Verstärkung des Aufschwungs in der Schweiz

Bern, 09.03.2000 - Übersicht über die Konjunkturtendenzen Die Weltwirtschaft befindet sich im Aufschwung. Sie hat die Schwäche, in die sie 1998 im Zuge der Asienkrise und Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten gekommen war, im vergangenen Jahr überwunden. In Westeuropa wird die Konjunktur weiter an Kraft und Breite gewinnen. Die US-Wirtschaft wird ihren Expansionskurs, wenn auch abgeschwächt, fortsetzen. In Japan hingegen verläuft die Erholung schleppend, und eine spürbare Besserung zeichnet sich vorerst nicht ab. In den asiatischen Schwellenländern charakterisiert sich die wirtschaftliche Entwicklung durch eine ausgeprägte Dynamik. Auch in den mittel- und osteuropäischen Transitionsländern gewann das Wachstum an Kraft. Für Lateinamerika darf mit einer weiteren Belebung gerechnet werden.

In der Schweiz hat die Konjunktur seit Sommer 1999 deutlich an Schwung gewonnen. Im 4. Quartal wuchs das reale Bruttoinlandprodukt um etwas mehr als 3½%. Starke positive Impulse gingen erneut vom Export aus. Die Arbeitslosenquote bildete sich in den Wintermonaten auf saisonbereinigter Basis weiter leicht unter die Marke von 2½% zurück. In der Folge merklich anziehender Preise für Erdölprodukte beschleunigte sich der Preisauftrieb, auf allerdings niedrigem Rhythmus, etwas. Die schweizerische Wirtschaft darf, trotz höherer Zinsen, mit einem Anhalten der Aufwärtsentwicklung rechnen. Konjunkturelle Probleme zeichnen sich keine ab.

Mögliche Gefahren liegen im Moment bei einer Überhitzung der Konjunktur in den Vereinigten Staaten. Die Kommission erachtet indessen dieses Risiko als gering. Sie geht davon aus, dass es der Geldpolitik gelingt, starke Störungen auslösende Ungleichgewichte zu verhindern. Auch die deutlich höheren Erdölpreise werden keinen Abbruch des Aufschwungs nach sich ziehen, wenngleich sich damit für die nichterdölproduzierenden Länder gewisse dämpfende Wirkungen verbinden.

Im OECD-Raum hielt die konjunkturelle Aufwärtstendenz an. In den Vereinigten Staaten beschleunigte sich das Wirtschaftswachstum im zweiten Halbjahr 1999 nochmals. Während der private Konsum, die Exporte und die Importe deutlich zulegten, zeigten die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen in der Folge der spürbar gestiegenen Langfristzinsen erste Anzeichen einer Wachstumsverlangsamung. Die Arbeitsmarktlage ist als angespannt zu bezeichnen. Dennoch beschleunigte sich der Lohnauftrieb nicht weiter. Auf der Konsumstufe ist kaum eine Zunahme der Teuerung zu beobachten.

Im Euro Währungsgebiet führten die rasche Beendigung der Asienkrise, die Stabilisierung in den mittel und osteuropäischen Ländern und das robuste Wachstum in den Vereinigten Staaten zusammen mit dem niedrigeren Aussenwert des Euro zu einer starken Ausweitung der Exporte. Die Inlandnachfrage beschleunigte sich leicht. Auch die beiden wachstumsmässigen Nachzügler Deutschland und Italien verzeichneten im zweiten Halbjahr 1999 eine Belebung ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten. In den kleinen Ländern setzte sich die Hochkonjunktur fort. Insgesamt beschleunigte sich die Wachstumsrate im zweiten Halbjahr auf rund 3%. Die Teuerung blieb insgesamt niedrig, wobei sie in den kleineren Ländern spürbar höher lag als in den drei grossen. In Grossbritannien erholte sich die Konjunktur rasch wieder, nachdem dieses Land 1998 in der Folge einer restriktiven Geldpolitik zwecks Verhinderung einer Überhitzung eine Phase schwachen Wachstums durchlaufen hatte.

Japans Wirtschaft hatte nach der Jahresmitte 1999 eine rezessive Phase zu bewältigen. Die Wirkung der fiskalischen Impulse hat im Jahresverlauf nachgelassen. Nach Zuwächsen in den beiden ersten Quartalen 1999 kam es im 3. Quartal erneut zu einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts, wobei einer rückläufig tendierenden Inlandnachfrage, trotz fester notierendem Yen, expandierende Exporte gegenüberstanden. Allerdings geriet im 4. Quartal die Erholung der Exporte ins Stocken.

