«Wir wollen die Sicherheit der Bevölkerung in der Schweiz wahren, und dies nachhaltig.»

Bern, 09.11.2023 - Ansprache von Bundesrätin Viola Amherd, Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), anlässlich der Bevölkerungsschutzkonferenz BSK23 in Biel, Donnerstag, 9. November 2023.

Es gilt das gesprochene Wort

Geschätzter Herr Regierungspräsident
Sehr geehrte Direktorin des BABS, liebe Michaela
Sehr geehrte Damen und Herren

Je me réjouis d’aborder avec vous aujourd’hui les enseignements pour la protection de la population que l’on peut tirer du conflit en Ukraine.

La guerre d’agression russe contre l’Ukraine marque un tournant pour la politique de sécurité.

Nous avons désormais la triste certitude que même au 21e siècle des agresseurs sont prêts en Europe à recourir à la violence pour imposer leurs revendications territoriales ou leur vision du monde.

Das brutale Vorgehen Russlands und seine Missachtung des Völkerrechts haben unser Sicherheitsgefühl in Europa und in der Schweiz erschüttert.

Es führt uns die Notwendigkeit vor Augen, die Fähigkeiten unserer sicherheitspolitischen Grundpfeiler neu auszurichten.

Mit der Erhöhung des Armeebudgets und der Gründung des neuen Staatssekretariats für Sicherheitspolitik haben wir bereits wichtige Schritte unternommen.

Eine weitere Priorität setzen wir bei den Fähigkeiten des Bevölkerungsschutzes, die wir überprüfen und stärken wollen.

In den letzten Jahrzehnten – nach dem Kalten Krieg – wurde der Bevölkerungsschutz umgebildet, weg von Kriegsszenarien und hin zu Risiken wie Naturgefahren, Versorgungsengpässen im Energiebereich, dem Ausfall des Mobilfunks sowie der Pandemie.

Nun gilt es, im Lichte der Verschlechterung der Sicherheitslage und der Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine, einen kritischen Blick auf unsere Vorkehrungen zu werfen.

Seit 2014, und insbesondere seit dem russischen Angriff 2022, hat die Ukraine massive Zerstörungen ihrer zivilen Infrastrukturen erfahren.

Sie prägen nicht nur die physische Gestalt des Landes, sondern auch das Leben seiner Bürgerinnen und Bürger.

In Hinsicht auf den Schweizer Bevölkerungsschutz wirft die ukrainische Realität Fragen auf wie:

-    Sind die Infrastruktur und die Ausrüstung der Schweiz zuverlässig? Entsprechen sie den heutigen Bedrohungen?
-    Kennt die Bevölkerung die Instrumente, die sie im Notfall nutzen kann?
-    Ist unser Bevölkerungsschutz agil? Können sich alle zuständigen Stellen im Ereignisfall schnell auf die vorliegenden Szenarien ausrichten?

Die heutige Konferenz bietet einerseits die Möglichkeit, die Bilanz von Expertinnen und Experten sowie Erstbetroffenen zu hören und andererseits, den Antworten auf solche Fragen näher zu kommen.

In anderen Bereichen herrscht bereits Klarheit darüber, was zu tun ist, und wir haben die Arbeiten an die Hand genommen.

Erstens gibt es dringenden Handlungsbedarf bei der Alimentierung des Zivilschutzes.

Zurzeit sind wir daran, kurzfristige Massnahmen auszuarbeiten.

Zur langfristigen Sicherstellung des Bestands von Armee und Zivilschutz prüft der Bundesrat aktuell zwei alternative Dienstpflichtvarianten.

Es sind diese eine Sicherheitsdienstpflicht und eine bedarfsorientierte Dienstpflicht.

Die Sicherheitsdienstpflicht sieht die Zusammenlegung des Zivildienstes und des Zivilschutzes zu einem Katastrophenschutz vor, der die Aufgaben von Zivilschutz und Zivildienst übernimmt.

Dadurch könnte die personelle Alimentierung des Zivilschutzes sichergestellt werden.

