«Sicherheit Schweiz 2023»: Der Nachrichtendienst des Bundes publiziert seinen neuen Lagebericht

Bern, 26.06.2023 - Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beeinflusst weiterhin die nationale und internationale Sicherheitspolitik. Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz bleibt wesentlich durch die wachsende Konkurrenz der Grossmächte geprägt. In diesem Kontext sind die Fähigkeiten der Antizipation und Früherkennung des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) zentral. Es gilt Bedrohungen und relevante Veränderungen im strategischen Umfeld der Schweiz rechtzeitig zu identifizieren und zu beurteilen und anschliessend die notwendigen präventiven Massnahmen zu ergreifen. Der neue Lagebericht «Sicherheit Schweiz 2023» des NDB stellt die wichtigsten Lageentwicklungen aus nachrichtendienstlicher Sicht vor.

Russland hat die regelbasierte Friedensordnung in Europa zerstört. Internationale Foren zur Gewährleistung von Frieden und Sicherheit wie die UNO oder OSZE haben weiter an Wirkung verloren; eine stabile neue Weltordnung ist nicht absehbar. Die Rivalität der Grossmächte drückt der gegenwärtigen Übergangszeit den Stempel auf. Der Trend geht in Richtung einer bipolaren, von der Systemrivalität der USA und Chinas geprägten Weltordnung. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine bleibt vorerst der Fokus im sicherheitspolitischen Umfeld der Schweiz.

Eine zunehmend bipolare Welt

Der Krieg stärkt den Trend in Richtung einer künftig wieder stärker bipolaren Welt: Europa bleibt strategisch von den USA abhängig. China ist daran, sich unter den gegen den sogenannten Westen eingestellten Staaten als Pol zu etablieren. Russland spielt in den chinesisch-russischen Beziehungen eine immer schwächere Rolle.

In den USA könnte eine neue Präsidentschaft Donald Trumps oder eines anderen isolationistisch eingestellten Kandidaten 2025 wieder Unsicherheiten bezüglich des Engagements für Europa schüren.

China und Russland wollen den Status quo der bestehenden Institutionen, Regeln und Normen umgestalten. Regionalmächte wie die Türkei, Indien oder Saudi-Arabien versuchen, ihren Handlungsspielraum auszudehnen. Im indopazifischen Raum definiert Japan China als «grösste strategische Herausforderung seiner Geschichte». In Afrika intensiviert sich das Ringen um Einfluss zwischen den westlichen Staaten und Russland beziehungsweise China.

Taiwan wird weiterhin im Mittelpunkt der geostrategischen Spannungen zwischen China und den USA stehen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass China 2023 einen bewaffneten Konflikt mit Taiwan auslöst.

Die Bedrohung der Schweiz durch verbotenen Nachrichtendienst bleibt hoch

Die Bedrohung der Schweiz durch ausländische, hauptsächlich russische und chinesische Spionage bleibt hoch. Europaweit gehört die Schweiz unter anderem aufgrund ihrer Rolle als Gaststaat internationaler Organisationen zu den Staaten, in denen am meisten russische Nachrichtendienstangehörige unter diplomatischer Tarnung eingesetzt werden.

Mit der Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat akzentuiert sich die Spionagebedrohung für Schweizer Personen, die die Dossiers und Themen des UNO-Sicherheitsrats betreuen, zur Entscheidfindung beitragen und diese Entscheide in den Gremien und gegen aussen vertreten.

Bezüglich Proliferation steht Russland im Fokus. Der NDB will die Weitergabe von Gütern an Russland verhindern, die es zugunsten einer sanktionierten militärischen Verwendung einsetzen könnte. Weil Russland für die Beschaffung Firmen in der Eurasischen Wirtschaftsunion sowie in der Türkei und Indien nutzt, muss die Kontrolltätigkeit auf Regionen ausgeweitet werden, die zuvor kaum bearbeitet worden sind.

Gewalttätiger Extremismus und Terrorismus weiterhin aktuell

Die gesellschaftliche Polarisierung und Fragmentierung geht mit dem Risiko von gewalttätigem Extremismus einher. Rechtsextremistisch motivierte Terroranschläge wie jene 2019 in Christchurch (Neuseeland) und Halle (Deutschland) oder 2020 in Hanau (Deutschland) könnten sich in Europa häufen.

Der gewalttätige Linksextremismus wird sich besonders beim Antifaschismus und in der Kurdenfrage engagieren. Es ist auch mit einer Zunahme direkter Gewalt gegen Menschen, namentlich gegen als dem Rechtsextremismus zugehörig angesehene Personen und gegen Sicherheitskräfte, zu rechnen.

Die Terrorbedrohung in der Schweiz bleibt erhöht. Die Bedrohung wird primär von der dschihadistischen Bewegung geprägt, insbesondere durch Sympathisanten des "Islamischen Staats" und Personen, die von dschihadistischer Propaganda inspiriert werden. Der "Islamische Staat" und die al-Qaida sind die wichtigsten Exponenten der dschihadistischen Bewegung in Europa und damit auch für die Terrorbedrohung der Schweiz massgeblich. Die Bedrohung wird aber stetig diffuser, da sie seit 2020 in Europa zunehmend von autonom agierenden Individuen ausgeht, die keinen direkten Bezug zum „Islamischen Staat“ oder zur al-Qaida aufweisen. Zunehmend spielen psychische Probleme oder persönliche Krisen beim Schritt zur Gewaltanwendung eine erhebliche Rolle.


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