Zusammenarbeit bei der Bekämpfung organisierter Kriminalität

Bern, 16.11.2021 - Die vom Bundesamt für Justiz (BJ) am 16. November 2021 kommunizierten Festnahmen in der Schweiz sowie gleichentags in Italien erfolgte Festnahmen stehen im Zusammenhang mit einer erfolgreichen Zusammenarbeit von verschiedenen Behörden auf nationaler und internationaler Ebene.

(Gemeinsame Medienmitteilung der Bundesanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen)

Die Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen führt mit Unterstützung des Bundesamts für Polizei fedpol ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz. Als sich bei diesen Ermittlungen Hinweise auf organisierte Kriminalität ergaben und ersichtlich wurde, dass eine internationale Dimension besteht und wahrscheinlich mehrere Kantone davon betroffen sind, wurden auf Initiative des Kantons St.Gallen zuständigkeitshalber die Behörden der betroffenen Kantone sowie die Bundesbehörden informiert und miteinbezogen.

Über den Kontakt der Bundesanwaltschaft (BA) mit den zuständigen Behörden in Italien zeigte sich, dass in diesem Zusammenhang bereits von mehreren italienischen Antimafia-Staatsanwaltschaften Strafverfahren geführt wurden, konkret von der Procura di Milano, der Procura di Reggio Calabria und der Procura di Firenze.

Daraufhin eröffnete die BA ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation (Art. 260ter des Strafgesetzbuches [StGB]). Da der Schweizer Fall einen konkreten Zusammenhang mit den Verfahren der Procura di Milano und der Procura di Reggio Calabria aufwies, wurde zwischen der BA und den beiden italienischen Behörden ein gemeinsames Ermittlungsteam gegründet (ein sogenanntes «Joint Investigation Team», JIT).

Dieses JIT ermöglichte die Koordination und erfolgreiche Durchführung von länderübergreifenden Ermittlungsmassnahmen sowohl in der Schweiz wie auch in Italien. Die Ermittlungsmassnahmen wurden von den jeweiligen Strafverfolgungsbehörden angeordnet und in der Schweiz von der Kantonspolizei St.Gallen und von fedpol mit Unterstützung der Kantonspolizeien Zürich, Graubünden, Tessin, Schwyz, Solothurn, Luzern, Aargau, Thurgau und Uri ausgeführt. In Italien wurden die Ermittlungen von der Polizia di Stato, der Squadra mobile di Milano, der Guardia di Finanza, dem Nucleo di Polizia Economico – Finanziaria di Como und dem Gruppo Carabinieri Gioia Tauro ausgeführt. Das gemeinsame Ziel war die Identifizierung einer kriminellen Mafia-Organisationsstruktur sowie der Absichten und Funktionsweisen dieser Struktur.

Im Verlauf dieser Ermittlungen wurde das von der BA geführte Strafverfahren auf mehrere Personen sowie auf den Straftatbestand des Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz ausgedehnt. Die Ermittlungen haben den Verdacht erhärtet, dass die kriminellen Aktivitäten der beschuldigten Personen sowohl in der Schweiz wie auch in Italien dem Muster eines ‘Ndrangheta-Clans entsprechen.

Zudem zeigten sich enge Beziehungen zwischen den beschuldigten Personen in der Schweiz und anderen auch im Raum Como tätigen Clans, welche im Fokus der Ermittlungen der Procura di Milano standen. Dabei offenbarten sich die kriminellen Absichten dieser ‘Ndrangheta-Clans über Italien hinaus, also auch in der Schweiz. Weiter zeigten die Ermittlungen eine hierarchische Unterstellung der in der Schweiz lebenden Personen unter die Führungsspitzen der ‘Ndrangheta in deren Herkunftsgebieten. In der Schweiz wurden vor allem Aktivitäten im Zusammenhang mit dem internationalen Drogenhandel festgestellt, stets in Verbindung mit Personen und Aktivitäten in Italien. Während den geheimen Ermittlungen konnten sowohl in der Schweiz wie auch in Italien bereits Personen festgenommen und erhebliche Mengen an Kokain beschlagnahmt werden.

Für sämtliche Verfahrensbeteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Weitere Angaben zum Strafverfahren und/oder zu konkreten Verfahrensschritten macht die BA zurzeit nicht.

Verfolgung und Bekämpfung von organisierter Kriminalität
Die Verfolgung und Bekämpfung von organisierter Kriminalität ist für die Bundesanwaltschaft (BA) ein Bereich mit strategischer Priorität. Die BA führt verschiedene Strafverfahren im Bereich der Strafverfolgung von kriminellen Organisationen aus dem Umfeld verschiedener Mafia-Organisationen zumeist italienischen Ursprungs. Im Rahmen dieser Strafverfahren wird wegen verschiedenen Straftatbeständen ermittelt, bei den meisten Strafverfahren ist jedoch der Verdacht der Unterstützung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Organisation (Art. 260ter StGB) von zentraler Bedeutung.

Organisierte Kriminalität ist ein grenzüberschreitendes und dynamisches Phänomen. Bei deren Verfolgung und Bekämpfung ist die Zusammenarbeit mit Partnerbehörden im In- und Ausland deshalb von entscheidender Bedeutung. In der Schweiz ist dies eine Verbundaufgabe der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Kantonsebene, welche je über unterschiedliche Zuständigkeiten und Instrumente verfügen.
Weil die Schweiz solch schwerwiegende Formen der Kriminalität nicht im Alleingang bekämpfen kann, ist eine enge Kooperation mit anderen Staaten und ein möglichst unmittelbarer grenzüberschreitender Informationsfluss zwischen den jeweiligen Behörden zentral. Entscheidend ist der Einsatz von gemeinsamen Instrumenten, beispielsweise im Rahmen von gemeinsamen Ermittlungsteams («JIT», Joint Investigation Teams), zur direkten und effizienten Koordination von internationaler Ermittlungen. Solche Formen der Zusammenarbeit bestehen bereits heute, insbesondere mit Italien, und haben sich als effizientes Instrument für den Informationsaustausch im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungen erwiesen. Ein weiterer Ansatz von grundlegender Bedeutung ist die Harmonisierung der nationalen Gesetzgebungen.


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