Drei Schweizer Tochtergesellschaften des Erdöldienstleistungskonzerns SBM Offshore wegen strafrechtlicher Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit Bestechungshandlungen verurteilt

Bern, 23.11.2021 - Die Bundesanwaltschaft (BA) hat drei Schweizer Tochtergesellschaften des multinationalen Konzerns SBM Offshore zur Zahlung von über CHF 7 Millionen verurteilt, beinhaltend eine Busse in der Höhe von CHF 4.2 Millionen. Diese drei Gesellschaften haben nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen getroffen, um in ihren Reihen die Bestechung fremder Amtsträger in Angola, in Äquatorialguinea und in Nigeria zu verhindern

Mit Strafbefehl vom 18.11.2021 verurteilte die BA die Gesellschaften schweizerischen Rechts SBM Holding Inc. SA, Single Buoy Moorings Inc. und SBM Production Contractors Inc. SA zur Zahlung eines Betrags von über CHF 7 Millionen, beinhaltend eine Busse von CHF 4.2 Millionen. Aufgrund einer Vielzahl von schwerwiegenden Mängeln der internen Organisation haben die drei vorgenannten Gesellschaften zwischen 2006 und Anfang 2012 die Bestechung von Amtsträgern in Angola, Äquatorialguinea und Nigeria nicht verhindert (Art. 102 Abs. 2 des Strafgesetzbuches [StGB] in Verbindung mit Art. 322septies StGB). Der Konzern SBM Offshore, dessen Schweizer Tochtergesellschaften das finanzielle Betriebszentrum bilden, ist auf die Konzipierung, die Herstellung und die Vermarktung von maritimen Systemen und Ausrüstungen für die Öl- und Gasindustrie spezialisiert.

Kontext
Der Strafbefehl vom 18.11.2021 steht in Zusammenhang mit einem anderen Verfahren der BA, welches bereits zu einem Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts vom 6. Juli 2020 führte (SK.2020.8). Durch dieses Urteil wurde ein ehemaliger leitender Angestellter des Konzerns SBM Offshore und der SBM Holding Inc. SA im Rahmen eines abgekürzten Verfahrens wegen Bestechung fremder Amtsträger in Angola schuldig gesprochen (art. 322septies StGB).

Der Strafbefehl ist ebenfalls mit den unter anderem durch SBM Offshore N.V. 2014 in den Niederlanden, 2017 in den Vereinigten Staaten von Amerika und 2018 in Brasilien abgeschlossenen Abkommen in Beziehung zu setzen. Er zeigt den Willen der BA, Unternehmen, welche von der Schweiz aus grenzüberschreitende Bestechung betreiben, strafrechtlich zu verfolgen und zu belangen, selbst wenn ein Teil der vorgeworfenen Tatbestände im Ausland bereits Gegenstand von Vereinbarungen waren.

Systemische Korruption
Die Untersuchungen der BA ergaben, dass zwischen 2006 und Anfang 2012 Bestechungszahlungen in der Höhe von insgesamt mehr als USD 22 Millionen und fast EUR 1 Million zugunsten von Amtsträgern in Angola, in Äquatorialguinea und – in kleinerem Mass – in Nigeria geleistet wurden. Die Gelder stammten von der SBM Holding Inc. SA gehörenden Bankkonten und wurden mit Hilfe von Mittelsmännern über Scheinfirmen unter dem Deckmantel von fiktiven Verträgen mit den drei verurteilten Schweizer Gesellschaften übermittelt. Diese kriminellen Praktiken waren Teil eines regelrechten Systems, welches eingerichtet worden war, um massive Bestechungszahlungen zugunsten von fremden Amtsträgern im Hinblick auf die Vergabe von Verträgen an den Konzern SBM Offshore durchzuführen.

Das Ausmass und die Dauer der innerhalb der drei verurteilten Gesellschaften, und im weiteren Sinne innerhalb des Konzerns SBM Offshore begangenen Bestechungshandlungen zeigen, dass die Bestechungsrisikoanalyse, die Massnahmen und Verfahren zur Bekämpfung der Korruption und die diesbezüglichen Kontrollen, insbesondere in Bezug auf Mittelsmänner, während des untersuchten Zeitraums entweder fehlten oder völlig unzulänglich waren.

