Analyse der Vorsorgesituation von Selbstständigerwerbenden

Bern, 22.06.2022 - Die berufliche Vorsorge von Selbstständigerwerbenden könnte für spezifische Risikogruppen durch gezielte Massnahmen verbessert werden. Mit einer obligatorischen beruflichen Vorsorge würde jedoch kein besserer Schutz gewährleistet. Ein entscheidender Faktor ist, dass Selbstständigerwerbende während des Erwerbslebens ein ausreichendes Einkommen erzielen können, um sich eine angemessene Vorsorge aufzubauen. Dies sind die Schlussfolgerungen eines Berichts, den der Bundesrat an seiner Sitzung vom 22. Juni 2022 gutgeheissen hat.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) reichte 2016 ein Postulat (16.3908) ein, das den Bundesrat beauftragte, einen Bericht über die Vorsorgesituation von Selbstständigerwerbenden vorzulegen. Da Selbstständigerwerbende nicht der Versicherungspflicht unterstehen, besteht das Risiko, dass sie sich keine angemessene Vorsorge aufbauen und später im Rentenalter Ergänzungsleistungen beanspruchen müssen. Aufgrund des Kostenanstiegs in diesem Bereich beauftragte die SGK-N den Bundesrat, die Situation zu analysieren. Der Bundesrat liess in zwei Studien die Deckung von Selbstständigerwerbenden und Personen, die selbstständige und unselbstständige Tätigkeiten kombinieren, in der beruflichen Vorsorge und der Altersvorsorge untersuchen.

Versicherungsobligatorium ist keine Lösung

Der Bericht kommt zum Schluss, dass eine (auch nur teilweise) obligatorische berufliche Vorsorge für Selbstständigerwerbende technisch schwierig umsetzbar wäre. Man müsste einerseits überprüfen, dass alle Selbstständigerwerbenden einer Vorsorgeeinrichtung angeschlossen sind. Andererseits sind die Beitragspflicht und die -höhe vom massgebenden AHV-Einkommen abhängig, das erst zum Zeitpunkt der Steuerveranlagung definitiv festgelegt wird, was manchmal erst nach einigen Jahren der Fall ist. Diese Verzögerung würde für die Vorsorgeeinrichtungen zu zahlreichen Problemen führen. Beispielsweise wären sie ohne genaue Kenntnis ihrer Leistungsverpflichtungen (auch bei Tod oder Invalidität) und der Höhe der geschuldeten Beiträge. Die Vorsorge von Selbstständigerwerbenden könnte verbessert werden, aber ein Versicherungsobligatorium für die zweite Säule wäre für die Mehrheit zu kostspielig und nicht auf ihre spezifischen Bedürfnisse ausgerichtet.

Die Vorsorgesituation von Selbstständigerwerbenden verbessern

Der Bericht bezeichnete Kategorien von Selbstständigerwerbenden mit hohem Risiko von Vorsorgelücken, und es werden Möglichkeiten aufgezeigt, um ihre spezifische Situation zu verbessern. Selbstständigerwerbende, die keine Mitarbeitenden beschäftigen und kleine, geringfügige Aufträge ausführen, verfügen oft nicht über eine angemessene berufliche Vorsorge. Sie müssten verstärkt über Versicherungsmöglichkeiten informiert werden oder es bräuchte ein breiteres Angebot für die berufliche Vorsorge, damit sie sich einer beliebigen Vorsorgeeinrichtung anschliessen könnten, wenn es die reglementarischen Bestimmungen vorsehen. Eine weitere Risikokategorie: Personen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen und davor angestellt waren, insbesondere, wenn sie ihre Vorsorgeguthaben verwenden. Ein Schutz der Austrittsleistung würde es ermöglichen, das vor Beginn der selbstständigen Erwerbstätigkeit erworbene Deckungsniveau zu erhalten. Für Personen, die selbstständige und unselbstständige Tätigkeiten kombinieren, wäre es denkbar, die steuerliche Abzugsfähigkeit der Säule 3a-Beiträge im Vergleich zu Arbeitnehmenden zu erhöhen.

Der vorliegende Bericht zieht im Grossen und Ganzen den gleichen Schluss wie der Bericht «Digitalisierung - Prüfung einer Flexibilisierung des Sozialversicherungsrechts (Flexi-Test)». Eine Reform des Sozialversicherungsrechts für einen besseren Schutz von Selbstständigerwerbenden ist derzeit nicht angezeigt, aber es besteht Optimierungspotenzial.


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