Gesamtbericht über die schweizweite Überprüfung der Gesundheitsversorgung im Freiheitsentzug durch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (2019-2021)

Bern, 17.02.2022 - In ihrem heute veröffentlichten Bericht publiziert die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKFV) ihre Erkenntnisse und Empfehlungen zur Gesundheitsversorgung im Freiheitsentzug. Die Erkenntnisse basieren auf Besuchen in dreizehn Einrichtungen des Freiheitsentzugs. Aus Sicht der Kommission ist die Gesundheitsversorgung im Freiheitsentzug grundsätzlich gewährleistet. Als positiv bewertet sie die Bemühungen der Einrichtungen, die Gesundheitsversorgung für inhaftierte Personen stetig zu verbessern. Handlungsbedarf sieht die Kommission bei der Umsetzung der epidemienrechtlichen Vorgaben sowie bei der geschlechtsspezifischen Gesundheitsversorgung insbesondere in kleinen und gemischten Einrichtungen. Weitere Verbesserungsmöglichkeiten bestehen aus Sicht der Kommission bei der psychiatrischen Grundversorgung.

Der Bericht zur Gesundheitsversorgung im Freiheitsentzug (2019-2021) baut auf den Erkenntnissen des ersten Gesamtberichtes (2018-2019) auf und fokussiert auf die psychiatrische Grundversorgung, die geschlechtsspezifische Gesundheitsversorgung sowie auf die Umsetzung der epidemienrechtlichen Vorgaben.

Inhaftierte Personen weisen häufig und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung vermehrt psychische Krankheitsbilder auf. Es besteht somit ein grosser Bedarf an adäquater psychiatrischer Versorgung, insbesondere von Gesprächs- und Therapiemöglichkeiten. Der Zugang zu psychiatrischer Versorgung muss zudem regelmässig, zeitnah und niederschwellig erfolgen. Nach Einschätzung der Kommission genügt die bestehende psychiatrische Grundversorgung diesen Anforderungen nur teilweise. Sowohl der Zugang zu psychiatrischer Versorgung als auch die psychotherapeutische Krisenintervention muss ausgebaut werden.

Die gynäkologische Versorgung von inhaftierten Frauen ist grundsätzlich gewährleistet. Nach Ansicht der Kommission besteht Verbesserungspotential bei der Abklärung des Gesundheitszustandes von Frauen beim Eintritt. Diese muss insbesondere bei längeren Gefängnisaufenthalten systematisch erfolgen. Die Kommission bemängelt ausserdem die kaum vorhandene geschlechtsspezifische psychiatrische Versorgung.

Weiter sieht die Kommission Handlungsbedarf bei der Inhaftierung von Frauen in kleineren Einrichtungen des Freiheitsentzuges, in denen sowohl Frauen als auch Männer untergebracht sind. Wegen der Notwendigkeit der geschlechtergetrennten Unterbringung sind Frauen teilweise für längere Zeit isoliert und haben auch weniger Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Kommission empfiehlt deshalb, Frauen in geeigneten Einrichtungen unterzubringen bzw. Alternativen zur Haft zu prüfen.

Da die epidemienrechtlichen Vorgaben weiterhin unterschiedlich umgesetzt werden, regt die Kommission eine schweizweite Harmonisierung bei der Umsetzung dieser Vorgaben an.

Die NKVF überprüfte schliesslich auch die Umsetzung der im ersten Gesamtbericht zur Gesundheitsversorgung abgegebenen Empfehlungen. Die Kommission ist sich bewusst, dass deren Umsetzung nur schrittweise erfolgen kann und Zeit benötigt. Den für die Gesundheitsversorgung im Justizvollzug zuständigen Behörden sowie den überprüften Einrichtungen wurde der Gesamtbericht schliesslich zur Stellungnahme unterbreitet.


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Livia Hadorn
Geschäftsführerin NKVF
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Nationale Kommission zur Verhütung von Folter
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