Impfstoffbeschaffung: Überprüfung schafft Transparenz über Verträge und Kredite

Bern, 08.06.2022 - Bei der Beschaffung von Impfstoffen waren mit zwei Ausnahmen alle Verträge und Zahlungen durch Kredite gedeckt. Dies hat eine erste Überprüfung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) ergeben. Gemeinsam mit den zuständigen Stellen des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und des Finanzdepartements (EFD) hat das EDI in den letzten vier Tagen alle Kredite und Verträge überprüft. Das definitive Bild wird eine Administrativuntersuchung geben müssen. Bundesrat Alain Berset hat die Resultate der Überprüfung heute Morgen der Finanzkommission des Nationalrats vorgestellt. Mit der Überprüfung wurde zudem der nachträgliche Mittelbedarf für das Jahr 2022 neu berechnet: Er beträgt neu 234.3 statt 314 Millionen Franken.

Vor der Debatte im Ständerat vom 1. Juni 2022 sind Unklarheiten über die Kürzungsmöglichkeiten der Räte bei der Impfstoffbeschaffung aufgetreten. Bundesrat Alain Berset hat daraufhin eine Administrativuntersuchung in die Wege geleitet. Parallel dazu hat das EDI gemeinsam mit den zuständigen Stellen des VBS und des EFD sowie unter Beizug eines externen Experten über die Pfingsttage alle Angaben zu Verträgen und Krediten im Detail überprüft, um dem Parlament alle notwendigen Informationen bereit zu stellen.

Überprüfung der Kreditdeckung

Die Überprüfung befasste sich mit einer allenfalls fehlenden Kreditdeckung beim Bundesratsentscheid vom 17. Dezember 2021. Der Bundesrat entschied dazumal, die vertraglich mit beiden Herstellerfirmen vereinbarten Optionen für die Beschaffung von je zusätzlichen 7 Millionen Impfstoffdosen für das Jahr 2022 auszulösen. Zu diesem Zeitpunkt war unklar, ob die dazu notwendigen Mittel durch den vom Parlament am 16. Dezember 2021 verabschiedeten Voranschlagskredit für das Jahr 2022 gedeckt waren. Der Bundesrat hatte deshalb entschieden, die allenfalls notwendigen Mittel per Nachtrag zu beantragen. Die eingeleitete Administrativuntersuchung wird klären, ob damals rechtskonform gehandelt wurde.

Überprüfung der Impfstoffverträge

Die Überprüfung der Verträge ergab, dass sich die Vertragsabschlüsse mit Impfstoffherstellern mit zwei Ausnahmen auf einen vom Parlament bewilligten Verpflichtungskredit abstützen konnten. Die Ausnahmen beziehen sich zum einen auf das Jahr 2020. Deshalb wird dem Parlament eine Erhöhung des Verpflichtungskredites um 319 Millionen Franken für das Jahr 2020 beantragt. Es handelt sich dabei um eine finanztechnische Korrektur des Verpflichtungskredits, die damaligen Beschaffungen waren durch Voranschlagskredite gedeckt. Dieser Fall war bereits vor den Abklärungen bekannt.

Zum anderen war beim Abschluss eines Anfang Mai 2021 unterzeichneten Vertrages der Verpflichtungskredit vom Parlament noch nicht gesprochen. Es konnte zwar ein Kreditvorbehalt eingefügt werden, dieser war jedoch nur bis zum 31. Mai 2021 befristet. Die vom Bundesrat beantragte Aufstockung des Verpflichtungskredits wurde von der Finanzkommission des Ständerats am 19. Mai 2021 einstimmig zur Annahme empfohlen. Die notwendige Bewilligung durch das Parlament erfolgte aber erst am 7. Juni 2021. Die Administrativuntersuchung wird klären, ob hier ein anderes Vorgehen möglich gewesen wäre.

Die Verhandlungsposition des Bundes in der COVID-Krise ermöglichte es gegenüber den Impfstoffherstellern nicht immer, einen Zahlungsvorbehalt in den Verträgen vorzusehen. Dieser Umstand führt dazu, dass das Parlament den beantragten Nachtragskredit für das Jahr 2022 in der Höhe von 172 Millionen nicht mehr ohne Konsequenzen kürzen kann. Inwiefern allenfalls beim Abschluss von Verträgen, der Auslösung von Bestellungen oder der Festsetzung der Voranschlagskredite Informationspflichten nicht oder nicht genügend wahrgenommen wurden, muss im Rahmen der angesetzten Administrativuntersuchung umfassend geklärt werden.

Mittelbedarf für 2022 korrigiert

Mit der Überprüfung wurde auch der nachträgliche Mittelbdarf für das Jahr 2022 neu berechnet: Er beträgt neu 234.3 statt 314 Millionen Franken. Gründe für den tieferen Mittelbedarf sind unter anderem eine versehentlich doppelt berechnete Reservationsgebühr, tiefere Logistikkosten, geringere Mengen Impfbegleitmaterial und ein reduzierter Bezug von Impfdosen, die in kleinere Einheiten abgepackt werden.

Sicherheitsstrategie bei der Impfstoffbeschaffung

Der Bundesrat hat bei der Impfstoffbeschaffung eine auf Sicherheit ausgerichtete Strategie verfolgt und Impfstoffe bei zwei Herstellern bestellt. Sein Ziel ist es, die Risiken zu minimieren und sicherzustellen, dass die Schweiz auch bei allfälligen Produktionsengpässen oder Qualitätsmängeln, über genügend und qualitativ hochstehende Impfstoffe verfügt und die Schweizer Bevölkerung Zugang zu den jeweils wirkungsvollsten Impfstoffen hat. Mit dieser Strategie wurde bewusst in Kauf genommen, dass zu viel Impfstoff beschafft wird und ein Teil der beschafften Dosen entweder verkauft, weitergegeben oder allenfalls vernichtet werden muss.

Impfstoffe für 2022 und 2023

Für das Jahr 2022 stehen 33 Millionen Impfdosen zur Verfügung. Der Bundesrat hat für das erste Halbjahr 2022 je 7 Millionen Impfdosen von den beiden mRNA-Herstellern gesichert. Anlässlich seiner letzten Sitzung im Jahr 2021, am 17. Dezember 2021, hat der Bundesrat entschieden, die Optionen für weitere je 7 Millionen Dosen für das Jahr 2022 einzulösen. Dank dieses Entscheids wird die Schweizer Bevölkerung im Herbst Zugang zu den neusten Impfstoffen haben, falls eine nächste Auffrischimpfung angezeigt ist. Zudem hat die Schweiz mit dem Hersteller Moderna vereinbart, dass eine Lieferung im Umfang von 4 Millionen Impfdosen aus dem Jahr 2021 ins Jahr 2022 verschoben werden konnte. Schliesslich hat der Bundesrat auch noch 1 Million Dosen des Novavax-Impfstoffs gesichert, für Personen, die der mRNA-Technologie kritisch gegenüberstehen.

Der Bundesrat schlägt vor, für das Jahr 2023 je 7 Millionen Impfdosen von den beiden mRNA-Herstellern zu sichern. Zudem besteht erneut eine Option, bis Ende 2022 weitere je 7 Millionen Dosen zu beziehen. Diese vertraglich zugesicherten Optionen lösen keine Kosten aus. Aktuell geht der Bundesrat nicht davon aus, dass diese Optionen eingelöst werden müssen. Für diese beiden Beschaffungen im Jahr 2023 besteht je ein gültiger Parlamentsvorbehalt.


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