Missionsorientierte Forschung und Innovation in der Schweiz – eine Publikation des Schweizerischen Wissenschaftsrates SWR

Bern, 24.10.2023 - Mit dem vorliegenden Bericht gibt der Schweizerische Wissenschaftsrat SWR erstmals einen Überblick über missionsorientierte Forschung und Innovation in der Schweiz. In den letzten Jahren hat dieses Thema an Bedeutung gewonnen. Der Klimawandel, die Covid-19-Pandemie und wachsende Spannungen in der Weltpolitik haben zu missionsorientierten Initiativen wie dem europäischen Green Deal oder dem US Inflation Reduction Act geführt.

Die Schweizer Forschungs- und Innovationspolitik ist traditionell stark auf Bottom-up-Prozesse ausgerichtet, was zu vielen bahnbrechenden Entwicklungen und Technologien geführt hat. Die hiesige Privatwirtschaft hat es immer wieder geschafft, auf herausfordernde Umbrüche mit eigenen Initiativen zu reagieren, wenn nötig mit Unterstützung durch den Staat. Trotzdem stellt sich die Frage nach einer stärkeren Missionsorientierung heute auch für die Schweiz. Neben den globalen Herausforderungen spielt dabei der beschränkte Zugang zu den europäischen Rahmenprogrammen für Forschung und Innovation eine wichtige Rolle.

Dies bedeutet nicht, dass es in der Schweiz nicht bereits missionsorientierte Instrumente gäbe. Der Bericht beschreibt, dass Förderorganisationen wie der Schweizerische Nationalfonds (SNF), Innosuisse und auch der Bund selbst (über die Ressortforschung) verschiedene Förderinstrumente implementiert haben, mit denen vordefinierte Themen bearbeitet werden können. Die vom SWR durchgeführten Interviews mit verschiedenen Expertinnen und Experten zeigten jedoch Defizite in der Koordination auf. Dies führt zu Überschneidungen in der Projektförderung und zu einer ineffizienten Nutzung der Ressourcen. Der Rat empfiehlt daher, die Themensetzung und die Koordination missionsorientierter Aktivitäten durch Förderorganisationen, Ressortforschung und andere Akteure zu verbessern. In diesem Zusammenhang sollten die Rolle und das Engagement des Interdepartementalen Koordinationsausschusses für die Forschung des Bundes (KoorA-RF) gestärkt werden.

Der Bericht geht ferner auf ein spezifisches Förderinstrument ein, das in der Schweiz bisher noch nicht eingeführt wurde: den ARPA-Ansatz. Dieses aus der US-amerikanischen Rüstungsforschung stammende Konzept verspricht bahnbrechende und missionsorientierte technologische Entwicklungen, die in kurzer Zeit realisiert werden können. Es ist daher nicht verwunderlich, dass verschiedene Länder versucht haben, eigene ARPA-Agenturen zu schaffen. Die erfolgreiche Umsetzung hängt jedoch massgeblich davon ab, dass hochqualifizierte Programmmanager gefunden werden. Sie müssen bereit sein, ihre Positionen in der Industrie oder in der akademischen Forschung für eine bestimmte Zeit aufzugeben, um für ein ARPA-Programm zu arbeiten. Darüber hinaus müssen sie angemessen entlohnt werden.

Neben den Gesprächen mit Expertinnen und Experten aus der Schweiz hatte der SWR auch die Gelegenheit, sich mit hochrangigen Vertretern zweier ARPA-Agenturen auszutauschen. Dazu gehören die Direktorin von ARPA-Energy, Evelyn N. Wang und die Präsidentin und CEO von Wellcome Leap, Regina E. Dugan (Letztere ist die vormalige Direktorin von DARPA). Auf der Grundlage dieses Austauschs sowie interner Diskussionen empfiehlt der SWR, ein ARPA-Pilotprojekt bei der Schweizer Innovationsagentur Innosuisse durchzuführen. Die Ausgestaltung würde in Zusammenarbeit mit dem SNF, der Ressortforschung, dem ETH-Bereich und den Hochschulen festgelegt. Potenzielle Kunden – z.B. staatliche Stellen mit dringenden technologischen Bedürfnissen – sollten ebenfalls einbezogen werden.

Der SWR ist überzeugt, dass das auf Exzellenz ausgerichtete und von unten geprägte Schweizer Erfolgsmodell beibehalten werden soll. Gleichzeitig ist der Rat der Meinung, dass die heutigen Herausforderungen Verbesserungen und neue Akzente für missionsorientierte Forschung und Innovation in der Schweiz erfordern.



Schweizerischer Wissenschaftsrat SWR (2023). Missionsorientierte Forschung und Innovation in der Schweiz. Analyse und Empfehlungen des Schweizerischen Wissenschaftsrates SWR. SWR Schrift 1/2023.

Der Bericht liegt in englischer Sprache vor, mit deutscher und französischer Zusammenfassung.


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