Die Länder Mittel- und Osteuropas, die den Status von Beitrittskandidaten zur EU haben (Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechei und Ungarn), überwanden im vergangenen Jahr die im Zuge der Russlandkrise 1998 eingetretene Schwäche. Merklich dazu beigetragen hat die Belebung in Westeuropa und gesunkene Zinsen. Verschiedene dieser Länder sind allerdings nicht zuletzt wegen des Zusammenwirkens von Wechselkursbindungen und hohen Kosten und Preissteigerungen mit erheblichen Leistungsbilanzdefiziten konfrontiert.

Nach dem starken Einbruch 1998 haben sich die Wirtschaften der südostasiatischen Länder überaus kräftig erholt. Die mit der drastischen Abwertung ihrer Währungen erhoffte Belebung des Exports setzte ein. Inzwischen kam es allerdings wieder zu moderaten realen Höherbewertungen gegenüber dem Dollar. Die expansive Finanzpolitik führte zu einer deutlichen Belebung der Nachfrage im Inland, obwohl Schritte zur Sanierung des Unternehmens- und Bankensektors, verbunden mit einer Stärkung der privaten Haftung für unternehmerische Entscheide und einem Abbau von Arbeitsplätzen, eingeleitet wurden.

Die Asienkrise hatte bewirkt, dass vor allem im Herbst 1998 Investoren die Risiken in lateinamerikanischen Ländern neu bewerteten. Um den daraus entstandenen Druck auf ihre Währungen zu verhindern, hatten verschiedene Länder zu einer restriktiven Geldpolitik gegriffen, in deren Folge sich rezessive Entwicklungen einstellten. In der Zwischenzeit ist auch in diesen Ländern eine Tendenzwende zum Besseren eingetreten. In Brasilien stabilisierte sich die Konjunkturlage, und in Argentinien ist die Industrieproduktion seit August wieder aufwärts gerichtet.

Um einer Überhitzung der Wirtschaft mit der Konsequenz einer Beschleunigung der Inflation vorzubeugen, hat das US-Notenbanksystem die Zinssenkungen, die es im Herbst 1998 in der Folge der Finanzmarktturbulenzen als angezeigt erachtet hatte, wieder zurückgenommen. Die Leitzinsen sind seit Juni 1999 in verschiedenen kleinen Schritten, letztmals Anfang Februar 2000, erhöht worden. Praktisch gleich wie das US-Notenbanksystem handelte auch die Europäische Zentralbank (EZB). Sie nahm ihre aus Gründen der schwachen Konjunktur im April 1999 erfolgte Zinssenkung im November wieder zurück; im Anschluss an die Zinserhöhung in den USA Anfang Februar 2000 verordnete sie eine zweite Heraufsetzung, auch mit Blick auf den Aussenwert des Euro, der gegenüber dem Dollar, dem Yen und dem englischen Pfund eine spürbare Tieferbewertung erfahren hatte und zu einem stärkeren Preisauftrieb beitrug. Wegen der starken Konjunktur sah sich auch die Bank von England zu einer Straffung ihrer Geldpolitik veranlasst, nachdem eine letzte Leitzinssenkung noch im Juni 1999 vorgenommen worden war. Die Geldmarktsätze haben im Zuge der Straffung der Geldpolitik in den USA und in Europa spürbar angezogen, im Euro-Raum auch die Langfristzinsen. Die Finanzpolitik der Vereinigten Staaten blieb, bei unverändert hohen Überschüssen, ungefähr neutral ausgerichtet. In der Mehrzahl der westeuropäischen Länder, die ein Haushaltsdefizit ausweisen, soll die Finanzpolitik auf eine weitere Sanierung der Haushalte ausgerichtet bleiben. In Japan wird die Finanzpolitik weiterhin zur Stützung der Konjunktur eingesetzt werden.

