Der Bund dokumentiert sein Engagement in der Armutsprävention

Bern, 06.04.2022 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 6. April 2022 einen Bericht gutgeheissen, der einen Überblick über seine Tätigkeiten in der Armutsprävention gibt. Im Fokus stehen dabei die Aktivitäten der Nationalen Plattform gegen Armut, die 2019 das Nationale Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut abgelöst hat. Sie konnte in der ersten Hälfte ihrer Laufzeit ihre Vorhaben plangemäss umsetzen.

Mit der Überweisung des Postulats (19.3954) der ständerätlichen Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) forderte der Ständerat im Juli 2019 den Bundesrat auf, zu prüfen, wie der Bund die Aufgabe der Armutsprävention weiterführen könne. Besonders zu gewichten sei die Reduktion des Armutsrisikos von Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch Bildungsmassnahmen. Der vorliegende Bericht zeigt auf, wie sich der Bund seit dem Ende des Nationalen Programms gegen Armut (2014-2018) in der Armutsprävention engagiert hat. Im Zentrum stehen dabei die Aktivitäten, welche die Nationale Plattform gegen Armut in der ersten Hälfte ihrer Laufzeit (2019-2021) erbracht hat. Ergänzend wird auch auf weitere Geschäfte auf Bundesebene eingegangen, die einen Bezug zu den Arbeiten der Plattform haben. Dazu gehören beispielsweise Massnahmen zur Förderung von Grundkompetenzen Erwachsener oder zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Aktivitäten der Nationale Plattform gegen Armut 

Für die Armutsbekämpfung im engeren Sinn – die Abwendung bestehender oder unmittelbar drohender Notlagen – sind in erster Linie die Kantone und Gemeinden zuständig. Die Kompetenzen des Bundes sind in diesem Bereich gering. Einen grösseren Handlungsspielraum besitzt der Bund in der Armutsprävention, das heisst für Strategien und Massnahmen, die vorausschauend intervenieren, um eine Armutssituation oder -gefährdung gar nicht erst eintreten zu lassen. Seine konkreten Kompetenzen sind davon abhängig, in welchem Bereich (z.B. Bildung, Gesundheit, Arbeitsmarkt) präventive Handlungsansätze verfolgt werden und welche spezifischen Massnahmen zur Diskussion stehen. Gleichzeitig setzt der Bund seit 2019 die Nationale Plattform gegen Armut um. Sie dient dazu, die Zusammenarbeit unter den Akteuren der Armutsprävention und -bekämpfung zu verbessern, die Fachdiskussion zu intensivieren und das Wissen der beteiligten Akteure zu erweitern. Auf diese Weise nimmt der Bund eine aktive Rolle ein, ohne in die Zuständigkeiten der Kantone und Gemeinden einzugreifen.

Das Konzept der Plattform sieht vor, die Armutsprävention in vier Schwerpunktthemen zu vertiefen: erstens die Beteiligung von armutsbetroffenen Menschen, zweitens die Unterstützung von gefährdeten Jugendlichen an den Übergängen von der Schule in eine Ausbildung und in den Beruf, drittens die Qualifizierung von armutsgefährdeten Erwachsenen und viertens die Unterstützung von Familien. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie wurde ein zusätzlicher Schwerpunkt geschaffen, der die Auswirkungen der Krise auf Armut und sozioökonomische Ungleichheit untersucht und die laufenden Forschungstätigkeiten dokumentiert. Der im November 2021 publizierte Synthesebricht zeigt, dass die Pandemie zumindest vorübergehend zu einer Zunahme finanzieller Ungleichheit führte. Dies schlug sich 2020 und 2021 allerdings nicht in einer Erhöhung der Sozialhilfezahlen nieder – unter anderem dank den Hilfeleistungen von Bund, Kantonen und Gemeinden. Besonders hart getroffen hat die Krise erwiesenermassen Bevölkerungsgruppen, die nicht oder nur begrenzt in das System der sozialen Sicherheit integriert sind.

Die Plattform konnte das erweiterte Programm bisher erfolgreich umsetzen. Bis Ende 2021 hat sie vier wissenschaftliche Berichte und einen Praxisleitfaden publiziert und eine nationale Fachtagung unter Einbezug von armutsbetroffenen Menschen durchgeführt. Weitere Publikationen und -Anlässe auf nationaler Ebene sind in der verbleibenden Laufzeit der Plattform vorgesehen. So befasst sich eine nationale Fachtagung am 28. Juni 2022 mit der Frage, wie die Unterstützungsangebote für gefährdete Jugendliche verbessert werden können. Die Ergebnisse der Arbeiten der Plattform sind auf einer Webseite (www.gegenarmut.ch) dokumentiert. Mit den laufenden Arbeiten erachtet der Bundesrat die Anliegen des Postulats als erfüllt.

Armutsmonitoring eingeführt

Im Juni 2020 hat das Parlament dem Bundesrat zusätzlich den Auftrag erteilt, ein nationales Armutsmonitoring einzuführen und dem Parlament alle fünf Jahre Bericht zu erstatten. Das Monitoring soll steuerungsrelevantes Wissen für die beteiligten Akteure bereitstellen, indem es die Armutssituation in der Schweiz beschreibt und aufzeigt, was über die Wirksamkeit bestehender Strategien und Massnahmen bekannt ist. Es nutzt in der Aufbauphase (2022-2025) die bewährte Projektorganisation der Plattform gegen Armut. Ein erster Monitoringbericht soll dem Bundesrat bis Ende 2025 vorgelegt werden.

Engagement des Bundes in der Armutsprävention und -bekämpfung

Der Bundesrat hat 2010 eine Strategie zur Armutsbekämpfung publiziert und von 2014 bis 2018 das nationale Programm zur Prävention und Bekämpfung von Armut lanciert, das der Bund gemeinsam mit Kantonen, Gemeinden und Organisationen der Zivilgesellschaft umsetzte. Am 18. April 2018 hat der Bundesrat den Schlussbericht des Programms publiziert und entschieden, sein Engagement für weitere sechs Jahre fortzusetzen. Dieses Folgeprogramm trägt den Namen «Nationale Plattform gegen Armut» (2019-2024). Die Plattform hat die Aufgabe, in ausgewählten Themen praxisbezogenes Knowhow zu generieren sowie die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustausch unter den involvierten Akteuren zu fördern.

Mit der Umsetzung der Plattform gegen Armut wurde, wie zuvor beim Armutsprogramm, das BSV betraut. Ihm wurden dafür von 2019 bis 2024 1,4 Stellen und Sachmittel in der Höhe von 250'000 Franken pro Jahr zur Verfügung gestellt.

Gemäss der Erhebung 2020 des Bundesamts für Statistik zu Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) sind in der Schweiz rund 722'000 Menschen von Armut betroffen (Einkommen 2019). Dies bedeutet, dass sie auch mit allfälligen Sozialleistungen nicht über genügend Einkommen verfügen, um das soziale Existenzminimum sicherzustellen. Der Anteil der Armutsbetroffenen an der ständigen Wohnbevölkerung beträgt 8,5% (sogenannte Armutsquote). In den vergangenen Jahren wies die Armutsquote eine zunehmende Tendenz auf.


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Thomas Vollmer,
Leiter Bereich Alter, Generationen und Gesellschaft FGG
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