Städtetag 2022

Bern, 25.08.2022 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Fluri

Sehr geehrter Herr Stokholm

Sehr geehrter Herr Flügel

Sehr geehrter Herren Regierungspräsident und Regierungsrat

Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Politik, von Städten und Fachstellen

Liebe Anwesende

Vor fünf Jahren hat die Bevölkerung Ja zur Energiestrategie gesagt.

Die Zustimmung war gerade in den Städten sehr gross. Bern hat mit 76 Prozent Ja gesagt, Chur mit 64 und Lausanne mit 82!

Das Ja war ein klares Signal der Bevölkerung, dass die Schweiz auf erneuerbare Energien setzt.

Mit dem Ja zur Energiestrategie ist aber noch keine Solaranlage installiert, kein Windrad gebaut, keine Staumauer hochgezogen worden.

Das ist für mich die grosse Herausforderung seit meinem Wechsel ins UVEK: Wir müssen die Energiestrategie «z`Bode bringe».

Anpassungen an der Energiestrategie

Dafür sind einige Korrekturen und Anpassungen nötig gewesen.

Bei der Förderung zum Beispiel hat es einen Paradigmenwechsel gebraucht. Sie erinnern sich vielleicht: Die Energiestrategie wollte die Förderung auslaufen lassen. Das ist nicht realistisch. Darum haben wir das korrigiert. Die Strombranche braucht Investitionssicherheit – und zwar bis mindestens 2035.

Zweiter wichtiger Punkt: Der Ausbau muss schneller kommen. Darum haben wir auf Ebene Bund Bürokratie abgebaut und Vorschriften vereinfacht. Zudem schlägt der Bundesrat eine Beschleunigung der Planungs- und Bewilligungsverfahren vor. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass grössere Projekte 20 Jahre zwischen Behörden und Gerichten hin- und hergeschoben werden.

Drittens: Die Energiestrategie bringen wir nur mit ganz konkreten Projekten weiter. Allgemeine Bekenntnisse genügen nicht, vor allem nicht bei der Wasserkraft.

Darum habe ich einen Runden Tisch Wasserkraft gemacht. Und siehe da: Branche, NGO und Kantone haben sich am Runden Tisch auf 15 ganz konkrete Stausee-Projekte verständigt. Diese Projekte sind sowohl aus Sicht der Produktion wie auch aus Umweltsicht sinnvoll. Darum müssen wir ihren Bau jetzt vorantreiben.

Diese Korrekturen habe ich schon vor dem Krieg in der Ukraine eingeleitet. Mit dem Krieg sind sie aber noch viel wichtiger geworden. Für eine sichere Energieversorgung brauchen wir nämlich mehr einheimischen Strom. So können wir unsere Abhängigkeit vom Ausland reduzieren. Mit dem Krieg kann niemand mehr ignorieren, wie verletzlich wir hier sind. Die Schweiz hat sich in der Vergangenheit zu stark auf Stromimporte verlassen.

Gefragt sind deshalb auch unsere Stromfirmen. Es bringt für unsere Versorgungssicherheit nichts, wenn die Firmen in Windparks in Skandinavien oder PV-Anlagen in Spanien investieren. Sie sollen hier in der Schweiz investieren. Immerhin gehören die Firmen mehrheitlich den Kantonen und Städten.

Mit mir kann man auch über Kompromisse beim Umweltschutz reden. Mein Departement hat dem Parlament schon früh Vorschläge gemacht für Anpassungen bei der Photovoltaik, Wasserkraft und Windenergie.

Wenn die Gletscher zurückgehen, dürfen dort neue Stauseen nicht von vorneherein ausgeschlossen sein. Und wenn in unseren Alpen ein grosses Potential für PV-Anlagen besteht, sollten wir dieses auch gezielt nutzen. Das Parlament muss einfach entscheiden, was es mit diesen Vorschlägen machen will.

So – mit all diesen Anpassungen und Korrekturen – können wir die Energiestrategie eben «z`Bode bringe».

Wer über die Schweizer Energiepolitik redet, darf zudem eines nicht vergessen Wir haben unsere AKW mit dem Ja zur Energiestrategie nicht einfach abgeschaltet. Die AKW laufen solange sie sicher sind und es sich für die Betreiber rentiert. Heute ist die Rede von Laufzeiten von bis zu 60 Jahre. Das hiesse also, dass Gösgen 2039 und Leibstadt 2044 vom Netz gingen.

