Swiss Telecommunication Summit, 21. Juni 2022

Bern, 21.06.2022 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga

(Es gilt das gesprochene Wort)


Sehr geehrte Damen und Herren

Ich freue mich sehr, heute Morgen hier bei Ihnen zu sein –  an diesem Ort, in dem die Luft vor Ideen flirrt und in dem sich so viel Fachwissen versammelt hat. Allein die Aufzählung der Referate an diesem Swiss Telecommunication Summit gibt Einblick in eine Welt der schier unendlichen Möglichkeiten.

Gleich nach mir wird zum Beispiel die Frage im Raum stehen:

«Ist unser Gehirn für die moderne Kommunikation geeignet?»

Ich bin keine Neurolopsychologin und erspare Ihnen meine Einschätzung zu diesem Thema. Was ich aber sagen kann: In der Politik macht die moderne Kommunikation rasante Fortschritte.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, der seine Botschaften hauptsächlich per Videokonferenz rund um den Globus verbreitet, verkörpert diesen Wandel beispielhaft.

Reise in die Ukraine

Vor zwei Jahren reiste ich als damalige Bundespräsidentin in die Ukraine. Der visionäre Geist und der Enthusiasmus, die ich dort antraf, haben mich beeindruckt.

Ich besuchte zum Beispiel den ersten Innovationspark des Landes: Unit.City – ein Prototyp der Stadt der Zukunft, ein Ökosystem, in dem innovatives Unternehmertum und Forschung gedeihen können.

Was ist von Unit.City übriggeblieben?

In den letzten Jahren, bevor der Konflikt entbrannte, hat die Ukraine ihre Infrastruktur zur Förderung der Innovation stark ausgebaut. Präsident Selenski trieb die Digitalisierung mit Riesenschritten voran.

Er wollte beispielsweise den Einwohnerinnen und Einwohnern seines Landes alle Dienstleistungen des Staates über eine App auf dem Handy zugänglich machen.

Dieser Technologieschub hat sich rückblickend als segensreich erwiesen: So wurde etwa in Kiew eine App für den Online-Kauf von öV- und Park-Tickets in weniger als vierundzwanzig Stunden in eine Notfall-App umfunktioniert.

Nun warnt sie die Menschen vor Luftangriffen und weist ihnen den Weg zu einem Schutzraum. Das Entwicklerteam hat kürzlich neue Funktionen hinzugefügt, mit denen die Menschen Beweismittel aufnehmen können, die sich später bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen vor den internationalen Gerichten verwenden lassen.

Infrastrukturen und Krise

Der Zustand unserer Infrastrukturen zeigt sich in Krisen. Die Telekommunikationsnetze in der Ukraine scheinen sogar dem Krieg standzuhalten.

In der Schweiz will der Bundesrat dafür sorgen, dass die Bevölkerung auf eine gut funktionierende Infrastruktur zählen kann. Das ist etwas, was die Schweiz immer ausgezeichnet hat: dass wir eben nicht nur in den Zentren investieren, sondern im ganzen Land.

Es gehört zur DNA der Schweiz, dass keine Region abgehängt wird. Die Bevölkerung in allen Regionen der Schweiz soll den gleich guten Zugang zu den Infrastrukturen des Bundes haben und damit am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.

Das gilt nicht nur für das Strom- und das Schienennetz, sondern auch für die Telekommunikation.

Blaulicht

Auf diesem Feld ist die Entwicklung höchst dynamisch: Das Volumen der übertragenen Daten verdoppelt sich alle 12 bis 18 Monate. Leistungsstarke Telekommunikationsinfrastrukturen sind für Wirtschaft und Gesellschaft ebenso unverzichtbar wie gute Strassen.

Denken wir nur an die Erreichbarkeit der Notfalldienste: Jede Störung und jede Panne im Netz löst grosse Turbulenzen und Unsicherheit aus, denn die Folgen spüren wir sofort, und sie können gravierend sein. Die Erwartungen an die Stabilität der Telekommunikationsinfrastruktur sind zu Recht entsprechend hoch.

Die Notruforganisationen, der Telekomsektor und der Bund sind gemeinsam daran, für noch mehr Sicherheit zu sorgen – und zwar rasch. Der technische Fortschritt hilft uns dabei, aber es braucht auch die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Hier können Sie als Vertreterinnen und Vertreter der Fernmeldebranche einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen leisten: Wir brauchen Ihr Wissen, damit in der Schweiz die Informationen störungsfrei fliessen.
Sie sind ein Teil des Netzes, das die Schweiz zusammenhält.
Knüpfen wir alle gemeinsam an diesem Netz weiter, dann wird es noch stabiler!

Und dann werden auch die Störfälle immer unwahrscheinlicher, die es in letzter Zeit gab, obwohl sie eigentlich nicht hätten passieren dürfen. Eine Störung, wie sie letzte Woche zur Schliessung des Luftraums geführt hat und für Schlagzeilen in der ganzen Welt gesorgt hat, wollen wir nicht mehr erleben. Ebenso wenig wie die Pannen bei der Swisscom.