Ende 1999 teilte die Schweizerische Nationalbank mit, dass sie für das Jahr 2000 einen leicht strafferen geldpolitischen Kurs in Aussicht nimmt, nachdem sie während längerer Zeit eine grosszügige Geldpolitik geführt und vergleichsweise niedrige Zinsen begünstigt hatte. Sie will mit diesem Kurs den konjunkturellen Aufschwung weiterhin unterstützen, ohne längerfristig die Preisstabilität aufs Spiel zu setzen. Die Nationalbank sieht die Teuerung auf der Konsumstufe im Jahre 2000 bei 1,5%, 2001 bei 1,7 und 2002 bei 1,8%. Das Zielband für den als Referenzzins gewählten Libor (London Interbank Offered Rate für dreimonatige Anlagen in Schweizerfranken) hatte sie auf Anfang 2000 bei 1¼ - 2¼% festgelegt. Ende Januar 2000 gab sie bekannt, dass sie den Libor im oberen Bereich des Zielbandes halten will, und Anfang Februar hob sie das Zielband um 50 Basispunkte an.

Die Zinsen für Schweizer Franken haben seit Herbst 1999 deutlich angezogen. Ähnlich hoch lagen sie letztmals 1996. Der Zinsanstieg ist vor allem auf dem Hintergrund der Straffung der Geldpolitik, der spürbar anziehenden Konjunktur sowie höheren Dollar- und Eurozinsen zu sehen.

Der Frankenkurs verlor seit Sommer 1999 nur noch leicht an Wert, nachdem er im ersten Halbjahr 1999 zum Dollar, zum engl. Pfund und zum Yen spürbar nachgegeben hatte. Gegenüber dem Euro blieb er weiterhin praktisch stabil. Die Gründe für diese ausgeprägte Stabilität mögen bei einer vergleichbaren Position der Schweiz und der Euro-Länder im Konjunkturzyklus, einer ähnlichen Orientierung der schweizerischen und der EZB-Geldpolitik sowie der Absenz von Finanzmarkt-Turbulenzen liegen. Entsprechend übertrug sich die Euro-Schwäche gegenüber den anderen Währungen auch auf den Franken. Aufgrund der dominierenden Bedeutung der Euro-Länder im schweizerischen Aussenhandel blieb der Rückgang des exportgewichteten Aussenwerts des Frankens bescheiden. Im Februar lag der Index des realen Wechselkurses schätzungsweise 5% niedriger als vor einem Jahr.

Die Kredittätigkeit der Banken im Inland erfuhr eine leichte Belebung. Seit Frühjahr 1999 liegen vor allem die Ausleihungen an Kunden nach längerer Zeit wieder merklich über dem entsprechenden Vorjahresstand. Kaum Bewegung ist bei den Hypothekarkrediten zu beobachten, und bei den Baukrediten hielt die rückläufige Tendenz an.

Die Konjunkturerholung, die Mitte 1999 eingesetzt hatte, beschleunigte sich weiter. Die gesamtwirtschaftliche Produktion wuchs im 4. Quartal 1999 (saison- und zufallsbereinigt, hochgerechnet auf Jahresbasis) um 3,7%. Den Stand des Vorjahresquartals übertraf sie um 3,0%. Die Konsumausgaben behielten den kräftigen Wachstumsrhythmus bei. Die Bauinvestitionen legten weiter zu und dürften den rezessiven Pfad endgültig verlassen haben. Erneut merklich expandierten wiederum die Ausrüstungsinvestitionen. Die Exporte tendierten branchenmässig breit abgestützt zügig aufwärts, wobei die Wachstumsimpulse weiterhin vor allem von den nordamerikanischen, asiatischen und mitteleuropäischen Märkten herrührten. Die stark zunehmende Gesamtnachfrage führte zu hohen Importzunahmen.

Modifikation des geldpolitischen Konzepts der Schweizerischen Nationalbank

Seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen im Januar 1973 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihr geldpolitisches Konzept schon mehrere Male angepasst.
Die auf Anfang 2000 vorgenommene Modifikation hat sich als nötig erwiesen. Insbesondere hatte sich die Beziehung zwischen der Notenbankgeldmenge 1) und dem Preisniveau aufgrund der sich verändernden Liquiditätshaltung durch die Wirtschaft als stets instabiler erwiesen. Seit 1997 gab die SNB denn auch kein Jahresziel mehr für die Notenbankgeldmenge bekannt. Sie rückte jedoch andere Indikatoren, insbesondere die Geldmenge M3 2), in den Vordergrund. Zudem erweiterte sie ihr geldpolitisches Instrumentarium durch die Einführung des Repo-Geschäfts 3). Repos eignen sich für die Schaffung und Abschöpfung von Liquidität.
Das neue Konzept stellt eine Abkehr von der bisherigen Festlegung dar, die einzig die Geldmenge vorgab und die Bildung der Zinsen dem Markt überliess. Das neue geldpolitische Konzept beruht insbesondere auf folgenden Elementen:

  • Vorrangiges Ziel bleibt die längerfristige Preisstabilität; Preisstabilität herrscht vor, wenn die Inflation, gemessen am Landesindex der Konsumentenpreise, unter 2 % pro Jahr liegt;
  • Verzicht auf die Festlegung von Zielen für das Geldmengenwachstum;
  • Geldpolitische Entscheide gründen auf einer Inflationsprognose;
  • Die SNB veröffentlicht jeweils am Jahresende eine Inflationsprognose für die kommenden drei Jahre;
  • Droht das Stabilitätsziel bei unveränderter Geldpolitik im Laufe der nächsten drei Jahre über- oder unterschritten zu werden, so wird die Geldpolitik entsprechend angepasst;
  • Erreicht werden soll das Inflationsziel über eine Steuerung eines Geldmarktsatzes:
-  Als Referenzsatz wird der Libor 4) verwendet; -  Es wird ein Zielband für den Libor bekanntgegeben;
-  Das Zielband wird periodisch überprüft;-  Es wird bekanntgegeben, wo im Zielband der Libor erwartet wird;-  Die Liquiditätsversorgung des Bankensystems und damit der Libor wird indirekt über Repogeschäfte gesteuert;
  • Der Diskontsatz ist abgeschafft.

Die Geldpolitik kann den Teuerungsverlauf in der mittleren Frist beeinflussen. Die mittelfristige Ausrichtung schafft Spielraum, um bei der Entscheidfindung auch andere Indikatoren wie die allgemeine Wirtschaftslage, die Lage am Arbeitsmarkt, den Wechselkurs und anderes berücksichtigen zu können. Das Geldmengenaggregat M3 spielt als Indikator eine wichtige Rolle. Die SNB beabsichtigt, nicht jeden temporären Inflationsschock zu unterdrücken; die oft hohen realwirtschaftlichen Kosten der kurzfristigen Inflationsbekämpfung sollen Eingang in den Entscheidprozess finden.

Das geldpolitische Konzept der SNB unterscheidet sich in den Grundzügen nicht stark von dem der Europäischen Zentralbank (EZB). Auch Letztere arbeitet mit einer Inflationsprognose sowie einem mittelfristigen Inflationsziel von unter 2% und will kurzfristige Abweichungen dulden. Als Zwischenziel orientiert sich die EZB hingegen an der Geldmenge M3, wogegen die SNB ein Zinsband verwendet.

1) Notenbankgeldmenge = Notenumlauf + Giros inländischer Banken bei der SNB.2) M3 = Bargeldumlauf + Sichteinlagen bei Banken + Transaktionskonti + Spareinlagen + Termineinlagen bis 4 Jahre.3) Repurchase Agreement = Verkauf von Effekten, verbunden mit einem gleichzeitigen Rückkauf auf Termin. Der Borger entrichtet dem Ausleiher für die Dauer des Geschäfts einen Zins.4) LIBOR = London Interbank Offered Rate für dreimonatige Anlagen in Schweizer Franken.

Der Geschäftsgang in der Industrie insgesamt verbesserte sich weiter und gilt erstmals seit langem als befriedigend. Die Auslastung der technischen Kapazitäten hielt sich im 4. Quartal 1999 auf dem Stand der Sommermonate (82%), was im mittelfristigen Vergleich als niedrig einzustufen ist. Es wurden aber vermehrt Produktionsausweitungen gemeldet. Der gesamte Bestellungseingang tendierte deutlich aufwärts; das Gleiche gilt auch bei den stark exportorientierten Firmen, die längere Zeit unter der Asienkrise gelitten hatten. In der schweizerischen Maschinenindustrie erholte sich der Auftragseingang im 4. Quartal 1999, nach starken Rückgängen über eine längere Zeit. Gemäss dem Konjunkturtest wurde der erwartete Bestellungseingang von den Firmen vermehrt positiv eingestuft.

Bei den Architekten und Ingenieuren hat sich die Lage stabilisiert. Der Auftragsbestand fiel im 4. Quartal 1999 nur leicht unter den Vorquartalsstand, nachdem im 1. Halbjahr 1999 noch deutliche Rückgänge gemeldet worden waren. Die Firmen erwarten mehrheitlich eine weitere Verbesserung der Geschäftslage. Bei den an der Erhebung des Schweizerischen Baumeisterverbandes teilnehmenden Firmen stieg der frankenmässige Auftragseingang im 4. Quartal 1999 deutlich über den Vorjahresstand. Zunahmen stellten sich beim Wohnungsbau, beim öffentlichen Bau und beim übrigen Hochbau ein.