Diese Verfehlungen erscheinen als umso schwerwiegender, als die von den drei verurteilten Gesellschaften benutzten Mittelsmänner Dienste auf dem Gebiet der Öl- und Gasindustrie leisten sollten, welche dem Bestechungsrisiko besonders ausgesetzt ist, und dies mit Verträgen verbunden war mit Gesellschaften, welche Ländern gehören, die bekannterweise chronischen Korruptionsproblemen ausgesetzt sind.  Der so festgestellte Organisationsmangel herrschte bei jeder der drei verurteilten Gesellschaften, welche die gleichen Büroräume und teilweise dieselben Angestellten und Mitglieder des Verwaltungsrates teilten.

Busse, Ersatzforderung und Teileinstellung
Gemäss Art 102 Abs. 3 StGB wird die einem als strafrechtlich verantwortlich erkannten Unternehmen aufzuerlegende Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels, des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens bemessen. Der durch den Gesetzgeber festgesetzte Höchstbetrag beträgt CHF 5 Millionen (Art. 102 Abs. 1 in fine StGB). SBM Holding Inc. SA, Single Buoy Moorings Inc. und SBM Production Contractors Inc. SA werden demnach zu einer Busse von CHF 4.2 Millionen verurteilt, welche insbesondere die lange zurückliegenden Bestechungshandlungen fremder Amtsträger in ihren Reihen berücksichtigt, sowie die Massnahmen, welche durch den Konzern SBM seit 2012 ergriffen wurden, um den Bestechungspraktiken ein Ende zu setzen.

Im Weiteren werden SBM Holding Inc. AG, Single Buoy Moorings Inc. und SBM Production Contractors Inc. AG zur Zahlung einer Ersatzforderung in der Höhe von CHF 2.8 Millionen im Zusammenhang mit Bestechungszahlungen in Nigeria verurteilt. Gemäss Art. 71 Abs. 1 StGB wird auf eine Ersatzforderung erkannt, wenn die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr unmittelbar vorhanden sind. In Bezug auf die Bestechungszahlungen in Angola und in Äquatorialguinea konnten demgegenüber keine Ersatzforderungen ausgesprochen werden, insofern als die entsprechenden, vom Konzern SBM Offshore erzielten Gewinne bereits in den im Rahmen der Vereinbarungen mit den Niederlanden und den Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren 2014 und 2017 bezahlten Beträgen enthalten waren. Die aus denselben Bestechungsgeldern stammenden Vermögenswerte sind gemäss den geltenden Gesetzesbestimmungen dementsprechend nicht doppelt einzuziehen.

Schliesslich bleibt anzumerken, dass die BA mittels gesonderter Teileinstellungsverfügung vom 18.11.2021 das Verfahren bezüglich des Verdachts des Organisationsmangels im Zusammenhang mit Bestechungshandlungen gegenüber fremden Amtsträgern in Brasilien einstellte. Dies mit der Begründung, dass SBM Holding Inc. SA im Rahmen desselben Sachverhalts Vertragspartei der in Brasilien 2017 abgeschlossenen Vereinbarung war (siehe Art. 319 Abs. 1 lit. e und Art. 8 Abs. 2 lit c der Strafprozessordnung [StPO]). Das Verfahren gegen Unbekannt wurde ebenfalls eingestellt, da die Untersuchung es nicht ermöglicht hat, darzulegen, dass zwischen 2006 und 2012 weitere Bestechungshandlungen fremder Amtsträger innerhalb der schweizerischen Gesellschaften des SBM Offshore Konzerns begangen worden wären (siehe Art. 319 Abs. 1 lit. a StPO).

Der Strafbefehl sowie die Teileinstellungsverfügung vom 18.11.2021 können auf Anfrage zu den üblichen Bedingungen beim Rechtsdienst der BA (rechtsdienst@ba.admin.ch) eingesehen werden.


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Kommunikationsdienst der Bundesanwaltschaft, T +41 58 464 32 40, info@ba.admin.ch


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