Die pharmazeutische Industrie als wichtige Stütze im Schweizer Konjunkturzyklus

Bern, 20.02.2023 - Ansprache von Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) anlässlich der Eröffnung der neuen Produktion für RNA-Therapien in Schweizerhalle

Monsieur le Conseiller d'Etat,
Monsieur le Président de la commune de Pratteln,
Monsieur le Président de Novartis Operations,
Monsieur le Directeur,
Sehr geehrte Damen und Herren

Vielen Dank für die Einladung zu diesem für die Schweizer Pharmabranche wichtigen Ereignis. Schweizerhalle - wie oft bin ich hier schon durchgefahren, um den verschiedenen Aushängeschildern der Region einen Besuch abzustatten. Ich denke an mehrere erfolgreiche Anlässe der Wirtschaftskammer, aber auch an das eine oder andere Spiel des FC Basel. Zugegeben: Der FCB hat schon erfolgreichere Zeiten gesehen. Aber wenn er sich die Basler Pharmaindustrie als Vorbild nimmt, wird er schon bald wieder ganz oben mitspielen.

Diese Region ist sich ja Superlative gewohnt - und so hört es sich auch an, was wir heute hier in Schweizerhalle eröffnen: eine der weltweit modernsten chemischen Produktionsanlagen für eine der komplexesten Medikamentenklassen. So steht es in der Medienmitteilung. Ich zitiere: Diese Investition in Schweizerhalle von rund 70 Mio. CHF unterstreicht das langjährige Engagement von Novartis in der Schweiz als Standort für hochkomplexe, schwer herzustellende Medikamente. Dieser Satz könnte direkt von mir sein. Was Novartis hier leistet, verdient unsere Anerkennung! Die rund 200 Mitarbeitenden dürfen stolz sein auf das, was sie hier antreffen. Aber nicht nur sie. Die ganze Region und ich gehe sogar noch weiter: Die ganze Schweiz darf stolz sein. Bravo!

Meine Damen und Herren
Die Schweizer Wirtschaft hat in den letzten Krisen ihre Widerstandskraft unter Beweis gestellt Wenn wir uns mit anderen Ländern vergleichen, dürfen wir feststellen, dass wir wirtschaftlich gesehen, gut dastehen. Eine wesentliche Stütze dieser Erfolgsgeschichte ist die pharmazeutische Industrie. Und: Die Treiber des Erfolgs der Schweizer Pharmabranche dürften auch künftig intakt sein. Schauen wir kurz zurück: Sowohl in der Finanzkrise von 2009/10 als auch in der Covid-Krise war der Einbruch des BIP in der Schweiz deutlich geringer als in anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Auch von der aktuellen weltweiten Inflation und der angespannten Energielage ist die Schweiz bisher weniger stark betroffen als andere europäische Länder. Insbesondere ist die Energieintensität der Schweiz vergleichsweise tief. Selbst im verarbeitenden Gewerbe ist das Verhältnis zwischen Energieverbrauch und Bruttowertschöpfung rund dreimal Mal tiefer als in Frankreich oder Deutschland.  

Die pharmazeutische Industrie erwies sich dabei in den letzten Jahren wiederholt als eine zuverlässige Stütze der Schweizer Wirtschaft: Während im Pandemiejahr 2020 das Schweizer BIP um 2,4 % zurückging, verzeichnete die Branche ein Plus von gut 6 %. Seit 2010 ist ihre Wertschöpfung durchschnittlich um 11,5 % pro Jahr gewachsen, sodass ihr Anteil am BIP sukzessive von 2,0 % auf 5,5 % angestiegen ist. Im Jahr 2020 waren rund 300 Unternehmen direkt in der Branche tätig und sorgten für knapp 50 000 hochproduktive Arbeitsplätze.
Die pharmazeutische Industrie generiert rund 86 % ihrer Wertschöpfung durch Exporte, gleichzeitig importiert sie einen erheblichen Anteil ihrer Vorleistungen aus dem Ausland.  Sie zählt damit zu den stark mit dem Ausland vernetzten Branchen. Trotzdem zeigte sie sich in den letzten Jahren äusserst krisenresistent, während andere exportorientierte Branchen wie beispielsweise die Maschinenindustrie den Konjunkturverlauf im Ausland stärker nachvollzogen haben. Die globale Nachfrage nach pharmazeutischen Produkten hat sich in den vergangenen Jahren stark positiv entwickelt. Dies ist unter anderem eine Folge von wichtigen globalen Trends wie der demografische Wandel, steigende Einkommen in grossen aufstrebenden Volkswirtschaften und die Entwicklung innovativer Therapien. An dem expandierenden Markt partizipieren auch Schweizer Unternehmen. Ihr Erfolg lässt sich nicht nur mit historischen Gründen erklären - in der Schweiz existiert seit mehr als 150 Jahren eine bedeutende chemisch-pharmazeutische Industrie -, sondern auch durch eine starke Spezialisierung auf Produkte mit sehr hoher Wertschöpfung. Zum erfolgreichen Pharmastandort Schweiz dürfte dabei insbesondere die Verfügbarkeit von Fachkräften beigetragen haben: Dies dank dem breiten Bildungssystem, dem flexiblen Arbeitsmarkt, der international guten Vernetzung mit dem Ausland durch die 33 Freihandelsabkommen sowie der nach wie vor starken Einbindung in den EU-Binnenmarkt.

