Ständeratspräsidentenfeier zu Ehren von Herrn Ständeratspräsident Peter Bieri

Hünenberg, 06.12.2006 - Rede von Herrn Bundesrat Pascal Couchepin - Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Kantonsratspräsidentin,
Sehr geehrte Frau Landammann,
Liebe Damen und Herren National- und Ständeräte,
Liebe Gäste,
Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident

Es ist mir eine grosse Freude, heute in Ihrem Kreise die Wahl von Herrn Peter Bieri zum Ständeratspräsidenten zu feiern.

Ich möchte dem neuen Präsidenten persönlich und auch im Namen des Bundesrates herzlich zu dieser Wahl gratulieren.

Die Schweiz gehört weltweit zu den wenigen Ländern, in welchen die Wahl eines hohen Magistraten im Heimatkanton des Gewählten – und nicht in der Hauptstadt – offiziell gefeiert wird.

Von Zeit zu Zeit, gibt es Leute, die denken, dass dieser halbtägige Ausflug eine Zeitverschwendung darstellt. Aber jeder, der schon einmal an einer solchen Feier teilgenommen hat, weiss, wie gewinnbringend es ist, diese heiteren Momente gemeinsam mit der Bevölkerung im Kanton des Gewählten zu erleben.

Zum Glück konnten sich die „Effizienzfanatiker“ nicht durchsetzen. So können wir diese schöne Tradition mit dem heutigen Festakt weiterführen.

Für mich persönlich ist die Teilnahme an solchen Feiern jedes Mal ein bereicherndes Erlebnis. Obwohl mir die Bahnfahrten im Extrazug jeweils das leicht nostalgische Gefühl verleihen, in das neunzehnte Jahrhundert zurückversetzt zu werden.

Aber natürlich ist die Reise nach Zug vor allem für einen Walliser ein ganz spezielles Ereignis: Denn heimlich hege ich die Hoffnung, hier „den reichen Onkel aus Amerika“ zu treffen. Dabei denke ich natürlich an den „reichen Onkel“, welcher den Finanzausgleich alimentiert und damit die interkantonale Solidarität stärkt.

Wir feiern heute Peter Bieri. Sowohl ihm als auch Rolf Schweiger möchte ich bei dieser Gelegenheit zur glanzvollen Wiederwahl in den Ständerat herzlich gratulieren.

Ich beglückwünsche auch den Entscheid des Ständerates, Peter Bieri zu seinem Präsidenten zu wählen. Denn Peter Bieri wird – und da bin ich sicher – als einer unter den Besten Ständeratspräsidenten in die Annalen eingehen.

Der neue Präsident versteht es nämlich wie kein anderer, mit seinem Charme jeweils eine Ambiance zu schaffen, welche für die Lösung von Problemen notwendig ist.

Als Bundesrat hatte ich mehrmals die Gelegenheit, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er war unter anderem Delegierter des Parlamentes bei der europäischen Freihandelsassoziation, EFTA. In dieser Funktion habe ich Peter Bieri als offene, kritische und hohe Anforderungen stellende, jedoch nie destruktive Persönlichkeit kennen gelernt.

Er ist auch ein langjähriges Mitglied und ehemaliger Präsident der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur, WBK. Er gehört zweifellos zu den Architekten des neuen Bildungsartikels.

Die Umsetzung dieses Verfassungsartikels verlangt von Bund und Kantonen ein gemeinsames Projekt für die Tertiärstufe im Bildungsbereich. Die Konkretisierung dieses Artikels wird nicht einfach sein.
Denn es ist absehbar, dass viele legitime Interessen – seien sie persönlicher, politischer, wirtschaftlicher oder regionalpolitischer Natur – miteinander in Konflikt geraten werden.

Aber ich hoffe, dass es uns gelingen wird, unserem Land und vor allem unserer Jugend die Perspektiven für eine solide Zukunft zu eröffnen. Wir haben keine andere Wahl. Glücklicherweise ist dieser Wille zur Öffnung und zum Aufbruch, Herr Ständeratspräsident, bei Ihnen tief verankert. Gleichzeitig sind Sie aber auch in den kulturellen und spirituellen Traditionen Ihres Kantons verwurzelt und mit ihnen bis heute treu verbunden geblieben.

Als ganz besonderes Ereignis wird mir die letzte Sitzung der WBK unter Ihrer Präsidentschaft in Erinnerung bleiben. Diese fand traditionsgemäss im Heimatkanton des Präsidenten statt.

Wir beendeten den Arbeitstag mit einem Besuch im Frauenkloster Frauenthal. Dort erhielten wir ausnahmsweise Zugang zu der nur der Klostergemeinschaft und Frauen zugänglichen Klausur. Der Zutritt für aussenstehende Männer war laut Kirchenrecht eigentlich nur dem Kaiser oder dem Papst vorbehalten.

Als seinerzeitiger Bundespräsident erhielt ich jedoch für einen Moment das Privileg, dem Kaiser oder dem Papst gleichgestellt zu werden. Ich hege die leise Vermutung, dass es der Kaiser war.

Selbstverständlich bin ich Herrn Bieri bis heute dankbar, für den kurzen Schub der Eitelkeit, welcher mich bei dieser Gelegenheit erschauern liess.

Während des kommenden Jahres, welches ein Wahljahr sein wird, benötigt das Parlament eine starke und beschauliche Hand. Dies ist notwendig, damit wir trotz des Wahlkampfes unsere Arbeit fortsetzen können.

Hierfür, Herr Ständeratspräsident, sind Sie mehr als nur geeignet, weil Sie über eine starke und ausgeglichene Persönlichkeit verfügen.

Zudem sind Sie ja bereits für die Dauer von fünf Jahren als Ständerat gewählt. Sie brauchen sich im kommenden Jahr also nicht um Ihre Wiederwahl Sorgen zu machen.

Ihre parlamentarische Karriere, Herr Ständeratspräsident, ist ungewöhnlich. Zu Beginn der modernen Eidgenossenschaft galt der Ständerat als Lehrstelle für Parlamentarier, welche später im Nationalrat parteipolitische Führungsfunktionen übernahmen.

Im Laufe der Zeit haben sich die Dinge jedoch geändert. Heutzutage müssen die Politiker während ein oder zwei Legislaturen im Nationalrat ihre politischen Leidenschaften besänftigen. In der Regel steht ihnen erst dann die „chambre de réflexion“ offen.

Sie waren nie Nationalrat. Sie schafften den Sprung vom Gemeinderat von Hünenberg direkt in den Ständerat. Aber niemand hat bemerkt, dass Sie als Spezialist in der Berufsbildung, die traditionelle „Berufslehre“ im Nationalrat nie absolviert haben.

Und wenn ich Ihnen als ehemaliger Nationalrat dieses Kompliment mache, dann ist dies nicht nur ein Kompliment, sondern ein Zeichen meines Respekts und der Bewunderung.

In diesem Augenblick der Feier Ihrer Amtsübernahme, möchte ich auch Ihrem Vorgänger, Rolf Büttiker, meinen Respekt zollen. Ihm danke ich für seine unbeirrbare und bestimmte, jedoch stets freundschaftliche Leitung der Debatten.

Und Ihnen, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, wünsche ich bei der Ausübung Ihres Amtes im kommenden Jahr viel Freude, gutes Gelingen und Erfolg.

Nun wünsche ich allen noch ein schönes Fest und danke für Ihre Aufmerksamkeit.


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