Die Gesamtbeschäftigung (Voll- und Teilzeitbeschäftigte mit mindestens 50% der betriebsüblichen Arbeitszeit) stieg im 4. Quartal 1999 kräftig an. Den Vorjahresstand übertraf der Index um 1,7%. Sowohl im verarbeitenden Gewerbe als auch im Baugewerbe und im Dienstleistungssektor stellten sich merkliche Zunahmen ein. Ende 1999 lag die Anzahl der erwerbstätigen Ausländer insgesamt rund 1½% über dem Stand vor einem Jahr. Auch im Jahresdurchschnitt 1999 stellte sich erstmals seit 1992 wieder eine Zunahme ein. Die Anzahl der erwerbstätigen Ausländer lag damit aber nach wie vor deutlich unter dem Stand, der Anfang der 90er Jahre erreicht worden war.
Am Arbeitsmarkt hielten die Besserungstendenzen an. Bereinigt von Saison- und Zufallseinflüssen ging die Anzahl der registrierten Stellensuchenden und der registrierten Arbeitslosen auch in den Wintermonaten 1999/2000, in allerdings verlangsamtem Tempo, weiter zurück. Die unbereinigte Arbeitslosenquote lag im Januar 2000 bei 2,6%, saisonbereinigt bei 2,2 %. Die Firmen meldeten vermehrt einen Mangel an gelernten, angelernten und ungelernten Arbeitskräften; diese Entwicklung erfolgte allerdings immer noch auf einem vergleichsweise niedrigen Stand. Die Stelleninserate in den Tageszeitungen stiegen erneut kräftig an. Die Besserungen reflektieren in erster Linie die günstige konjunkturelle Entwicklung. Bei der Anzahl der registrierten Arbeitslosen spielen auch die monatlich rund 3000 - 3500 Aussteuerungen eine Rolle, wobei davon jeweils rund die Hälfte weiter bei einem Arbeitsamt zur Vermittlung gemeldet bleibt; sie werden damit weiterhin als Arbeitslose gezählt.

Seit Anfang 1999 nach einem Arrangement der Erdölproduzenten über eine Verknappung des Angebots, aber auch bedingt durch eine anziehende Nachfrage im Zuge der weltweiten Konjunkturbelebung, haben die Preise für Erdöl stark angezogen. Die höheren Erdölpreise, zusammen mit dem Anstieg des Dollar-Kurses, haben z. B. im Vergleich zu Anfang 1999 beim Heizöl zu mehr als einer Verdoppelung des Preises geführt. Auch bei den Industrierohstoffen setzte sich der seit Anfang 1999 zu beobachtende Preisanstieg fort, wogegen die Preise bei Nahrungsmittelrohstoffen sich jüngst auf niedrigem Niveau nur wenig verteuerten. Der Index der Konsumentenpreise lag im Februar 2000 1,6% über dem Vorjahresstand; ohne Erdölprodukte erreichte diese Veränderungsrate 0,8%.

Die Weltkonjunktur hat sich in den vergangenen Monaten weiter merklich gefestigt. Es darf davon ausgegangen werden, dass diese Tendenz im ersten Halbjahr 2000 anhält; die vorauslaufenden Sammelindizes für die OECD-Länder haben am aktuellen Rand ihre Aufwärtstendenz beibehalten. In Nordamerika ist mit einem schwächeren Wachstum zu rechnen. In Japan wird der Aufschwung vorerst schwach und fragil verlaufen, hingegen in den südostasiatischen Schwellenländern und in China stark bleiben. Günstig präsentieren sich die Aussichten für Westeuropa, wovon namentlich auch die mittelosteuropäischen Reformstaaten profitieren werden. In Lateinamerika werden die Besserungstendenzen anhalten.

Die unterschiedlichen Phasen, in denen sich die grossen Weltwirtschaftsregionen auf dem Konjunkturzyklus befinden, stellen die Wirtschaftspolitik vor unterschiedliche Herausforderungen. In den Vereinigten Staaten wird die Geldpolitik bei hoch ausgelasteter Wirtschaft einer Beschleunigung der Inflation vorbeugen müssen. Im Euro-Raum dagegen bleiben die Kapazitäten eher unterausgelastet, und ein Teuerungsproblem ist nicht in Sicht. Japans Wirtschaft ist nach wie vor von deflationären Entwicklungen gekennzeichnet.

