Diskussion zum kollektiven Rechtsschutz

Bern, 10.12.2020 - Am Donnerstag, 10. Dezember 2020 hat die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen (EKK) zu einem runden Tisch zum Thema kollektiver Rechtsschutz eingeladen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammten aus verschiedenen Bereichen und vertraten jeweils unterschiedliche Standpunkte. Diskutiert wurde über die Bedeutung des kollektiven Rechtsschutzes und die Notwendigkeit, in der Schweiz eine entsprechende neue Regelung zu schaffen. Denn es ist wichtig, bei Massenschäden über Möglichkeiten zu verfügen, um Herausforderungen wie im Falle von Dieselgate zu begegnen.

Die EKK hat am Donnerstag, 10. Dezember 2020 einen virtuellen runden Tisch zum Thema kollektiver Rechtsschutz organisiert. Ein Vertreter des Bundesamtes für Justiz (BJ) hat die Einzelheiten des Vorentwurfs zur Reform der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) vorgestellt. Der Bundesrat hatte 2018 vorgeschlagen, im Rahmen dieser Reform auch den kollektiven Rechtsschutz zu regeln (Art. 89a VE-ZPO). Im Entwurf zur Änderung der ZPO, der dem Parlament unterbreitet wurde, hat er dann allerdings auf dieses Instrument verzichtet, um später darauf zurückzukommen. Die entsprechende Bestimmung sah eine Lösung für das Problem der Massenschäden vor, wie etwa im Falle von Dieselgate. Neben der Verbandsklage, mit der Organisationen nach einem Zertifizierungsverfahren die Konsumenteninteressen hätten vertreten können, sah der Vorentwurf auch die Möglichkeit von Gruppenvergleichen vor. Die EKK hatte diese Idee begrüsst. Vertreterinnen und Vertreter aus der Hochschullehre sowie der Konsumentenschutzorganisationen und von economiesuisse legten bei diesem virtuellen runden Tisch ihre Argumente für eine solche Regelung dar, wiesen aber auch auf die möglichen Risiken hin. So entstand ein reger Austausch über die Vorschläge des Bundesrates.

Am 25. November 2020 hat die Europäische Union eine Richtlinie verabschiedet, die eine Verbandsklage vorsieht und damit die Verfahren in allen Mitgliedstaaten vereinheitlicht. So wird die Schweiz zum Sonderfall in Europa, wenn sie hier nicht mitzieht. Verschiedene jüngere Verfahren haben deutlich gezeigt, wie schwierig es für einzelne Konsumentinnen und Konsumenten ist, individuell gegen ein Unternehmen vorzugehen.[1] Für die Unternehmen ist es oft einfacher, mit einer Gruppe zu verhandeln, statt sich mit hunderten oder tausenden von ähnlichen Klagen konfrontiert zu sehen. Dies wäre der Fall gewesen, wenn sich die Konsumentinnen und Konsumenten aus der Romandie nicht der Klage der deutschen Verbraucherzentrale angeschlossen hätten, die vom Gericht gutgeheissen wurde.[2]

Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer des runden Tisches wiesen zudem explizit auf die finanzielle Belastung für die einzelnen Konsumentinnen und Konsumenten hin, die von kleinen Schäden betroffen sind. Es wurde infrage gestellt, ob sich mit der aktuellen Palette an Möglichkeiten alle Schwierigkeiten lösen lassen, auch wenn damit je nach Fall geeignete Mittel zur Verfügung stehen könnten. Mit einer Regelung, die neben der Verbandsklage auch die Möglichkeit des Gruppenvergleichs vorsieht, könnte die Zahl der Rechtsverfahren im Interesse aller Akteure reduziert werden, zumindest wenn wie in der EU einzig qualifizierte Einrichtungen eine solche Klage erheben können.

Abschliessend forderte der Präsident der EKK, dass der kollektive Rechtsschutz für Konsumentinnen und Konsumenten geregelt und das Bewusstsein für die Bedeutung dieser Frage geschärft wird.

[1] Beim Dieselgate wurde die SKS, die in diesem Fall mehr als 6000 Deutschschweizer Konsumentinnen und Konsumenten vertreten wollte, vom Bundesgericht wegen fehlender Prozessfähigkeit abgewiesen (BGE 4A_43/2020 vom 16. Juli 2020).

[2] Vgl. Plattform MyRight und Forderung der Musterfeststellungsklage, die durch einen Vergleich mit allen beteiligten Parteien beigelegt wurde. Weitere Informationen dazu sind auf der Seite der deutschen Verbraucherzentrale verfügbar (Verbraucherzentrale.de).


Adresse für Rückfragen

Prof. Dr. Pascal Pichonnaz, EKK-Präsident, Tel.: 079 323 53 09, E-Mail: pascal.pichonnaz@unifr.ch



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