Ukraine: Evaluationsgruppe zum Schutzstatus S nimmt eine erste Beurteilung vor

Bern, 01.12.2022 - Die Evaluationsgruppe zum Status S hat Bundesrätin Karin Keller-Sutter am 30. November 2022 in Bern ihren Zwischenbericht zur erstmaligen Anwendung des Status S vorgestellt. Darin kommt die Evaluationsgruppe zum Schluss, dass die Anwendung des Schutzstatus S insgesamt gut funktioniert hat. Bund, Kantone, Städte und Gemeinden haben schnell reagiert und die eingesetzte Krisenorganisation SONAS hat sich bewährt. Im Hinblick auf künftige Anwendungsfälle ortet die Evaluationsgruppe in einzelnen Bereichen Potential für Anpassungen. Insbesondere stellt sich die Frage nach Präzisierungen der seit 1998 geltenden gesetzlichen Grundlagen zum Status S sowie einer allfälligen rechtlichen Verankerung der Koordination mit der EU. Zudem sieht die Evaluationsgruppe Klärungsbedarf in Bezug auf die Notfallplanung und die Unterstützungsbeiträge des Bundes.

In ihrem Zwischenbericht vom 30. November 2022 hält die Evaluationsgruppe fest, dass die schnelle Schutzgewährung infolge des Kriegs in der Ukraine zur Entlastung des Asylsystems unentbehrlich war und insgesamt gut funktioniert hat. Der vom Gesetzgeber gewährte Handlungsspielraum beim Status S war für das gute Funktionieren ausschlaggebend und wurde im konkreten Fall sinnvoll genutzt, namentlich bei der Konkretisierung des betroffenen Personenkreises und der Regelung der Modalitäten in Bezug auf die Erwerbstätigkeit und die Bewegungsfreiheit. Die Evaluationsgruppe bestätigt zudem die Notwendigkeit der erfolgten engen Abstimmung im Schengen-Raum und erachtet diese auch mit Blick auf eine Aufhebung des Status S als zwingend.

Die bisherige Erfahrung habe überdies gezeigt, dass eine ausserordentliche Situation, wie sie der Krieg gegen die Ukraine ausgelöst hat, nicht in den ordentlichen Strukturen bewältigt werden kann. Darum seien auch Instrumente der 2016 von Bund und Kantonen vereinbarten Notfallplanung "Asyl" zur Anwendung gekommen. Umso wichtiger sei der Einbezug und der Austausch zwischen allen Staatsebenen. Die Krisenorganisation SONAS habe sich hierfür grundsätzlich bewährt.

Mögliche Anpassungen für künftige Anwendungsfälle

Aus Sicht der Evaluationsgruppe besteht in einzelnen Bereichen Potential für Anpassungen der seit 1998 geltenden gesetzlichen Grundlagen im Hinblick auf künftige Anwendungsfälle. Insbesondere stellt sich die Frage nach rechtlichen Präzisierungen in Bezug auf die Gewährung des Status S, die Durchführung des Verfahrens sowie den Widerruf des Status S sowie nach einer allfälligen rechtlichen Verankerung der Koordination mit der EU, der Notfallplanung und der Unterstützungsbeiträge des Bundes.

Zusätzlichen Klärungsbedarf ortet die Evaluationsgruppe auch bei verfahrensrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Asylgesuchen von Schutzsuchenden zum Zeitpunkt der Gewährung und der Aufhebung des Status S, bei der Aufgabenteilung Bund-Kantone-Gemeinden und bei den rechtlichen Instrumenten zur Beschaffung von Notunterkünften. Die Evaluationsgruppe hält weiter fest, dass eine Angleichung der gesetzlichen Grundlagen für den Schutzstatus S an jene für die vorläufige Aufnahme grundsätzlich anzustreben wäre. Dabei gelte es jedoch zu berücksichtigen, dass Differenzen aus den besonderen Gegebenheiten des konkreten Anwendungsfalls des Schutzstatus S sachlich begründet und auch eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen erforderlich sein könnten. Die Evaluationsgruppe wird diese und weitere Punkte im Hinblick auf ihren Schlussbericht bis im Juni 2023 weiter vertiefen und unter Berücksichtigung des politischen Handlungsspielraums Empfehlungen zuhanden der Departementsvorsteherin EJPD formulieren.

Zeitnahe Auswertung der Erfahrungen

Die Evaluationsgruppe wurde im Juni 2022 von Bundesrätin Karin Keller-Sutter eingesetzt, um sicherzustellen, dass mit der erstmaligen Anwendung des Status S gemachten Erfahrungen zeitnah aufbereitet und ausgewertet werden. Ihr Auftrag besteht darin, die Herausforderungen und Fragen, die sich bei der erstmaligen Anwendung des Status S ergeben, zu identifizieren, um eine Beurteilung der gesetzlichen Grundlagen des Status S und der konkreten Ausgestaltung im Fall des Ukraine-Kriegs sowie seiner Einbettung im Schweizer Asylsystem zu ermöglichen. Konkret geht es darum zu prüfen, inwiefern sich der rechtliche Rahmen des Status S beispielsweise in Bezug auf die Erfüllung seiner Schutzfunktion, der Entlastung des Asylsystems oder der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen bewährt hat.

Die Evaluationsgruppe wird von Alt-Nationalrat und Alt-Regierungsrat Urs Hofmann (AG) geleitet. Die weiteren Mitglieder sind Paolo Beltraminelli (Alt-Staatsrat TI), Roland Eberle (Alt-Ständerat und Alt-Regierungsrat TG), Kurt Fluri (Nationalrat SO und Alt-Stadtpräsident Solothurn), Béatrice Métraux (Alt-Regierungsrätin VD), Mario Gattiker (Alt-Staatssekretär SEM), ständige Beisitzende war zudem die Staatssekretärin des SEM, Christine Schraner Burgener.

Einbezug der operativ tätigen Akteure

Zur Erarbeitung des Zwischenberichts hat die Evaluationsgruppe die umfassende Dokumentation zum Schutzstatus S einschliesslich der diesbezüglichen Bundesratsbeschlüsse und relevanten Sitzungsprotokolle der massgeblichen Gremien analysiert. Sie hat Vertreterinnen und Vertreter der operativ tätigen Akteure, namentlich des SEM, der Kantone, Gemeinden, Städten, Hilfswerke sowie weiteren Organisationen angehört und deren schriftlichen Eingaben ausgewertet. Mit dem Ziel, auch die Erfahrungen anderer europäischer Staaten im Umgang mit den Schutzbedürftigen aus der Ukraine zu berücksichtigen, hat die Evaluationsgruppe zudem Vertreter der Bundesministerien des Innern aus Deutschland und Österreich angehört.


Adresse für Rückfragen

Kommunikationsdienst EJPD,
info@gs-ejpd.admin.ch,
T +41 58 462 18 18

Urs Hofmann,
Alt-National- und -Regierungsrat
Leiter der Evaluationsgruppe Status S
info@urs-hofmann.ch
T +41 79 293 70 85



Herausgeber

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
http://www.ejpd.admin.ch

Staatssekretariat für Migration
https://www.sem.admin.ch/sem/de/home.html

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-91985.html