Ein Risiko aus diesem Konjunkturgefälle, das sich allerdings in nächster Zeit vermindern sollte, ist im gestiegenen Leistungsbilanzdefizit der Vereinigten Staaten zu sehen. Sollten die internationalen Investoren das Vertrauen in die amerikanische Volkswirtschaft verlieren und Kapital abziehen, führte dies zu höheren US-Zinsen und einer Tieferbewertung des Dollars. Die sich damit verbindende Dämpfung der US-Konjunktur würde die europäische Konjunktur und den Rest der Welt mit nach unten ziehen. In diesem Zusammenhang ist auch der positive Vermögenseffekt zu erwähnen, der sich über höhere Gewinnerwartungen und steigende Aktienpreise einstellte und eine Zunahme der Gesamtnachfrage generierte. Dabei ist es unsicher, wieweit in den Vereinigten Staaten das Angebot der Expansion der Nachfrage zu folgen vermochte; jedenfalls liegt die Wirtschaftstätigkeit in diesem Land seit einiger Zeit über dem potenziellen Wachstumspfad. Zwar sind die Zinsen gestiegen. Jedoch reichte dieser Anstieg bisher nicht aus, um die Zunahme der Gesamtnachfrage zu bremsen, bzw. der vom höheren Zinsniveau ausgehende dämpfende Effekt ist von steigenden Gewinnerwartungen und sinkenden Risikoprämien immer wieder übertroffen worden. Die straffere Geldpolitik will den Zinsanstieg soweit unterstützen, dass sich kein die Konjunktur stark störendes Ungleichgewicht herausbilden kann. Schliesslich sei noch auf die niedrige Sparquote der US-Haushalte und die vergleichsweise hohe Bewertung gewisser US-Aktien, insbesondere im Technologiebereich, hingewiesen. Ein Einbruch an diesen Aktienmärkten und eine Erhöhung der Neigung der amerikanischen Haushalte, mehr zu sparen, dürfte eine deutliche Schwächung der US-Konjunktur mit Weiterungen für die übrigen Volkswirtschaften zur Folge haben. Insgesamt stuft die Kommission die Effekte, die von den erwähnten Unsicherheiten und Korrekturen ausgehen werden, jedoch als gering ein.

Ausgehend insbesondere von der Annahme, dass die Weltkonjunktur vor allem in den Euro-Ländern ihre Aufwärtstendenz beibehält, wird die schweizerische Wirtschaft weiter spürbar expandieren. Die Kommission sieht ihre Prognose vom Dezember 1999 durch die vorherrschenden Tendenzen bestätigt. Die Entwicklung bei den Exporten wird schwungvoll bleiben. Dank einer deutlichen Einkommenszunahme und der guten Konsumentenstimmung werden die privaten Haushalte ihren Konsum weiter ausdehnen. Die Ausrüstungsinvestitionen werden dem Rationalisierungs- und Sortimentserneuerungsdruck nicht ausweichen können; zudem gewinnen Erweiterungsinvestitionen an Bedeutung. Im Bau- und Immobilienbereich wird sich die Besserung fortsetzen. Namentlich werden der Wohnungsbau und die Renovationstätigkeit vom Konjunkturaufschwung profitieren.

Die Beschäftigtenzahlen werden weiter leicht steigen. Es darf davon ausgegangen werden, dass die zusätzliche Nachfrage die Neueintritte in den Arbeitsmarkt übertrifft. Vor allem die Anzahl der Stellensuchenden und weniger deutlich auch die der Arbeitslosen wird sich weiter etwas reduzieren. Die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere bei qualifizierten Arbeitskräften, werden zunehmen.

Die Teuerung wird im preisstabilen Bereich bleiben. Der Preiserhöhungsspielraum wird zwar bei gewissen Güterkategorien leicht zunehmen, bei andern hingegen wird es weiterhin Preisabschläge geben. Die von den höheren Erdölpreisen ausgehende Zunahme des Auftriebs ist temporärer Art. Bei weiterhin ungefähr stabilen Relationen zum Euro gehen auch vom höher bewerteten Dollar nur relativ schwache Preiserhöhungen aus, da die Importe aus den Euro-Ländern dominieren. Ein monetär begründetes Inflationspotenzial ist nicht in Sicht.


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