Ukraine: Status S hat sich gemäss Evaluationsgruppe bewährt

Bern, 29.06.2023 - Der nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine erstmals aktivierte Status S hat sich insgesamt bewährt. Eine Evaluationsgruppe kommt zum Schluss, dass eine kollektive Lösung zur Entlastung des Asylsystems unentbehrlich war. Ihr am 29. Juni 2023 veröffentlichter Bericht zeigt aber auch Anpassungsbedarf, insbesondere bei der Aufnahme der Schutzsuchenden und bei der Integration.

Der Bundesrat hat den im Asylgesetz vorgesehenen Status S am 12. März 2022 erstmals aktiviert, um den aus der Ukraine geflüchteten Menschen rasch und unbürokratisch Schutz gewähren zu können. Im Juni 2022 setzte die damalige Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) eine Evaluationsgruppe ein. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Erfahrungen mit der erstmaligen Anwendung des Status S zeitnah aufbereitet und ausgewertet werden.

Einen Zwischenbericht hatte die Evaluationsgruppe am 30. November 2022 vorgelegt. Die darin vorgenommene positive Beurteilung hat sich in den weiterführenden Abklärungen bestätigt: Die bestehenden Rechtsgrundlagen haben sich bewährt, die Aktivierung des Status S war unentbehrlich zur Entlastung des Asylsystems. Von zentraler Bedeutung war aus Sicht der Evaluationsgruppe der vom Gesetzgeber gewährte Handlungsspielraum. Dieser wurde von Bundesrat und EJPD sinnvoll genutzt, namentlich bei der Definition des Personenkreises sowie bei den Modalitäten zur Erwerbstätigkeit und zur Bewegungsfreiheit. Die bisherigen Erfahrungen hätten auch die Notwendigkeit einer engen Abstimmung innerhalb des Schengen-Raums verdeutlicht, schreibt die Evaluationsgruppe.

Empfehlungen der Evaluationsgruppe

Neben der grundsätzlich positiven Beurteilung enthält der Bericht Empfehlungen für Anpassungen, auch im Hinblick auf eine künftige Anwendung des Status S. Die Evaluationsgruppe regt unter anderem an, den Status S und namentlich auch die Möglichkeiten von Privatunterkünften in die Notfallplanung aufzunehmen. Das Hauptaugenmerk müsse dabei auf der Frage liegen, wie Bund und Kantone rasch eine grosse Zahl von Unterbringungsplätzen zur Verfügung stellen könnten. Weiter soll geprüft werden, ob die Durchführung der Registrierungsverfahren und die Unterbringung der Schutzsuchenden unmittelbar nach ihrer Einreise ausserhalb der Bundesasylzentren sinnvoll wären. Zudem soll das Staatssekretariat für Migration (SEM) zusammen mit den Kantonen prüfen, ob die rechtlichen Instrumente der Kantone zur Beschaffung von Unterkünften ausreichend sind.

Unbestritten ist für die Evaluationsgruppe, dass für Personen mit Status S trotz Rückkehrorientierung Integrationsmassnahmen nötig sind. Sie empfiehlt dafür die Schaffung einer expliziten Rechtsgrundlage. Weiter brauche es ein detailliertes Monitoring zur Integration von Personen mit Status S. In diesem Zusammenhang sollte auch geprüft werden, ob für die Umsetzung des Integrationsprogramms für Personen mit Status S verbindlichere Vorgaben für die Kantone geschaffen werden sollen.

Da in der Schweiz und in der EU unterschiedliche Regelungen zur zeitlichen Dauer der Schutzgewährung bestehen, empfiehlt die Evaluationsgruppe, frühzeitig die Koordination mit der EU an die Hand zu nehmen, sollte die Schutzgewährung über den Frühling 2025 hinaus erforderlich sein. Hingegen erachtet die Evaluationsgruppe eine noch engere Abstimmung mit der EU über die Aktivierung und Aufhebung der Schutzgewährung hinaus nicht als erforderlich.

Möglichkeiten einer Harmonisierung

Die Evaluationsgruppe hat sich auch mit den unterschiedlichen Rechten und Pflichten der verschiedenen Personengruppen im Asylbereich befasst. Unter dem Aspekt der Rechtsgleichheit befürwortet sie gewisse Harmonisierungen beim Status S und der vorläufigen Aufnahme. Sie rät aber vor übereilten Anpassungen am Status S ab und spricht sich angesichts der zahlreichen Schnittstellen zwischen dem Status S und der vorläufigen Aufnahme für eine gesamtheitliche Betrachtung aus. Sie empfiehlt namentlich in Bezug auf Erwerbstätigkeit, Integrationspauschale, Härtefall, Kantonswechsel, Reisen ins Ausland oder Familiennachzug eine vertiefte Prüfung. Die EJPD-Vorsteherin Elisabeth Baume-Schneider hat die Evaluationsgruppe daher beauftragt, die dafür notwendigen Analysen vorzunehmen und verschiedene Optionen zu prüfen. Dabei soll die Evaluationsgruppe auch aufzeigen, in welchen Bereichen eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt ist.

Die EJPD-Vorsteherin hat den Bundesrat am 28. Juni 2023 über die Ergebnisse des Evaluationsberichts informiert. Am 29. Juni 2023 wurden die Mitglieder des Sonderstabs Asyl (SONAS) und die Teilnehmenden der Anhörungen informiert.

Die Evaluationsgruppe wird von Alt-Nationalrat und Alt-Regierungsrat Urs Hofmann (AG) geleitet. Die weiteren Mitglieder sind Paolo Beltraminelli (Alt-Staatsrat TI), Roland Eberle (Alt-Ständerat und Alt-Regierungsrat TG), Kurt Fluri (Nationalrat SO und Alt-Stadtpräsident Solothurn), Béatrice Métraux (Alt-Regierungsrätin VD) und Mario Gattiker (Alt-Staatssekretär SEM). Christine Schraner Burgener, Staatssekretärin für Migration, nahm an den Sitzungen der Evaluationsgruppe als Beisitzerin teil. Für ihre Analyse hat die Evaluationsgruppe unter anderem Vertreterinnen und Vertreter der operativ tätigen Akteure, namentlich des SEM, der Kantone, Gemeinden, Städte, Hilfswerke sowie weiterer Organisationen und auch Personen aus der ukrainischen Gemeinschaft sowie Rechtsexperten angehört und deren schriftlichen Eingaben ausgewertet.


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Urs Hofmann, Alt-National- und -Regierungsrat, Leiter der Evaluationsgruppe Status S, T +41 79 293 70 85, info@urs-hofmann.ch



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