Intensivere Bekämpfung exotischer Schädlinge auf der Alpensüdseite
Bern, 25.04.2023 - Die Zahl gebietsfremder Arten, sogenannter Neobiota, steigt in der Schweiz stetig. Einige dieser Organismen können in der Landwirtschaft Schäden verursachen. Auf der Alpensüdseite, einer Region mit hohem Einschleppungsrisiko, haben Agroscope, der Kanton Tessin und Agridea ihre Zusammenarbeit in der Forschung über diese Arten verstärkt.
In Europa und der Schweiz gibt es immer mehr Neobiota. Zu den Ursachen für diese Zunahme gehören der globalisierte Handel, die Mobilität der Menschen und die Klimaerwärmung. Ob gebietsfremde Tiere, Pflanzen oder Mikroorganismen: Gewisse dieser unerwünschten Organismen verursachen in der Landwirtschaft bereits heute Schäden, bei anderen könnte dies künftig der Fall sein.
Bündelung der Kompetenzen
Vor diesem Hintergrund wurde kürzlich eine Vereinbarung zwischen Agroscope, dem Landwirtschaftsdienst des Kantons Tessin und der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Agridea unterzeichnet. Die Vereinbarung hat eine Laufzeit von acht Jahren und konkretisiert die Zusammenarbeit dieser Einrichtungen bei der Erforschung von Neobiota, die eine Gefahr für die Landwirtschaft darstellen. Im Forschungscampus Cadenazzo ist auch eine enge Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) entstanden. Durch diese Kooperationen und auch dank immer mehr Drittmitteln können neue Projekte in Angriff genommen werden. Ein ganzheitlicher Ansatz ist unerlässlich, da in vielen Fällen direkte Wechselwirkungen zwischen landwirtschaftlichen Kulturen, Wald und Landschaft bestehen.
Proaktiver Ansatz
Das Sprichwort «Vorbeugen ist besser als Heilen» gilt auch für schädliche Neobiota. «Die Kosten für entstandene Schäden und für die Bekämpfung steigen schnell, wenn sich eine problematische gebietsfremde Art einmal etablieren konnte. Proaktives Handeln spart deshalb letztlich Zeit und Ressourcen», erklärt Dominique Mazzi, stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Neobiota von Agroscope. Eine proaktive Bekämpfung setzt aber voraus, dass der «Feind» und seine Verbreitungsmechanismen genau bekannt sind. Die Teams der Partnerinstitutionen gehen diese Aufgabe im Rahmen verschiedener Projekte gemeinsam an (siehe unten).
Frühwarnung für die Alpennordseite
Aufgrund seiner geografischen Lage ist das Tessin eine Region mit hohem Risiko für die Einschleppung von Neobiota: Das benachbarte Italien ist eines der am stärksten betroffenen Länder in Europa. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2021 zeigt, dass zwischen 1960 und 2020 mehr als 3000 Arten – darunter auch viele für die Landwirtschaft schädliche Organismen – nach Italien eingeschleppt wurden. Neben der geografischen Nähe zu diesem Land kommen günstige ökologische und klimatische Bedingungen hinzu. «Diese Besonderheiten machen das Tessin nicht nur zum wichtigsten Einfallstor für Neobiota in die Schweiz, sondern auch zu einem Freiluft-Forschungslabor», fasst Loris Ferrari, Leiter des Landwirtschaftsdiensts des Kantons Tessin, zusammen. «Die auf dieser regionalen Ebene entwickelten Bekämpfungsstrategien lassen sich später bei Bedarf auf die ganze Schweiz anwenden», erklärt Philippe Droz, Leiter der Abteilung «Landwirtschaftliche Produktion und Umwelt» bei Agridea.
Standortstrategie von Agroscope
Das Kompetenzzentrum Neobiota ist eine Versuchsstation von Agroscope und Teil der Standortstrategie. Agroscope, Agridea und die WSL teilen sich den Forschungscampus in Cadenazzo, was die Zusammenarbeit sehr fördert. Die Kooperation erstreckt sich auch auf andere Forschungsgruppen von Agroscope sowie auf verschiedene Institutionen in der Schweiz und im Ausland.
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Drei Vorzeigeprojekte
Nachfolgend drei Beispiele für die im Tessin laufenden Zusammenarbeitsprojekte zwischen den Vertragspartnern und der WSL:
- Nach den guten Ergebnissen bei der Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung des Japanischen Staudenknöterichs (Reynoutria japonica) wurde ein ähnliches Projekt für die Syrische Seidenpflanze (Asclepias syriaca), manchmal auch Papageienpflanze genannt, lanciert.
- Weiterführung der Bekämpfung des Phytoplasmas Candidatus Phytoplasma vitis, des Erregers der Goldgelben Vergilbung bei der Weinrebe. In diesem Anschlussprojekt wird die Rolle von Wäldern und von nicht mehr bewirtschafteten und verwilderten Rebbergen als Lebensraum für Vektoren und als Reservoir für das Phytoplasma untersucht. Für diese Lebensräume wurden Massnahmen bewertet und empfohlen, mit denen das Infektionsrisiko in den Rebbergen verringert werden kann.
- Untersuchung des Potenzials einheimischer Schlupfwespen zur Bekämpfung von Aspilanta oinophylla, einer neu auftretenden Miniermotte der Weinrebe (Drittmittelprojekt).
Schliesslich hat Agroscope ein Projekt initiiert, mit dem Wissen über die Wiesenschaumzikade Philaenus spumarius gesammelt werden soll. Die in der Schweiz häufige, aber wenig bekannte Zikade ist auf dem europäischen Kontinent der wichtigste Überträger des Feuerbakteriums Xylella fastidiosa. Dieser äusserst gefährliche Krankheitserreger kann über 300 Pflanzenarten infizieren, unter anderem Olivenbäume, Weinreben und Steinobstbäume. Da eine direkte Bekämpfung des Erregers nicht möglich ist, muss mit Präventionsmassnahmen verhindert werden, dass sich das Bakterium in der Schweiz etablieren kann.
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