Der Bundesrat fördert Generika und Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln

Bern, 22.09.2023 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 22. September 2023 die Revision der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV), der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) und der Arzneimittelverordnung (VAM) verabschiedet. Diese Revisionen erlauben einen rascheren Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln und verbessern die Gleichbehandlung der Patientinnen und Patienten. Zudem wird der Verkauf von Generika und Biosimilars gefördert. Das Einsparpotenzial dieser Massnahmen wird auf rund 250 Millionen Franken jährlich geschätzt. Die revidierten Verordnungen treten am 1. Januar 2024 in Kraft.

Die Verordnungsrevisionen betreffen drei Massnahmenpakete: die Einzelfallvergütung von Arzneimitteln, die Förderung von Generika und Biosimilars sowie die Optimierung der Prozesse.

Massnahmen zur Einzelfallvergütung
Die Einzelfallvergütung ist eine Ausnahmeregelung, die einen möglichst raschen Zugang zu dringend benötigten Arzneimitteln ermöglicht, die nicht in der Spezialitätenliste aufgeführt sind. Bei der Einzelfallvergütung entscheiden die Krankenversicherer, ob sie die Kosten eines Arzneimittels übernehmen. Aktuell basiert der Entscheid auf der Bewertung des Nutzens eines Arzneimittels und der Festlegung eines wirtschaftlichen Preises nach Verhandlungen mit dem Pharmaunternehmen. Die Beurteilung des Nutzens beruht auf der Einschätzung der Vertrauensärzte der einzelnen Krankenversicherer. Eine Evaluation des Bundesamts für Gesundheit (BAG) im Jahr 2020 hat aber gezeigt, dass gleich gelagerte Fälle von den Krankenversicherern ungleich beurteilt werden. Zudem sind die aufwändigen Preisverhandlungen und die fehlende Transparenz bei der Einzelfallvergütung als problematisch eingestuft worden. Mit der Anpassung der KVV und der KLV, die am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, werden neu, einheitliche Regeln für die Nutzenbewertung, die Preisfestsetzung und die Versorgungssicherheit eingeführt.

Damit alle Patienten gleich behandelt werden, werden Krankenversicherer verpflichtet, das gleiche Nutzenbewertungstool (OLUTool) anzuwenden, und es wird ihnen erlaubt, gemeinsame Nutzenbewertungen vorzunehmen. Damit soll die Ungleichbehandlung zwischen den Krankenversicherern reduziert werden. Zudem müssen Vertrauensärzte vermehrt Fachexperten bei der Nutzenbeurteilung einbeziehen. Wenn das Kostengutsprachegesuch abgelehnt wird, sollen die Krankenversicherer den Entscheid gegenüber dem behandelnden Arzt sowie dem Patienten neu immer anhand der durchgeführten Nutzenbewertung begründen müssen. Damit wird die Transparenz der Entscheide erhöht. Auch die Preisfestsetzung bei der Einzelfallvergütung wird angepasst. Dabei orientieren sich die Preise an der Höhe des Nutzens.

Neu werden verbindlich fixe Preisabschläge zum Auslandpreis oder zum Preis der Spezialitätenliste je nach Nutzenkategorie festgelegt. Es wird somit eine einheitliche und transparente Preisfestsetzung etabliert, was zu einer erheblichen Beschleunigung der Abläufe führt. Generika, Biosimilars sowie sehr kostengünstige Arzneimittel sind von dieser Regelung ausgenommen, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Diese Massnahmen sind kostenneutral.

Massnahmen zur Förderung von Generika und Biosimilars
Generika sind in der Schweiz rund doppelt so teuer und werden weniger oft eingesetzt als im Ausland. Mit der Revision der KVV und der KLV wird das Einsparpotenzial von Generika und Biosimilars erhöht und der Einsatz dieser gleich wirksamen und kostengünstigeren Arzneimittel gefördert. Einerseits wird die Preisbildung von gewissen Generika und Biosimilars angepasst (siehe Faktenblatt). Andererseits wird die Kostenbeteiligung der Patienten für Arzneimittel (Selbstbehalt) beim Bezug teurer Originalpräparate erhöht. Der Selbstbehalt beträgt grundsätzlich 10 Prozent der die Franchise übersteigenden Kosten. Arzneimittel werden aber mit einem Selbstbehalt von 20 Prozent statt 10 Prozent belegt, wenn sie im Vergleich zu wirkstoffgleichen Arzneimitteln zu teuer sind. Dieser «erhöhte» Selbstbehalt wird neu mit der Revision der Verordnung auf 40 Prozent festgelegt.

Wenn medizinische Gründe gegen die Abgabe eines Generikums sprechen, kann weiterhin ein teureres Originalpräparat ohne erhöhten Selbstbehalt bezogen werden, aber das muss neu mit konkreten Fakten nachgewiesen werden.
Die neuen Regeln zum differenzierten Selbstbehalt gelten auch für Biosimilars. Damit wird für die Versicherten der Anreiz geschaffen, vermehrt günstigere Generika und Biosimilars zu beziehen.  
Die Massnahmen dürften zu einer Kostensenkung von rund 250 Millionen Franken jährlich führen.

Massnahmen zur Prozessoptimierung

Das dritte Massnahmenpaket umfasst Massnahmen zur Prozessoptimierung bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste. Damit will der Bundesrat den Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln und zur Behandlung seltener Krankheiten beschleunigen. Die Pharmaunternehmen erhalten neu für lebenswichtige Arzneimittel, für Arzneimittel zur Behandlung seltener Krankheiten sowie für sehr komplexe Gesuche die Möglichkeit, mit dem BAG eine Vorabklärung durchzuführen («Early Dialogue»). Dies ermöglicht es ihnen, schon vor Einreichung des Gesuchs eine erste Einschätzung des BAG zu erhalten. Dadurch können lange Diskussionen vermieden und die Aufnahme in die Spezialitätenliste beschleunigt werden.

Um den frühestmöglichen Zugang zu diesen Arzneimitteln zu ermöglichen, wird zusätzlich eine frühe Gesuchseinreichung («Early Access») eingeführt. Dank diesem neuen Prozess können die Marktzulassung durch Swissmedic und die Vergütung mit Aufnahme in die Spezialitätenliste gleichzeitig erfolgen. Mit der frühen Gesuchseinreichung verlaufen die Prozesse von Swissmedic und BAG parallel. Dadurch lassen sich für die Aufnahme auf die Spezialitätenliste bis zu drei Monate einsparen und die Aufnahme in die Spezialitätenliste kann ohne Verzögerungen gleichzeitig mit der Marktzulassung erfolgen.


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