Bundesrat setzt revidierte Kernenergiehaftpflichtgesetzgebung in Kraft

Bern, 25.08.2021 - Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 25. August 2021 das totalrevidierte Kernenergiehaftpflichtgesetz und die totalrevidierte Kernenergiehaftpflichtverordnung per 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt. Die Schweiz setzt damit die revidierten Kernenergiehaftpflichtübereinkommen von Paris und Brüssel in ihrer Gesetzgebung um. Dadurch verbessert sich im Falle von schweren Nuklearunfällen der Opferschutz und Entschädigungsverfahren werden international harmonisiert und vereinfacht.

Das Kernenergiehaftpflichtgesetz wurde 2008 und die Kernenergiehaftpflichtverordnung 2015 totalrevidiert. Sie können aber erst jetzt in Kraft gesetzt werden, weil ihre Grundlage - die beiden zwischen 1998 und 2004 revidierten internationalen Übereinkommen - einen langen Ratifizierungsprozess in den Vertragsstaaten durchlaufen mussten. Die Schweiz ratifizierte die beiden Übereinkommen im März 2009. Der internationale Ratifizierungsprozess ist nun abgeschlossen. Die beiden Übereinkommen und damit auch die revidierte Schweizer Haftpflichtgesetzgebung treten 2022 in Kraft.

Die Anpassung an das internationale Haftungssystem bringt folgende Änderungen:

  • Der Inhaber einer Kernanlage haftet wie bisher summenmässig unbeschränkt für Nuklearschäden. Zudem muss er wie bisher eine Haftpflichtversicherung abschliessen. Deren Deckungssumme wird von bisher 1 Milliarde Schweizer Franken auf 1,2 Milliarden Euro erhöht.
  • Im Schadensfall kommt zu dieser Versicherungsdeckung zusätzlich ein Betrag von 300 Millionen Euro, der von den Vertragsstaaten des Brüsseler Zusatzübereinkommens aufgebracht wird. Insgesamt stehen so neu 1,5 Milliarden Euro zur Deckung eines Nuklearschadens zur Verfügung.
  • Der haftpflichtige Betreiber der Kernanlage haftet auch ohne Verschulden. Selbst dann, wenn ein Nuklearschaden beispielsweise durch kriegerische Ereignisse oder einen terroristischen Akt verursacht wurde.
  • Neu fallen unter den Schadenbegriff auch Umweltschäden. Es geht dabei um die Deckung der Kosten von Massnahmen zur Wiederherstellung der geschädigten Umwelt sowie um Einkommensverluste aus der wirtschaftlichen Nutzung der Umwelt.
  • Für Entschädigungsansprüche nach einem Unfall in einem Vertragsstaat ist neu ein einziges Gericht für alle Geschädigten zuständig, ohne Rücksicht auf Wohnort und Nationalität. Das Entschädigungsverfahren wird stark vereinfacht und so der Opferschutz verbessert, falls ein Unfall im Ausland auch zu Opfern in der Schweiz führt.
  • Wenn die Haftpflichtversicherungssumme und die gesamten finanziellen Mittel des unbeschränkt haftenden Betreibers nicht ausreichen, um die Schäden zu decken, gibt es wie bisher eine Grossschadensregelung. Diese greift auch, wenn wegen der grossen Anzahl von Geschädigten kein ordentliches Verfahren durchgeführt werden kann. In einer Entschädigungsordnung kann die Bundesversammlung vorsehen, dass der Bund zusätzliche Beiträge an den nicht gedeckten Schaden leistet.
  • Die totalrevidierte Kernenergiehaftpflichtverordnung legt fest, dass von der Deckungssumme der Haftpflichtversicherung mindestens 1 Milliarde Schweizer Franken durch private Versicherer gedeckt werden muss. Sie definiert ausserdem die Deckungsrisiken, welche die Versicherer ganz oder teilweise ausschliessen dürfen (z.B. ausserordentliche Naturvorgänge oder kriegerische Ereignisse).
  • Die bestehende Bundesversicherung übernimmt Schäden bis 1,2 Milliarden Euro, die nicht durch die private Versicherung gedeckt sind. Die Betreiber zahlen Prämien an die Bundesversicherung, die wie bisher in den Nuklearschadenfonds einbezahlt werden. Darin lagen per Ende 2020 rund 520 Millionen Schweizer Franken.
  • Die Deckungssumme für Anlagen zur Nuklearforschung, für das Bundeszwischenlager und für Abklinglager beträgt 70 Millionen Euro (zuzüglich 10% für Zinsen und gerichtlich zuerkannte Kosten).
  • Mit der Revision der Kernenergiehaftpflichtverordnung von 2015 wurde für Transporte von Kernmaterialien neu eine von der Anlagenversicherung getrennte Versicherung eingeführt. Vorher waren Transporte von Kernmaterial in der Anlagenversicherung enthalten.


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