Das sage ich ganz nüchtern an die Adresse jener, die behaupten, die Schweiz sei überstürzt aus der Atomenergie ausgestiegen.

Massnahmen für die kommenden Monate

Ich komme nur zur aktuellen Situation.

Der Bundesrat hat eine Reihe von Massnahmen getroffen, damit unser Land diesen Winter gut aufgestellt ist. Ich nenne Ihnen die wichtigsten:

  1. Der Bundesrat hat die Gasbranche beauftragt, zusätzliches Gas im Ausland zu beschaffen. Hier sind wir gut auf Kurs.
  2. Der Bundesrat hat erstmals eine Wasserkraft-Reserve eingerichtet. Diese soll uns helfen, falls der Strom Ende Winter knapp wird.
  3. Wir planen Reservekraftwerke, die mit Öl betrieben werden können. Diese sollen schon im Frühjahr einsatzbereit sein.
  4. Damit unsere Stromfirmen nicht mitten in der Krise zahlungsunfähig werden, hat der Bundesrat den Rettungsschirm vorbereitet.
  5. Ende Monat lanciert der Bund zusammen mit der Wirtschaft eine grosse Kampagne. Die Botschaft ist klar: Hören wir auf, Energie zu verschwenden.

Diese Massnahmen haben wir alle im Steuerungsausschuss – dem zentralen Organ der Krisenbewältigung – vorbesprochen. Im Ausschuss sind neuerdings auch Sie, die Städte, vertreten.

Zudem ist für den Bundesrat klar, dass die öffentliche Verwaltung beim Sparen mit gutem Beispiel vorangehen muss. Wir haben deshalb gestern für die Bundesverwaltung beschlossen, den Energieverbrauch mit verschiedenen Massnahmen zu drosseln. Ich hoffe, die Städte ziehen da alle bald nach. Ich zähle auf Sie, Städte, Gemeinden, Kantone.

Wir brauchen Sie hier, genauso wie in anderen Bereichen.

Es braucht die Städte

Beim Ausbau der Fernwärme sind Sie, die Städte, zentral. Jedes Quartier, das ans Fernwärmenetz angeschlossen wird, ist ein Gewinn für die Versorgungssicherheit und das Klima. Es freut mich, dass wir hierzu letzte Woche gemeinsam die Fernwärme-Charta verabschieden konnten. 

Beim Schutz der Biodiversität denken vielleicht einige nicht zuerst an die Städte – der Bundesrat dagegen schon. Beim indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ist vorgesehen, dass die Städte zusammen mit den Kantonen Projekte wie neue Grünflächen oder Stadtwälder vorantreiben. Dafür ist verteilt auf 10 Jahre fast eine Milliarde Franken vorgesehen.

In der Klimapolitik können die Städte dazu beitragen, dass es vorwärtsgeht. Mit der Elektrifizierung der Busflotte, wie es Basel schon vor fünf Jahren beschlossen hat, oder mit dem Bau von Ladestationen.

Wir kommen bei der Versorgungssicherheit rascher vorwärts, wenn wir auch beim Klima vorwärts machen. Ich werde schon bald mit dem CO2-Gesetz kommen. Wir wollen damit mehr Geld für den Heizungsersatz und für Sanierungen, mehr Fernwärme. Das alles bringt mehr Versorgungssicherheit.

Sehr geehrte Damen und Herren, mir bleibt nur der letzte Punkt: ich möchte dem Städteverband sehr herzlich gratulieren! Sie haben nun 125 Jahre hinter sich. Ihr Verband wurde gegründet, als die ersten Dieselmotoren liefen. Nun sind daran, die letzten Dieselbus-Flotten zu ersetzen.

Viel hat sich also geändert, eines ist geblieben: Die Schweiz darf stolz sein auf unsere Städte.

Nos villes offrent une qualité de vie incroyablement élevée et nombreuses sont celles qui comptent parmi les plus belles au monde.

C’est pourquoi je tiens à vous remercier, vous et vos prédécesseurs, pour votre engagement au cours des 125 dernières années. Cela en valait vraiment la peine.  


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