Elektrosmog: Vorsorge bleibt wichtig

Bern, 28.04.2003 - Eine neue Literaturstudie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel zeigt: Die Datenlage zur Abschätzung der gesundheitlichen Folgen hochfrequenter Strahlung ist weiterhin ungenügend.

Die Literaturstudie wurde durch das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel im Auftrag des BUWAL durchgeführt. Insgesamt haben die Autoren über 200 wissenschaftliche Studien ausgewertet, die sich damit befassen, wie sich die hochfrequente Strahlung von Sendeanlagen, Mobiltelefonen und anderen Geräten auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen auswirkt. Untersuchungen mit Zellen und Tieren wurden in der Analyse nicht eingeschlossen, da sie keine direkten Aussagen über Gesundheitsrisiken für den Menschen erlauben.

Differenzierte Bewertung

Für einen vorsorgeorientierten Schutz genügt es nicht, sich lediglich auf diejenigen Gesundheitseffekte zu beschränken, die nach strengen wissenschaftlichen Kriterien bewiesen sind. Mit dem Vorsorgeprinzip will man denn auch potenzielle, aber bis heute nicht bewiesene Risiken verringern. Darum haben die Autoren der Literaturstudie eine differenzierte Bewertung der Risiken vorgenommen: Sie beurteilen für jede der analysierten wissenschaftlichen Studien,

  • wie sicher ein biologischer Effekt nachgewiesen ist und
  • wie bedeutsam er für die Gesundheit ist.

Unterschieden werden «gesicherte», «wahrscheinliche», «mögliche», «unwahrscheinliche» und «nicht beurteilbare» Effekte (Kasten).

Resultate der Literaturstudie

  • Neue «gesicherte» gesundheitliche Auswirkungen durch hochfrequente Strahlung gibt es laut der Studie nicht.
  • Als «wahrscheinlich» eingestuft wurden hingegen Wirkungen auf die Hirnströme und auf kognitive Funktionen. Deren Bedeutung für die Gesundheit bleibt allerdings unklar. Solche Wirkungen wurden beim Telefonieren mit Handys beobachtet, nicht jedoch im Zusammenhang mit Mobilfunk-Sendern.
  • Als «möglich» eingeschätzt wird ein erhöhtes Hirntumorrisiko bei häufigem Telefonieren mit dem Handy. Die entsprechenden Studien sind jedoch widersprüchlich.
  • Ebenfalls als «mögliche» Effekte einzustufen sind ein erhöhtes Leukämierisiko oder eine verschlechterte Schlafqualität in der Umgebung von starken Rundfunk-Sendern bei Belastungen bis in den Bereich des Anlagegrenzwertes der NISV. Diese Einschätzung basiert auf vereinzelten, nicht widerspruchsfreien Hinweisen.

Wissenslücken weiterhin gross

Für die kontrovers diskutierten Auswirkungen von Mobilfunk-Basisstationen gibt es bislang keine einzige aussagekräftige Untersuchung, und bei vielen Befunden lässt sich nicht sagen, ob Strahlung tatsächlich die Ursache ist. Die Autoren der Studie empfehlen daher einen vorsorgeorientierten Umgang mit hochfrequenter Strahlung und eine verstärkte Erforschung der gesundheitlichen Wirkungen.

Laut Jürg Baumann, Chef der Sektion Nichtionisierende Strahlung im BUWAL, dient der Bericht in erster Linie als wissenschaftliche Grundlage für einen gesellschaftlichen Risikodiskurs. Der Bericht zeige, dass eine vorsorgeorientierte Schutzstrategie und zusätzliche Forschung nötig sind.

Das BUWAL hat beim Bundesamt für Bildung und Wissenschaft einen Vorschlag für ein entsprechendes Nationales Forschungsprogramm eingereicht. Der Bundesrat wird bis Ende 2003 darüber entscheiden.

Wie sicher ist ein biologischer Effekt nachgewiesen?
Bewertungsschema:
Gesichert: Der Effekt hält einer streng wissenschaftlichen Beweisführung stand. Er ist mehrfach reproduziert und steht nicht im Widerspruch zu anderen Forschungsergebnissen. Es gibt einen plausiblen Wirkungsmechanismus.
Wahrscheinlich: Der Effekt wurde mehrfach und relativ konsistent festgestellt. Ein plausibler Wirkungsmechanismus fehlt.
Möglich: Es bestehen einzelne Hinweise für den Effekt. Die Ergebnisse sind insgesamt nicht konsistent.
Unwahrscheinlich: Es gibt keine Hinweise für den Effekt, aber mehrfache Hinweise für dessen Abwesenheit.
Nicht beurteilbar: Die Datenlage ist für eine Aussage zu spärlich. Die Untersuchungen weisen methodische Schwächen auf und die Ergebnisse sind häufig widersprüchlich.

Literaturdatenbank ELMAR
Jede der ausgewerteten Orginalstudien ist in der Datenbank ELMAR (electromagnetic radiation) zusammengefasst und bewertet. Die Datenbank wurde vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel aufgebaut und wird periodisch nachgeführt. Sie ist im Internet unter den folgenden Adressen zugänglich:
www.unibas.ch/elmar
www.elektrosmog-schweiz.ch/gesundheit



Adresse für Rückfragen

Auskunft:
Wissenschaftliche Fragen:
Dr. Martin Röösli
Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern
(Montag-Mittwoch, Tel. 031 631 33 81)
und Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel
(Donnerstag/Freitag, Tel. 061 270 22 17)

Fragen zum Schutzkonzept der NISV:
Dr. Jürg Baumann, BUWAL
(Tel. 031 322 69 64)



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