Bundesrat analysiert Formvorschriften im Privatrecht

Bern, 15.09.2023 - Einzelne Rechtsgeschäfte unterstehen besonderen Formvorschriften. Sie sind also nur gültig, wenn sie in der vorgeschriebenen Form abgeschlossen werden. Insgesamt bilden diese Formvorschriften kein relevantes Hindernis für die fortschreitende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht, den er an seiner Sitzung vom 15. September 2023 gutgeheissen hat. Bereits heute sind private Rechtsgeschäfte in der Regel ohne bestimmte Form gültig. Die geltenden Ausnahmen hingegen sind zum Schutz bestimmter Vertragsparteien auch für die Zukunft wichtig.

In der Schweiz gilt im Privatrecht der Grundsatz der sogenannten Privatautonomie. Dies bedeutet auch, dass ein Vertrag grundsätzlich ohne bestimmte Form abgeschlossen werden kann. So ist zum Beispiel ein Kauf- oder ein Arbeitsvertrag auch mündlich gültig.

Als Ausnahme von diesem Grundsatz gibt es im Privatrecht wenige Rechtsgeschäfte, die nur dann gültig sind, wenn sie in einer bestimmten Form abgeschlossen werden. Sie erfordern etwa die Schriftlichkeit oder eine öffentliche Beurkundung. Beispiele solcher Rechtsgeschäfte sind das Testament oder der Vertrag über den Kauf eines Grundstücks. Dabei handelt es sich um Rechtsgeschäfte von grosser Tragweite. Die Formvorschrift soll daher den Parteien Zeit verschaffen, um die Konsequenzen eines beabsichtigten Rechtsgeschäfts zu überdenken.

Vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen hat der Bundesrat geprüft, ob die geltenden Formvorschriften ein relevantes Hindernis für die Digitalisierung sind. In seinem Bericht in Erfüllung verschiedener Bundesaufträge sowie des Postulats 19.3759 von Marcel Dobler kommt der Bundesrat zum Schluss, dass die bestehenden Instrumente für Vertragsabschlüsse in der digitalen Welt ausreichen. Bei Geschäften, in denen die Schriftform verlangt wird, sind mit der qualifizierten elektronischen Signatur als Alternative zur eigenhändigen Unterschrift Vertragsabschlüsse bereits heute digital möglich. Im Kontext der öffentlichen Beurkundung sind die Arbeiten für ein schweizweit einheitliches elektronisches Beurkundungsverfahren im Gang.

Darüber hinaus besteht nach Ansicht des Bundesrats kein Bedarf für eine Änderung bei den Formvorschriften. In seinem Bericht spricht er sich namentlich gegen die generelle Einführung der Textform als Alternative zur Schriftlichkeit aus. Die Textform verlangt, dass die vertragliche Vereinbarung in der Form eines Textes festgehalten wird, eine eigenhändige Unterschrift der verpflichteten Personen ist aber im Unterschied zur Schriftlichkeit nicht erforderlich.

Auch im Bereich des Konsumkreditgesetzes (KKG) erachtet der Bundesrat die geltenden Formvorschriften als genügend. Ausserdem weist er darauf hin, dass die geplante Einführung des staatlich anerkannten elektronischen Identifikationsnachweises (E-ID) den Zugang zur qualifizierten elektronischen Signatur und damit Vertragsabschlüsse im digitalen Bereich ohnehin erleichtert.


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