Strategie gegen Resistenzen: Bundesrat will die Einzelabgabe von Antibiotika vertieft prüfen

Bern, 02.11.2022 - Der Bundesrat will prüfen, ob die Einzelabgabe von Antibiotika schweizweit eingeführt werden soll. Er hat an seiner Sitzung vom 2. November 2022 einen entsprechenden Bericht verabschiedet. Mit der Einzelabgabe von Antibiotika sollen die korrekte Einnahme gefördert, eine unsachgemässe Entsorgung verhindert und Antibiotikaresistenzen reduziert werden.

Antibiotikaresistenzen gehören heute zu den grossen globalen gesundheitlichen Herausforderungen. Der übermässige oder unsachgemässe Einsatz von Antibiotika trägt wesentlich zur Entstehung von Resistenzen bei. Damit steigt die Gefahr, dass gewisse Infektionen bei Menschen oder Tieren nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr behandelt werden können.

Mit Massnahmen auf verschiedenen Ebenen will die Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) die Wirksamkeit der Antibiotika für die Behandlung von Mensch und Tier nachhaltig sichern. Sie legt für die Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umwelt übergreifende Ziele fest und koordiniert das bereichsübergreifende Vorgehen der zuständigen Akteure.

Wie alle Arzneimittel werden Antibiotika im ambulanten Bereich in der Originalverpackung abgegeben. Die Anzahl Tabletten entspricht einem durchschnittlichen Bedarf. Studien aus der Schweiz und aus Frankreich zeigen indes, dass etwa die Hälfte der Packungen nicht mit der verschriebenen oder empfohlenen Menge übereinstimmt. Die Tabletten, die übrigbleiben, werden meist in der Hausapotheke aufbewahrt und später teilweise ohne ärztliche Verordnung eingenommen. Damit steigt die Gefahr, dass Antibiotika nicht in der richtigen Dosierung oder im falschen Moment eingesetzt werden, was die Entstehung von Antibiotikaresistenzen fördern kann. Werden überzählige Antibiotika unsachgemäss entsorgt, besteht zudem das Risiko, dass Antibiotika mit dem Abwasser in die Umwelt gelangen und Resistenzen entstehen und weiterverbreitet werden.

Machbarkeitsstudie zeigt eine grundsätzliche Realisierbarkeit

Die Motion «Einzelverkauf von Medikamenten: Wagen wir den Versuch!» (17.3942) verlangt, dass die Einzelabgabe von Antibiotika –die Abgabe der exakten benötigten Therapiemenge – getestet wird. Eine im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) durchgeführte Machbarkeitsstudie zeigt nun, dass eine Einzelabgabe von Antibiotika grundsätzlich realisierbar ist und von Patientinnen und Patienten mehrheitlich akzeptiert wird. Die Autorinnen und Autoren der Studie gehen davon aus, dass eine gezielte Abgabe die bewusste korrekte Einnahme von Antibiotika fördert und einer unsachgerechten Entsorgung entgegenwirkt.

Die Studie zeigt aber auch auf, dass mit Blick auf eine schweizweite Einführung noch verschiedene verbleibende Fragen zu klären sind. So ist ein von der Originalverpackung abweichender Verkauf von Medikamenten aktuell rechtlich nicht geregelt. Für Arztpraxen und Apotheken entsteht zudem bei der Einzelabgabe ein Mehraufwand, weil die Tabletten abgezählt, die Abgabe dokumentiert und der Restbestand aufbewahrt werden muss. Die Leistungserbringer fordern deshalb, dass sie für diesen Mehraufwand entschädigt werden.

Der Bundesrat beauftragt das eidgenössische Departement des Innern, die offenen Fragen zur Einzelabgabe von Antibiotika im Rahmen der nationalen Strategie gegen Antibiotikaresistenzen vertieft zu prüfen – insbesondere die Frage, welche gesetzliche Anpassungen nötig sind.


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