geschont. Wir wollen nicht das ganze Land zupflastern und mit dem Mantelerlass tragen wir genau dem Rechnung. Es gibt wichtige Schutzflächen, in denen nichts gebaut werden kann.

Bereits in Umsetzung ist der Solarexpress. Damit sollen zusätzlich 2 Terawattstunden aus alpinen Solaranlagen entstehen. Solche Anlagen profitieren von vereinfachten Bedingungen und einer Einmalvergütung in der Höhe von 60 Prozent der Investitionskosten. Bedingung ist, dass sie bis Ende 2025 mindestens teilweise Elektrizität ins Stromnetz einspeisen.

Am 1. Februar tritt der Windexpress in Kraft. Damit werden die Bewilligungsverfahren für Windenergieanalgen von nationalem Interesse beschleunigt. Mit diesen Bestimmungen soll eine zusätzliche Leistung von 600 Megawatt zugebaut werden.

Das Parlament berät aktuell den Beschleunigungserlass. Es geht darum, Bewilligungsverfahren und Rechtsmittelverfahren für grosse Anlagen von nationaler Bedeutung zu straffen. Für Windkraft- und Solaranlagen sollen die Kantone ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren vorsehen. Zudem: Wind-, Wasser- und Solaranlagen die in dafür vorgesehenen Eignungsgebieten geplant werden, benötigen keine projektbezogene Festsetzung im Richtplan mehr. Weiter werden die Rechtsmittelverfahren gekürzt.

Im 1. Quartal 2024 werden wir eine Vorlage in die Vernehmlassung schicken, bei der wir den Aus- und Umbau der Netze beschleunigen wollen.

Beim Ersatz oder der Sanierung bestehender Leitungen auf bestehendem Trassee kann auf ein Sachplanverfahren verzichtet werden.

Es soll gesetzliche Vorgaben zur Technologiewahl zwischen Freileitung und Kabel geben.

Für Niederspannungsverteilnetze in Bauzonen soll auf eine Plangenehmigung verzichtet werden. Wir optimieren und beschleunigen die bundesinternen Verfahrens- und Bereinigungsprozesse.

Wenn es um die langfristige Stromversorgung geht, müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden: Ständerat Burkardt fordert mit einem Postulat, dass der Bund klärt, wie die Schweizer Kernkraftwerke möglichst sicher und möglichst lange weiterproduzieren können. Der Bund empfiehlt dieses Postulat zur Annahme. Es ist in unserem Interesse, dass diese Stromproduktion nicht von einem Tag auf dem anderen wegfällt.

Langfristig bin ich technologieoffen. Damit wir 2050, 2060, 2070 – also in 25, 35, 45 Jahren mit den Technologien Strom produzieren, die dann am besten geeignet sind.

Sie sehen: Es läuft viel. Ich habe eingangs gesagt, es ist eine gemeinsame Herausforderung. Der Bund hat viel aufgegleist, um gute Rahmenbedingungen für den Ausbau zu schaffen. Bei der Planung und Umsetzung der Projekte sind Sie, die Stromunternehmen gefordert. Ich zähle auf Ihr Engagement, damit wir gemeinsam eine sichere Energieversorgung für unser Land erreichen.

Vous voyez, ça bouge! Au début de mon intervention, j’ai parlé de défi commun. La Confédération a tout entrepris pour créer de bonnes condition-cadres pour développer notre approvisionnement. Pour la planification et la mise en œuvre des projets, c’est aux entreprises d’électricité de jouer. Je compte sur votre engagement pour qu’ensemble nous parvenions à un approvisionnement énergétique sûr pour notre pays.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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