NET-Tagung BAFU

Bern, 14.10.2022 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren

Sehr geehrte Frau Ständerätin Thorens Goumaz

 Ich darf das Grusswort an dieser NET-Tagung halten – und das finde ich natürlich … nett.

Aber ich bin selbstverständlich nicht nur hier, um dieses Wortspiel zu machen. Sondern weil mir das Thema CO2-Entnahme und -Speicherung wichtig ist, und zwar aus zwei Gründen:

Erstens brauchen wir die Technologien, um bis im Jahr 2050 unsere Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null zu bringen.

Zweitens sind wir als Gesellschaft gefordert, rasch Antworten auf wichtige Fragen zur sicheren und langfristigen Entnahme und Speicherung von CO2 zu finden. 2050 kommt schon bald. Ich bin heute hier, um die Dringlichkeit zu unterstreichen.

Im Bereich der CO2-Entnahme und –Speicherung geht derzeit in der Schweiz einiges. Positiv würdigen möchte ich zum Beispiel die Vereinbarung, die wir dieses Jahr mit der Abfallwirtschaft unterzeichnen konnten. Sie hilft, die Einführung dieser neuen Technologien voranzutreiben und verpflichtet die Betreiber von KVA, bis 2030 mindestens eine Anlage zur Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 in Betrieb zu nehmen. Die Anlage muss mindestens 100'000 Tonnen CO2 abscheiden können.

Ich habe mehrere innovative Unternehmen besucht und habe eine sehr positive Dynamik gespürt, erwähnen kann ich etwa Climeworks und Neustark. Es sind heute zahlreiche weitere innovative Köpfe mit zukunftsweisenden Lösungen hier. Ich danke Ihnen allen für Ihr Vorangehen. In der Mode würde man sagen, Sie sind «Avantgarde».

Sie machen die Schweiz international zu einer Wegbereiterin. Wir sind hervorragend aufgestellt, um unseren Spitzenplatz bei der Entwicklung von Technologien für die CO2-Entnahme und -Speicherung zu bewahren: Wir haben eine Spitzenforschung und wir haben viele beispielhafte Ideen im Testlauf oder sie befinden sich schon an der Schwelle, um in einem industriellen Massstab eingesetzt werden zu können.

Seitens Bund haben wir dazu verschiedene Förderinstrumente, mit denen ein relevanter Beitrag geleistet wird. Besonders hervorheben möchte ich die Bürgschaften des Technologiefonds. Sie ermöglichen es, betriebswirtschaftliche Risiken abzufedern.

Es muss im Klimaschutz vorwärtsgehen. Die monatelange Hitze und Trockenheit in diesem Sommer hat hierzulande vielen Menschen zu schaffen gemacht. Zudem versiegten Bäche, Felder verdorrten. Extremereignisse gab es auch im Ausland, etwa die verheerenden Fluten in Pakistan. Das ist ein Vorgeschmack auf das, was die Klimaerwärmung uns zunehmend beschert. Une chose est claire : il faut réduire les émissions. Pour y arriver, nous devons d’une part éviter de gaspiller l’énergie.

D’autre part nous devons nous libérer de notre dépendance vis-à-vis du pétrole et du gaz. Cette dépendance est non seulement nuisible pour le climat, mais elle menace aussi notre sécurité d’approvisionnement énergétique et la sécurité en général.

Mit dem CO2-Gesetz will es der Bund allen Menschen ermöglichen, ein klimafreundliches Leben führen zu können, unabhängig von der Grösse ihres Portemonnaies. Mit dem indirekten Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative sollen erstmals Ziele für die Entnahme und Speicherung von Emissionen verankert werden. Diese sich ergänzenden Gesetze bilden die gesetzlichen Grundlagen, um das Netto-Null-Emissionen 2050 zu erreichen. Ich komme später auf sie zurück.

Dass wir unsere Emissionen so weit als möglich vermeiden, das hat oberste Priorität. Im Jahr 2050 werden dennoch schwer vermeidbare Emissionen verbleiben, insbesondere aus gewissen Prozessen in der Industrie, der Abfallverwertung und der Landwirtschaft. Diese werden wir mit der Entnahme und Speicherung von CO2 ausgleichen müssen. Das hat auch der Weltklimarat jüngst einmal mehr aufgezeigt. Den Weg dorthin hat der Bundesrat im Mai dieses Jahres mit dem Bericht zum Ausbau von CO2-Abscheidung und -Speicherung und den Negativemissionstechnologien skizziert.

Erste industrielle Anwendungen bis 2030 sind nach Meinung des Bundesrates realistisch, und die rechtlichen Grundlagen sind grösstenteils da. Für einen umfassenden Ausbau bis 2050 sind aber grössere, gemeinsame Weichenstellungen nötig. Der Bericht zeigt auch, dass die Entnahme von CO2 und dessen langfristige, sichere Speicherung technisch machbar und wirtschaftlich tragbar ist. Sie ist zudem eine Chance für den Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz.

Der Bund schafft unter Federführung des Bundesamtes für Umwelt BAFU zügig die Grundlagen, damit CO2 für die Umwelt und Gesellschaft sicher sowie langfristig von Anlagen oder aus der Atmosphäre entnommen, transportiert und gespeichert werden kann.

Diesen wichtigen Wandel unterstützen wir bereits heute und das soll auch in Zukunft so sein. Für neuartige Technologien und Prozesse, die dem Klimaschutz dienen, sieht der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative über eine Milliarde Franken vor.

Mit diesem Geld sollen auch Risiken von Investitionen abgesichert werden, beispielsweise Investitionen in öffentliche Infrastrukturbauten wie künftige CO2-Pipelines und CO2-Untergrund-Speicher.

International bereitet der Bund mit bilateralen Abkommen zur CO2-Speicherung den Boden vor. Konkret geht es um Investitionen in den CO2-Transport aus der Schweiz in geeignete Lagerstätten im Ausland sowie um Investitionen in Anlagen im Ausland, die CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernen. Damit werden die klimapolitischen Spielregeln klargestellt und Investitionssicherheit geschaffen. Zurzeit führen wir Gespräche mit Island, Norwegen und Holland. Weitere Partner werden folgen.

Meine Damen und Herren

Noch im 19. Jahrhundert waren die Städte Europas Krankheitshotspots, weil es keine Kanalisationen gab. Nach und nach wurde mit der Trennung von Wasser und Abwasser sowie der Infrastruktur zur Wasserreinigung ein Ingenieur-Wunderwerk geschaffen, das für uns heute selbstverständlich ist.

Jetzt stehen wir vor ähnlichen Herausforderungen:

Wir müssen Lösungen finden, um uns vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und die Welt lebenswert zu erhalten. Dazu braucht es auch technische Infrastruktur. Und dafür braucht es Pioniergeist, gute Rahmenbedingungen und die Entschlossenheit, vorwärts zu machen.

Wer weiss, vielleicht wird die Schweiz dank ihren Anstrengungen im Klimaschutz nicht nur bis 2050 ihr Netto-Null-Ziel erreichen. Vielleicht werden wir eines Tages soweit sein, alle unsere historischen Emissionen wieder aus der Atmosphäre holen zu können? Die Technologien wären da. Die Schweiz hätte beste Voraussetzungen, das zu schaffen.

Doch von Gedankenspielen wieder zum Konkreten: Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam – Bevölkerung, Verwaltung, Wirtschaft, NGO und die Forschung – tragfähige Lösungen finden, um für uns und künftige Generationen eine lebenswerte und sichere Welt zu erhalten.

Danke, dass Sie dabei helfen, die Welt von Morgen zu gestalten!

 


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