Wind ist ein Wunder an Energie

Bern, 31.08.2021 - Rede von Bundesrätin Simonetta Sommaruga an der Suisse Eole Tagung in Bern

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Präsidentin

Sehr geehrte Vizepräsidentin

Sehr geehrter Lionel Perret, Geschäftsführer

Geschätzte Anwesende

Wind ist ein Wunder an Energie. Pro Tag kann er 35x mehr Energie erzeugen, als die Menschheit in diesem Zeitraum verbraucht. Und diese Ressource erneuert sich alle 24 Stunden.

Die Kraft von Wind wird rund um den Globus immer besser genutzt. Einen Eindruck davon habe ich im Juli erhalten. Ich habe in Senegal den grössten Windpark Westafrikas besucht. 46 Windturbinen versorgen 2 Millionen Menschen dort neuerdings mit Strom.

 Unter den Windanlagen lief gerade die Mango-Ernte. Für die Mango-Plantagen bleibt mit den platzsparenden Windturbinen viel mehr Platz als mit einem Solarpark, der grossflächig das Land überdecken würde.

Windenergie ist eine reife und saubere Technologie. Zusammen mit der Wasserkraft und den Kehrichtverbrennungsanlagen hat sie die beste Ökobilanz aller Stromproduktionsanlagen in der Schweiz.

Der wichtigste Faktor in der Windenergie ist aber oft nicht die Technologie.

Der wichtigste Faktor ist meist der Mensch. Die erste Idee zu einer Windanlage entsteht im Kopf eines Menschen und am Schluss wird die Windanlage von Menschen realisiert. Menschen können gleichzeitig auch die letzte grosse Hürde sein, die ein Projekt zu Fall bringen.

Darum bewähren sich auch Projekte, die gut in der Region eingebettet sind. Projekte, die in der Schweiz mit der Bevölkerung zusammen realisiert werden. Auch Bürgerprojekte ermöglichen es, dass die Bevölkerung ihre Energiewelt aktiv mitgestaltet, wer will, kann Miteigentümer werden. So entsteht sehr viel positive Dynamik von unten nach oben, von der Diskussion an der Basis bis zum Moment, wo auf zig Metern Höhe ein Rotor dreht.

Durch die Beteiligungsmöglichkeit der Bevölkerung wird ein gemeinsames Verständnis geschaffen, das ist ein fruchtbarer Boden für soziale Akzeptanz.

Unsere Vorfahren haben sich vor vielen Jahren für eine Schweiz mit Wasserkraft und mit Kernkraft entschieden. 2017 hat die Bevölkerung aber befunden: Es geht auch ohne Kernkraft, denn sie ist riskant und teuer.

Jetzt sind wir daran, umzusetzen, WIE konkret das geht. Eine grosse Sicherheit bietet uns dabei die Wasserkraft. Wir sind stolz darauf – obschon sie nur durch Eingriffe in die Landschaft und die Natur möglich war. Schon unsere Vorfahren haben schwierige Güterabwägungen machen müssen. Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Schweiz geht uns das heute nicht anders.

Hinter den Windprojekten stehen Menschen, die sich mit viel Herzblut für erneuerbare Energie einsetzen. Ziehen sich Projekte ewig hin, kostet sie dies einerseits viel Kraft, andererseits kann es auch viel Geld kosten.

Das Problem ist erkannt. Meine Ämter arbeiten mit Hochdruck an Vorschlägen für eine bessere Koordination der Ziele im Bereich Energie, Umwelt und Raumplanung.

Nicht untätig sind auch die Kantone. Sie haben in den vergangenen Monaten und Jahren über 100 Windenergievorhaben in ihre Richtpläne aufgenommen. 70 davon sind soweit, dass die Nutzungsplanung und die Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden können oder sie liegen sogar schon vor.

Der Guichet unique des Bundes hat sich innert kurzer Zeit als wichtige Anlaufstelle für Investoren und Kantone etabliert, wenn es um Fragen bei der Planung von Windenergieanlagen geht.

Als Hilfestellung für die Kantone und andere Akteure hat der Bund das Konzept Windenergie erarbeitet und 2020 erstmals angepasst. Im Konzept Windenergie sind beispielsweise Flächen ausgewiesen, die aus Sicht des Bundes für die Windenergienutzung ein Potenzial besitzen.

Ich weiss, die Umsetzung von Windprojekten verläuft oft harzig. Stehen die Windanlagen aber erst einmal und drehen und liefern günstigen, ökologischen Strom, dann steigt auch das Wohlwollen für diese Technologie.

Dort, wo die Bevölkerung die Windenergie schon kennt, stimmt sie auch dem Ausbau zu, das sehen wir in Corgémont, in Cortébert oder beim Andermatter Windpark Gütsch. 

Wie in Andermatt zeigt sich auch beim Windpark Mont Crosin, dass die Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und den unterschiedlichen Interessengruppen gut funktionieren kann.

24 Mal hat die Bevölkerung bisher über konkrete Windparkprojekte abgestimmt – 19 Mal resultierte ein Ja. Das zeigt, dass viel Sympathie für die Windenergie vorhanden ist und dass ein Ausgleich der Interessen möglich ist. 

Sie alle wissen, das Stimmvolk hat am 13. Juni Nein zur Revision des CO2-Gesetzes gesagt. Gemeinsam mit den Akteuren diskutieren wir nun, wie es weiter gehen soll in der Schweizer Klimapolitik. Auch wir machen gemeinsam eine Güterabwägung. Wir suchen den besten Weg, damit die Bevölkerung in der Schweiz klimafreundlich leben kann. Dabei hilft uns einerseits der Fortschritt – wir verschwenden immer weniger Energie. Andererseits brauchen wir aber auch mehr Strom aus erneuerbaren Quellen. Unser Augenmerk liegt dabei auch auf der Photovoltaik: Das Potenzial dort ist hoch – mit Panels auf allen geeigneten Dächern und Fassaden könnten wir den gesamten jährlichen Schweizer Stromverbrauch abdecken. Der Zubau im Jahr 2020 war rekordhoch.

Die Windenergie ist ein Teil unseres Energiemixes. Sie ist komplementär zum Strom aus Sonne und Wasserkraft, sie liefert wertvolle Energie, gerade auch im Winter und dann, wenn wir Strom für Licht und Heizung brauchen. Und sie hat noch Potenzial, das wir bislang nicht nutzen.

Gemäss Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie können Windkraftanlagen im Jahr 2050 mehr als 4 TWh pro Jahr leisten –  zwei Drittel davon im Winter. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss der Zubau rascher vorankommen als heute.

Meine Damen und Herren,

Zum Einstieg meiner Rede habe ich Senegal erwähnt. Etwas habe ich Ihnen noch nicht gesagt. Der Chef der Windanlage dort hat bereits einen neuen Job angenommen - bei einem Oelkonzern.

Das ist die Realität. Erneuerbare Energien sind nach wie vor im Wettbewerb mit fossilen Energiequellen, hier und weltweit.

Es ist allen hier drin bewusst: Je länger die Unternehmen und Staaten aber auf Oel und Gas setzen, umso mehr gefährdet die Klimaerwärmung Menschen und Umwelt.

Darüber müssen wir mit unserer Bevölkerung sprechen, denn die Klimaerwärmung ist weltweit eine der grössten Herausforderungen und Bedrohungen unserer Zeit.  Die Windenergie trägt dazu bei, diese Herausforderung zu meistern.


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