Die bedarfsorientierte Dienstpflicht sieht eine Ausdehnung der Dienstpflicht auf Frauen vor.

Es würden jedoch nur so viele Personen rekrutiert, wie für die Alimentierung der Bestände tatsächlich gebraucht werden, nämlich rund die Hälfte aller weiblichen und männlichen Stellungspflichtigen.

Der Bundesrat hat das VBS beauftragt, die beiden Varianten bis Ende 2024 zu vertiefen.

Zweitens wollen wir das Alarmierungssystem in der Schweiz überprüfen.

Dieses steht vor Herausforderungen wie der Frage des zukünftigen Unterhalts des Sirenenparks, der geplanten Abschaltung von UKW im Radiobereich und der Frage der Einführung von Cellbroadcast.

Auch die digitale Transformation schreitet voran, was Risiken in Bezug auf die Ausfall- und Cybersicherheit birgt.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz überprüft deshalb die Alarmierungs- und Informationskanäle und entwickelt bis Ende des Jahres eine Strategie zur Weiterentwicklung.

Dabei sollen geeignete Kanäle für verschiedene Szenarien sichergestellt werden.

Drittens wollen wir die internationale Kooperation im Bevölkerungsschutz intensivieren. Besonders mit unseren Nachbarländern ist sie bereits langjährige Praxis.

Es gibt auch schon Formen der Zusammenarbeit mit der EU und der NATO. Diese sind in Bereichen wie Krisenmanagement und Resilienz – vom Schutz kritischer Infrastrukturen über Lieferketten bis hin zum Katastrophenschutz – aktiv.

Wenn wir die Zusammenarbeit weiter ausbauen, kann der Schweizer Bevölkerungsschutz von Forschung, Fachwissen, Ausbildung, Übungen, Einsätzen und dem Expertennetzwerk profitieren.

Angesichts dieser Vorteile hat das Parlament Ende September den Bundesrat damit beauftragt, den Beitritt zum EU-Katastrophenschutzverfahren zu beantragen.

Das Unionsverfahren für den Katastrophenschutz ermöglicht eine multilaterale Zusammenarbeit beim Einsatz, bei der Vorbereitung und bei der Bewältigung sowie bei der Aufarbeitung von Ereignissen.

Es ist unsere klare Absicht, dies möglichst bald umsetzen zu können.

Viertens zeigt der Krieg in der Ukraine, dass kritische Infrastrukturen ein prioritäres Angriffsziel darstellen und deshalb geschützt werden müssen.

Die Schweiz verfügt in diesem Bereich seit 2012 über eine nationale Strategie. Im Juni dieses Jahres hat der Bundesrat diese aktualisiert.

Unter anderem führen das BABS und die Kantone ein Inventar von Bauten und Anlagen, die strategisch besonders wichtig sind.

Die Partner im Bevölkerungsschutz und die Armee erarbeiten zudem vorsorgliche Einsatzplanungen, um die wichtigsten Objekte beispielsweise auch bei einem bewaffneten Konflikt möglichst gut zu schützen.

Gefordert sind hier auch die Betreiber und die zuständigen Fachämter, die sicherstellen müssen, dass die Infrastrukturen möglichst resilient sind.

Liebe Anwesende

Die neue Ausrichtung und die Stärkung der Fähigkeiten des Bevölkerungsschutzes werden erhebliche finanzielle Mittel benötigen. Hier werden sowohl Bund als auch Kantone gefordert sein.

Das gilt auch für die Zusammenarbeit im Ganzen:

Für eine sichere und resiliente Schweiz müssen wir auf allen Stufen in die gleiche Richtung gehen. Besonders in einem föderalistischen Umfeld wie dem unseren braucht es die Mitarbeit und das Engagement jeder einzelnen Stelle.

Die heutige Konferenz ist eine günstige Gelegenheit, eine Diskussion zwischen allen betroffenen Partnern zu führen.

Das Ziel, das wir verfolgen, ist ein gemeinsames: Wir wollen die Sicherheit der Bevölkerung in der Schweiz wahren, und dies nachhaltig.

Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit und Ihren Einsatz.


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VBS Kommunikation
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