Arzneimittel: Gleichbehandlung und Zugang sollen verbessert werden

Bern, 03.06.2022 - Der Bundesrat will bei der Einzelfallvergütung die Gleichbehandlung der Patientinnen und Patienten durch die Krankenversicherer sowie die Preisfestsetzung und die Transparenz verbessern. Er hat an seiner Sitzung vom 3. Juni 2022 entsprechende Verordnungsänderungen in die Vernehmlassung geschickt. Die Einzelfallvergütung ermöglicht einen möglichst raschen Zugang zu dringend benötigten Arzneimitteln, bevor ihr Preis festgesetzt worden ist. Zudem schlägt der Bundesrat weitere Massnahmen vor, um den Prozess der Aufnahme in die Spezialitätenliste zu beschleunigen und die Kosten zu dämpfen, insbesondere dank vermehrter Abgabe von kostengünstigen Generika.

Im Rahmen der Einzelfallvergütung entscheiden die Krankenversicherer über die Vergütung lebenswichtiger Arzneimittel aufgrund der medizinischen Beurteilung durch ihre Vertrauensärzte. Der Entscheid über eine Kostengutsprache basiert auf der Bewertung des therapeutischen Nutzens eines Arzneimittels oder einer Therapie und der Festlegung eines wirtschaftlichen Preises. Heute bestehen grosse Unterschiede bei der Beurteilung der einzelnen Krankenversicherer, weil ihre Vertrauensärzte zu unterschiedlichen Resultaten kommen.

Um die Gleichbehandlung von Patientinnen und Patienten zu erhöhen, werden die Krankenversicherer künftig verpflichtet, das von den Vertrauensärzten entwickelte Nutzenbewertungsinstrument (OLUTool) anzuwenden und bei der Nutzenbewertung Experten beizuziehen. Zudem erhalten die Krankenversicherer die Möglichkeit, die Nutzenbewertung für häufig beantragte Arzneimittel gemeinsam durchzuführen und die Resultate zu publizieren.

Die Preisfestsetzung wird ebenfalls klarer geregelt: Je höher der Nutzen eines Arzneimittels, desto höher fällt der Preis aus, den der Krankenversicherer mit dem Pharmaunternehmen festlegt. Der Bundesrat will des Weiteren auch die Vergütung von kostengünstigen Therapien ermöglichen, die nicht von Swissmedic zugelassen sind.

Die vom Bundesrat vorgesehenen Massnahmen erhöhen die Zugangsgerechtigkeit sowie die Zugangsgeschwindigkeit für Patientinnen und Patienten und führen zu einer administrativen Entlastung der Ärztinnen und Ärzte, Krankenversicherer und Pharmaunternehmen.

Rascherer Zugang zu Arzneimitteln: «early dialogue»

Diejenigen Arzneimittel, die von den Krankenversicherern im Rahmen der OKP vergütet werden, sind auf der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt. Der Bundesrat beabsichtigt, den raschen und möglichst kostengünstigen Zugang zu diesen Arzneimitteln im Interesse der Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern. Neu soll ein Pharmaunternehmen die Möglichkeit erhalten, mit dem BAG eine Vorabklärung durchzuführen, noch bevor es ein Gesuch zur Aufnahme auf die SL gestellt hat. Dies ermöglicht es den Pharmaunternehmen, die Einschätzung des BAG im Rahmen ihres Gesuchs zu berücksichtigen. Dadurch können lange Diskussionen vermieden und der Zugang zur Vergütung über die Spezialitätenliste beschleunigt werden.

Generika: Anpassungen bei Preisfestsetzung und Selbstbehalt

Generika sind in der Schweiz rund doppelt so teuer und weniger verbreitet als im Ausland. Um die Verbreitung der Generika in der Schweiz zu fördern, vergrössert der Bundesrat die Anreize, Generika abzugeben.

Damit zusätzlich zur Wirtschaftlichkeit von Generika auch die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, wird bei der Preisfestsetzung das Marktvolumen wirkstoffgleicher Arzneimittel berücksichtigt. Umsatzstarke Generika haben einen vergleichsweise hohen Preisabstand zu den teureren Originalpräparaten und somit einen günstigeren Preis. Der Bundesrat will eine zusätzliche Kategorie von besonders umsatzstarken Wirkstoffen mit einem höheren Preisabstand zum Originalpräparat einführen. Zudem soll der Vertriebsanteil für alle patentabgelaufenen Arzneimittel in Zukunft gleich hoch sein und der Selbstbehalt für Patientinnen und Patienten beim Nicht-Bezug von Generika steigen.

Der Bundesrat hat die Massnahmen so ausgestaltet, dass substanzielle Einsparungen möglich sind und gleichzeitig die Versorgungssicherheit weiterhin berücksichtigt wird. So sind z.B. Generika mit geringem Marktvolumen weniger von den Einsparungen betroffen als umsatzstarke Generika. Bei Biosimilars sollen ähnliche kostendämpfende Massnahmen eingeführt werden.

Mit den Anpassungen bei den Generika und Biosimilars reagiert der Bundesrat auf die Forderung des Parlaments, auf die Einführung eines Referenzpreissystems zu verzichten, die Preise dieser Arzneimittel jedoch dennoch zu senken.

Weitere kostendämpfende Massnahmen

Weitere kostendämpfende Massnahmen, die der Bundesrat umsetzen will, betreffen die Zusammensetzung der Referenzländer und die Berechnungsmethode beim Auslandpreisvergleich, den Innovationszuschlag bei Arzneimitteln, die Preisbildung bei Multiindikations- und Nachfolgepräparaten sowie die Anpassung des Selbstbehalts bei teuren Arzneimitteln (z.B. Originalpräparate), falls günstigere Präparate zur Verfügung stehen.

Die Massnahmen erfordern eine Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV). Die Vernehmlassung beginnt am 3. Juni 2022. und dauert bis zum 30. September 2022. Die geänderten Verordnungen sollen im ersten Halbjahr 2023 in Kraft treten.


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