Backbone

Wie wichtig eine verlässliche Technik ist, zeigte sich auch während der Pandemie in aller Deutlichkeit, als viele Menschen von zu Hause aus arbeiteten oder studierten.

Die Infrastruktur ist das Rückgrat des digitalen Service public. In einer Zeit der zunehmenden Digitalisierung, die nach und nach alle unsere Lebensbereiche durchdringt, ist ein verbessertes Angebot an Dienstleistungen für die Bevölkerung zentral.

Die Schweiz verfügt über eine qualitativ hochstehende Telekommunikationsinfrastruktur. Mit einer praktisch flächendeckenden Verfügbarkeit von Breitbandanschlüssen im Festnetz liegt die Schweiz im Vergleich mit den anderen OECD-Ländern an der Spitze.

Darüber dürfen wir uns freuen, denn diese Infrastruktur macht die Schweiz attraktiv für die Bevölkerung und die Wirtschaft.

Glasfaser

Bei der Verbreitung der Glasfaseranschlüsse bis in die Haushalte können wir hingegen noch aufholen. Der Bundesrat will die Grundversorgung mit einem zusätzlichen Angebot von 80 Mbit/s ausbauen.

Mein Departement arbeitet an einer Hochbreitbandstrategie zur Förderung der Netzinfrastrukturen.

Auch die Kantone sehen Handlungsbedarf: In Graubünden und im Tessin sind kantonale Projekte zur Förderung der Erschliessung insbesondere der Randregionen mit Ultrabreitband von100 Mbit/s und mehr angelaufen.

5G

Meine Damen und Herren

Die Schweiz ist auf dem Weg hin zu einer Hochbreitband-Gesellschaft. Damit dieser Wandel gelingt, benötigen wir dichte und leistungsfähige Netze mit adaptiven Mobilfunkantennen für 5G, kombiniert mit einem gezielten Glasfaserausbau.

Der rasche Ausbau des 5G-Netzes ist wichtig.5G bringt uns mehr Leistung – aber auch Vorteile beim Schutz vor Strahlung.

Das ist für mich ein zentraler Punkt: Das Unbehagen der Bevölkerung gegenüber der Strahlung des Mobilfunks ist ernst zu nehmen. Daher hat mein Departement veranlasst, dass die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung angepasst wird und dass es Rahmenbedingungen zur Nutzung adaptiver Antennen gibt.

Und zudem schauen wir hier genau hin: Der erste Bericht zum Monitoring der nichtionisierenden Strahlung in der Schweiz liegt vor.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass dem Gesundheitsschutz Rechnung getragen wird. Wir werden das auch in Zukunft überprüfen. Die regelmässigen Messungen sollen in Zukunft einen Vergleich der Daten erlauben.

Sicherheit der Netze

Ein stabiles Netz stärkt die Akzeptanz für die Telekommunikation. Wer nach der Rückkehr aus dem Ausland realisiert, dass die Datenübermittlung bei uns zuverlässig funktioniert, wird auch Hand bieten für einen Ausbau der Infrastruktur.

Mein Departement steckt mitten in der Arbeit an diesem Thema und wird dem Bundesrat nächstens entsprechende Bestimmungen vorschlagen. Was den Schutz der Netze, insbesondere für die Mobiltelefonie, bei einem flächendeckenden Stromausfall angeht, werden bald konkrete Vorschläge folgen.

Kontrolle über die Daten

Eine weitere grosse Baustelle betrifft die Verwendung der Daten und die Kontrolle über ihre Verwendung. Im Bereich der Mobilität oder in der Energieversorgung helfen uns Daten, Ressourcen gezielter zu nutzen. Dass Daten auch im Gesundheitssystem ein riesiges Potenzial haben, wissen wir spätestens seit der Pandemie.

Das bringt uns zur Plattformisierung. Jeder kennt booking und Facebook. So praktisch diese Plattformen sind, so klar ist auch, dass wir die Kontrolle über unsere Daten abgeben.

Darum hat mein Departement eine Diskussion darüber angestossen, wie wir als Gesellschaft wieder die treibende Kraft werden können und bestimmen können, was mit unseren Daten passiert.

Ich habe jetzt viel über Infrastruktur und Daten gesprochen. Aber im Grunde geht es um den Menschen. Der Zugang für alle ist mir auch immer wieder ein Anliegen. Wenn ich sehe, wie rasch sich mit der Digitalisierung der Alltag verändert – da kommen gewisse Leute (und wohl nicht nur die «Älteren») unter Umständen einfach nicht mehr mit. Darum muss man sich auch kümmern.

Meine Damen und Herren

«Ist unser Gehirn für die moderne Kommunikation geeignet?»

Vielleicht werden wir es bald erfahren – mit dem nächsten Referat. Klar ist: Bei der Infrastruktur geben die Politik und die Branche gemeinsam ihr Bestes, damit wir reibungslos miteinander kommunizieren können. Ich danke allen, die sich dafür engagieren.


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