Als Vorsteher des Wirtschafts- Bildungs- und Forschungsdepartements setze ich mich dafür ein, dass wir die Erfolgsfaktoren der Schweizer Volkswirtschaft erhalten und ausbauen.

Letztes Jahr konnten wir dazu verschiedene Projekte vorantreiben:

  • Im Rahmen des Postulats Nantermod hat der Bundesrat beschlossen, verschiedene Massnahmen zur Vereinfachung der Zulassungsverfahren für Drittstaatsangehörige umzusetzen. So soll in Berufen, in denen nachweislich ein starker Mangel an qualifizierten Arbeitskräften herrscht, nicht mehr von Fall zu Fall geprüft werden müssen, ob das Potenzial der in der Schweiz anwesenden Arbeitskräfte voll ausgeschöpft wurde.
  • Darüber hinaus wird der Bundesrat als Antwort auf die Motion Dobler rechtliche Bedingungen schaffen, die es Masterstudierenden und Doktoranden aus Drittländern erleichtern, in der Schweiz zu bleiben.
  • Dies dürfte auch dem Pharmastandort helfen unkomplizierter Fachkräfte zu finden.
  • Ein weiteres Anliegen ist es, die administrative Entlastung voranzutreiben.
  • Dazu hat der Bundesrat letztes Jahr seine Botschaft zum Unternehmensentlastungsgesetz vorgelegt. Diese sieht u.a. eine systematische Schätzung der Regulierungskosten im Gesetzgebungsprozess vor. Dies trägt dazu bei, dass die Regulierungskosten bei neuen Regulierungen nicht vergessen gehen.

Und schliesslich war es mir ein grosses Anliegen, mit den USA Anfang dieses Jahres das MRA GMP zu unterzeichnen, um die gegenseitige Anerkennung der Inspektionen im Bereich der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel zu ermöglichen.
Ich bin überzeugt, dass das Schweizer Know-how im pharmazeutischen Bereich enorm ist. Und ich bin überzeugt, dass wir das geistige Eigentum auf multilateraler Ebene verteidigen müssen. Deshalb kämpfe ich in der WTO für den Schutz dieses Know-hows, Ihres Know-hows. Damit Sie auch weiterhin die Innovation vorantreiben können, braucht es gute Rahmenbedingungen. Ich kämpfe aber nicht alleine, sondern mit der Pharmaindustrie, mit Interpharma, mit unseren diplomatischen Vertretungen. Ich bin zuversichtlich, dass ich meine ausländischen Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen kann, dass das geistige Eigentum von zentraler Bedeutung ist und nicht unter Druck geraten darf.

Meine Damen und Herren
Lassen Sie mich zum Schluss festhalten: Es freut mich sehr, dass sich Novartis mit der Eröffnung der neuen Produktionslage auch weiterhin ein starkes Zeichen für die Standortwahl Schweiz setzt. Dies gerade in Zeiten, in denen im Ausland mit industriepolitischen Initiativen und Milliardenschweren Subventionspaketen geworben wird.

Diese Entwicklungen und die Auswirkungen auf die Schweiz nehmen wir sehr ernst. Der Standort Schweiz zeichnet sich jedoch nicht durch Subventionsgeschenke aus, sondern durch stabile und gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und dies bei einer moderaten Steuerbelastung.

Ich werde mich daher auch weiterhin dafür einsetzen, dass wir die Rahmenbedingungen in der Schweiz pflegen und weiter verbessern. Ich bin sicher: der Standortentscheid Schweiz ist nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft der Richtige.

Ich wünsche Novartis, der ganzen Region (und auch wieder dem FC Basel) viel Erfolg und freue mich mit Ihnen diesen Tag und diese Eröffnung mit zu feiern.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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